Als Kind habe ich nie so richtig verstanden was dieses zwischen den Jahren eigentlich heißen soll. Ist denn nach Weihnachten das Jahr zu Ende und man befindet sich im zeitleeren Raum? Kann ja gar nicht sein. Je älter ich wurde, desto eher empfand ich diese Tage zwischen Weihnachten und Silvester genau als das: Zwischen den Jahren. Man erledigt Dinge, die das ganze Jahr über liegen geblieben sind, resümiert das alte und macht Pläne für’s neue.
Ich habe mir für zwischen den Jahren eine kleine Youtube-Pause verordnet, räume Schubladen und Schränke auf, schreibe allen Freunden, bei denen ich mich viel zu lange nicht mehr gemeldet habe und führe eine neue, seit 2 Jahren praktizierte Tradition aus: Magickarten sortieren. Die Nerds unter euch wissen vielleicht von was ich spreche. Für alle Muggel: Es ist ein Sammelkartenspiel, was seine Anfänge in den 90er Jahren hat. Mittlerweile sind unzählige Editionen erschienen (3 - 4 pro Jahr). Die Karten bilden allerlei Phantasiewesen, Menschen, Tiere, Untote, Pflanzen und auch untote Pflanzen ab und die begehrteste Karte aus der allerersten Edition, der schwarze Lotus, wird mittlerweile für sagenhafte 42.000$ gehandelt. Natürlich besitze ich diese Karte (noch) nicht, aber meine wertvollste, der Lion’s Eye Diamond bringt es immerhin auf 250€.
Das alles erzähle ich euch nur, um zu schreiben, dass ich mittlerweile tierische Rückenschmerzen und Glotzaugen vom Sortieren habe. Bis das eben erstandene Wunderpaket mit 900 neuen alten Karten eintrifft, müssen die vorhandenen 6000 in Reih und Glied gebracht werden, aber zwischendurch, um den Geist mit etwas anderen zu beflügeln, ist es mal wieder an der Zeit einen Creed-Duft zu verreißen.
Es gibt ein paar Mainstream-Nischenmarken, von denen ich noch nicht so genau weiß, was ich davon halten soll, dazu zählen Creed und Parfums de Marly. Für mich mittlerweile mehr Kommerz denn Kunst, auch wenn erstere eine alte und traditionsreiche Marke ist. Die meisten Kreationen beider Häuser konnten mich nicht überzeugen.
Asian Green Tea fische ich aus dem prall gefüllten Probentauschpaket von FvSpee und muss sogleich und völlig unbesprüht auf die Duftnoten lunsen. Ha, ein Duft, der hier gar nicht mal so gut wegkommt und auch noch ein Duftzwilling sein soll zu meinem geliebten Green Tea von Elizabeth Arden, aus Captain Kurks Feder. Die Latte liegt also recht hoch und ich sprühe zwei Sprüher auf den Unterarm. Mein Hirn meldet direkt eine Parallele zu Trésor. Ich bin verwirrt. Gediegene Zitrik zu Beginn, die nicht wirklich spritzig rüberkommt, sondern einen fast altmodisch-angestaubten Touch mitbringt. Dahinter ist etwas Krautiges, was scharf an der Kante zum Sellerie kratzt. Dieses Gemüse, wenn auch in extrem wenigen Duftpyramiden enthalten, lässt die Nase eines jeden Parfumos Alarm schlagen, denn es zeigt oft eine gekippte Komponente an. Das Sellerieartige wird zahmer, wirklich rund kommt mir den Duft allerdings nicht vor. Dieses absolut stimmige und cremige Gefühl, was der Arden-Duft vermittelt, fehlt dem Creed gänzlich. Er wirkt zu Beginn fast spitz oder scharf, ein wenig ungreifbar und weiß selbst wohl nicht so ganz, wo er hin will. Dem Duftzwillingsvorschlag mit seinem Namensvetter gebe ich jedoch einen Daumen runter. Während ich so abstimme, sehe ich dass sich 6 Leute gegen Tresor als Duftzwilling entschieden haben und muss schmunzeln, denn da ist mindestens ein Parfumo unterwegs, der hier genauso wie meine Nase Parallelen erkannt hat. Vielleicht könnte ein kleiner Sprüher des Grünteegebräus der neusten Trésor-Formulierung ihre strahlende Eröffnung zurückgeben, die ich damals in den 90ern vernommen habe, wenn meine Oma den Lancome-Dauerbrenner auftrug.
Und da, meine Nase erhascht ein kleinen Hauch Grüntee, puh Glück gehabt! Also der Duft, nicht ich, denn mir war schon in der ersten Minute klar, dass wir keine allzu großen Freunde werden, dennoch, ein Duft sollte zumindest zu dem riechen, was drauf steht, also so grob. Und ich frage mich direkt, ob ein Vikinger nach Mundspülung riecht, wohl ehr nach dem Gegenteil.
Zurück zu Asia Green Tea, der nach so vielen Komponenten riechen soll, die sich vermutlich alle gegenseitig in die Nase beißen und heraus kommt ein zitrisch-altbackener Selleriekrautaufguss mit Grünteearoma, aber nein nein, so viel Geld muss man ja gar nicht ausgeben, um besser zu riechen als das. Ich bleibe dann doch bei dem vielseits erwähnten Arden oder wahlweise auch bei Yves Rocher.
Wer allerdings den guten alten strahlenden Trésor von früher vermisst, sollte hier mal drüber riechen, denn der leichte Sellerie zu Beginn erzeugt auch garantiert das echte Vintage Feeling.
Kopfnote 
Herznote 
Basisnote 
Ergoproxy
Mustang69
FvSpee
CharlAmbre
Laibo
