02.01.2023 - 11:30 Uhr
loewenherz
881 Rezensionen
loewenherz
Top Rezension
36
'Es ist schwer, wenn man im Frühling stirbt, du weißt...'
sang der seinerzeit fünfundzwanzigjährige und kaum auszuhalten schöne Klaus Hoffmann 1976 in 'Adieu Emile', seiner deutschsprachigen Version von Jacques Brels 'Le moribond', zu deutsch 'Der Sterbende'. In dessen Originalzeilen hatte es bereits zehn Jahre vorher geheißen: 'C'est dur de mourir au printemps tu sais...' - denn was könnte sich falscher anfühlen, als gerade dann für immer die Augen zuzumachen, wenn draußen im Frühling alles blüht?
Obschon bei weitem nicht seine früheste Botin ist die Pfingstrose doch eine jener Blumen, deren Duft wir wie kaum einen zweiten mit dem erblühten Frühling im Mai und Juni in Verbindung bringen - wenn das Jahr schon so weit fortgeschritten ist, dass wir uns kaum erinnern mögen, dass vor ein paar Wochen noch bleicher Winter war. Gemeinsam mit der Rose begrüßt sie den Sommer, ist Botschafterin der Jugend, des Übermutes und der Lust am lebendig sein.
Die Zistrose hingegen - ihrem Namen zum Trotz beinahe noch weiter entfernt von der Rose als die Pfingstrose, die botanisch ja auch keine Rose ist, duftet weniger durch ihre - wenngleich hübschen - Blüten als durch das ölige, kampferartige Harz in ihren verholzten Stängeln, das wir verräuchern und Labdanum nennen. Derselben Duftfamilie gehört die Myrrhe an - ernste Akkorde alle beide, die mitunter fast zeremoniell erscheinen und Liturgien und Riten nahestehen.
Wer machte aus gerade diesen beiden ein Parfum?
Tom Ford tut es. Und es gelingt.
Es ist der scheinbare Widerspruch aus dem Aufblühen und dem Vergehen, dem Feiern der Jugend und der Hinnahme der Vergänglichkeit, der Rose de Chine sein ungewohntes und dabei doch völlig unexotisches Wesen gibt. Tatsächlich fernöstlich anmutend ist er - wie die anderen seiner Düfte, die asiatische Attribute im Namen tragen - nämlich nicht. Er spielt mit dem Dualismus aus floraler Flüchtigkeit - und 'Flüchtigkeit' bedeutet hier weder Kurzatmigkeit, noch einen Mangel an Gegenwart, sondern lediglich eine Begrenzung jener Zeit, die dem Floralakkord gegeben ist - und einer harzigen Basisnote, trocken wie geborstenes Holz im kalten Dezemberwind. Und es ist seine Architektur aus hellschmetterlingsflügelzarten Frühlingsblüten und ernstkalten Harzen wie unter fahler Wintersonne - kompromisslos und kraftvoll alle beide - die diesen Duft ein bisschen schwierig und besonders macht. Gleichwohl ist Tom Fords Rose de Chine verblüffend tragbar - weder süßlich mädchenhaft, noch finster sakral - doch einer, der mit einer gewissen Ernsthaftigkeit und Achtung gewählt und getragen werden möchte. Dann ist er schön.
Fazit, in Klaus Hoffmanns fast trotzig hingeworfenen Worten:
'Ich will Gesang, will Spiel und Tanz -
will, dass man sich wie toll vergnügt!
Ich will Gesang, will Spiel und Tanz -
wenn man mich unter'n Rasen pflügt!'
Obschon bei weitem nicht seine früheste Botin ist die Pfingstrose doch eine jener Blumen, deren Duft wir wie kaum einen zweiten mit dem erblühten Frühling im Mai und Juni in Verbindung bringen - wenn das Jahr schon so weit fortgeschritten ist, dass wir uns kaum erinnern mögen, dass vor ein paar Wochen noch bleicher Winter war. Gemeinsam mit der Rose begrüßt sie den Sommer, ist Botschafterin der Jugend, des Übermutes und der Lust am lebendig sein.
Die Zistrose hingegen - ihrem Namen zum Trotz beinahe noch weiter entfernt von der Rose als die Pfingstrose, die botanisch ja auch keine Rose ist, duftet weniger durch ihre - wenngleich hübschen - Blüten als durch das ölige, kampferartige Harz in ihren verholzten Stängeln, das wir verräuchern und Labdanum nennen. Derselben Duftfamilie gehört die Myrrhe an - ernste Akkorde alle beide, die mitunter fast zeremoniell erscheinen und Liturgien und Riten nahestehen.
Wer machte aus gerade diesen beiden ein Parfum?
Tom Ford tut es. Und es gelingt.
Es ist der scheinbare Widerspruch aus dem Aufblühen und dem Vergehen, dem Feiern der Jugend und der Hinnahme der Vergänglichkeit, der Rose de Chine sein ungewohntes und dabei doch völlig unexotisches Wesen gibt. Tatsächlich fernöstlich anmutend ist er - wie die anderen seiner Düfte, die asiatische Attribute im Namen tragen - nämlich nicht. Er spielt mit dem Dualismus aus floraler Flüchtigkeit - und 'Flüchtigkeit' bedeutet hier weder Kurzatmigkeit, noch einen Mangel an Gegenwart, sondern lediglich eine Begrenzung jener Zeit, die dem Floralakkord gegeben ist - und einer harzigen Basisnote, trocken wie geborstenes Holz im kalten Dezemberwind. Und es ist seine Architektur aus hellschmetterlingsflügelzarten Frühlingsblüten und ernstkalten Harzen wie unter fahler Wintersonne - kompromisslos und kraftvoll alle beide - die diesen Duft ein bisschen schwierig und besonders macht. Gleichwohl ist Tom Fords Rose de Chine verblüffend tragbar - weder süßlich mädchenhaft, noch finster sakral - doch einer, der mit einer gewissen Ernsthaftigkeit und Achtung gewählt und getragen werden möchte. Dann ist er schön.
Fazit, in Klaus Hoffmanns fast trotzig hingeworfenen Worten:
'Ich will Gesang, will Spiel und Tanz -
will, dass man sich wie toll vergnügt!
Ich will Gesang, will Spiel und Tanz -
wenn man mich unter'n Rasen pflügt!'
13 Antworten