30.06.2024 - 12:48 Uhr

loewenherz
911 Rezensionen

loewenherz
Sehr hilfreiche Rezension
18
Der Sommerkönig
Die keltische Mythologie und Folklore - und die darauf aufbauende populäre (Trivial-)Literatur - kennen das Motiv des sogenannten Sommerkönigs. Im Frühling wird ein Jüngling - je nach Erzählung freiwillig oder auch ungefragt - ausgesucht. Diesem werden dann einen Sommer lang die besten Speisen vorlegt, er wird in die kostbarsten Gewänder eingekleidet, und die schönsten, unberührten Mädchen werden ihm zugeführt, wiederum freiwillig oder nicht. Nach diesem Sommer voll Müßiggang und Überfluss und Völlerei aber wird der Jüngling um der Gunst der Götter willen im Moor versenkt, hier spielt Freiwilligkeit dann keine große Rolle mehr. Im nächsten Frühjahr wird dann ein neuer Jüngling auserwählt, und das Spiel beginnt von Neuem.
Der Produktzyklus leichter Sommerdüfte ähnelt dem ein bisschen: meistens im Spätwinter werden die neuen Frischen vorgestellt - und verdrängen die Altvorderen bisweilen in die unteren Regale. Sonnengebräunte Models posieren mit ihnen vor südlichen Kulissen, und wir wissen, dass ohne einen neuen Blauen der Sommer kein richtiger sein kann und wird. Im Herbst dann wird - nach Kassensturz - entschieden, ob der Kandidat ein weiteres Jahr lang heiße Scheiße sein soll - oder im (betriebswirtschaftlichen) Moor versenkt wird. Tom Fords Neroli Portofino hat - zahllosen Kassandrarufen widerstehend - schon viele Sommer überlebt. Ob seinem Parfum eine ähnliche Vielzahl an Sommern zu prophezeien ist, bleibt noch zu sehen.
Neroli Portofino Parfum verspricht so etwas wie die Vollendung seiner azurfarbenen DNA: unendlicher Neroli und ewiges Blau. Was von der Verheißung hesperidischer Unsterblichkeit zu halten ist, ist vielfach kontrovers besprochen worden - meine Ansichten dazu habe ich u.a. im Kommentar zu Hermès' Eau de Pamplemousse Rose beschrieben. Das Wesen solcher Düfte ist ihre Vergänglichkeit - sie dieser zu berauben, läuft stets Gefahr, sie leblos und starr zu machen, ihnen Leichtfüßigkeit und Leichtigkeit zu nehmen. Und doch kann einer wie Neroli Portofino Parfum funktionieren - mit temperierter Maßlosigkeit- und wohldosierter Unendlichkeit. Wie der keltische Sommerkönig zu viel von allem hat - jedoch nur einen Sommer lang.
Hier ist Neroli Portofino 'with the volume turned up', was anstrengend ist, aber gefällig und gewollt. Hier ist Neroli Portofino für all diejenigen, die die Illusion hesperidischer Ewigkeit genießen wollen, ohne an sie zu glauben. Hier ist strahlendes Sommerblau und ein südliches Kölnisch Wasser-Leuchten, das Maßlosigkeit und Überfluss ohne Bedauern feiert. Das hat etwas Absurdes, wie sich eben auch der Sommerkönig - mit Früchten und Blumen bekrönt - absurd anfühlt, ist alles hier doch ein zu viel von allem und zu viel Jetzt. Und doch liegt Magie in diesem Feiern des Augenblicks und funktioniert Tom Fords verdichteter Neroli, so paradox und nicht-richtig sie gleichwohl scheint. Für einen Sommer oder zwei.
Fazit: der ganze Zauber von 'zu viel von allem' und von 'zu viel Jetzt'.
Der Produktzyklus leichter Sommerdüfte ähnelt dem ein bisschen: meistens im Spätwinter werden die neuen Frischen vorgestellt - und verdrängen die Altvorderen bisweilen in die unteren Regale. Sonnengebräunte Models posieren mit ihnen vor südlichen Kulissen, und wir wissen, dass ohne einen neuen Blauen der Sommer kein richtiger sein kann und wird. Im Herbst dann wird - nach Kassensturz - entschieden, ob der Kandidat ein weiteres Jahr lang heiße Scheiße sein soll - oder im (betriebswirtschaftlichen) Moor versenkt wird. Tom Fords Neroli Portofino hat - zahllosen Kassandrarufen widerstehend - schon viele Sommer überlebt. Ob seinem Parfum eine ähnliche Vielzahl an Sommern zu prophezeien ist, bleibt noch zu sehen.
Neroli Portofino Parfum verspricht so etwas wie die Vollendung seiner azurfarbenen DNA: unendlicher Neroli und ewiges Blau. Was von der Verheißung hesperidischer Unsterblichkeit zu halten ist, ist vielfach kontrovers besprochen worden - meine Ansichten dazu habe ich u.a. im Kommentar zu Hermès' Eau de Pamplemousse Rose beschrieben. Das Wesen solcher Düfte ist ihre Vergänglichkeit - sie dieser zu berauben, läuft stets Gefahr, sie leblos und starr zu machen, ihnen Leichtfüßigkeit und Leichtigkeit zu nehmen. Und doch kann einer wie Neroli Portofino Parfum funktionieren - mit temperierter Maßlosigkeit- und wohldosierter Unendlichkeit. Wie der keltische Sommerkönig zu viel von allem hat - jedoch nur einen Sommer lang.
Hier ist Neroli Portofino 'with the volume turned up', was anstrengend ist, aber gefällig und gewollt. Hier ist Neroli Portofino für all diejenigen, die die Illusion hesperidischer Ewigkeit genießen wollen, ohne an sie zu glauben. Hier ist strahlendes Sommerblau und ein südliches Kölnisch Wasser-Leuchten, das Maßlosigkeit und Überfluss ohne Bedauern feiert. Das hat etwas Absurdes, wie sich eben auch der Sommerkönig - mit Früchten und Blumen bekrönt - absurd anfühlt, ist alles hier doch ein zu viel von allem und zu viel Jetzt. Und doch liegt Magie in diesem Feiern des Augenblicks und funktioniert Tom Fords verdichteter Neroli, so paradox und nicht-richtig sie gleichwohl scheint. Für einen Sommer oder zwei.
Fazit: der ganze Zauber von 'zu viel von allem' und von 'zu viel Jetzt'.
3 Antworten