19.07.2014 - 14:17 Uhr
Palonera
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Palonera
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Niemalsnicht!
"Niemalsnicht!" war mein erster Gedanke.
Niemalsnicht konnte ich es hier mit einem olfaktorischen Teenager zu tun haben, einem Backfisch, wie meine Großmutter sagen würde, gerade einmal vierzehn Jahre alt.
Niemalsnicht konnten jene tiefdunkelgrünen, hellgoldgewirkten Wildseidenschleier, die sich soeben von meiner Haut erhoben hatten, zur Jahrtausendwende gewebt worden sein, in einer Zeit, die es hell liebte und niedlich, süße Früchtchen und fröhliche Blümchen, gern auch ein wenig Plastik, das so gut zu den flatternden Polyesterkleidchen paßte.
Ich wollte es nicht glauben, ich konnte es nicht glauben, und doch...
Es hat lange gedauert, bis ich mich an die großen Klassiker aus dem Hause Guerlain herangewagt habe, sehr lange.
Begonnen hatte der Weg in meinen Zwanzigern mit den Aqua Allegorias, die meiner jugendlichen Nase näher standen als die nach damaligem Empfinden doch etwas madamigen, ehrfurchtgebietenden Hoheiten namens "Shalimar", "Mitsouko" und "Chamade".
Nie hätte ich zu jener Zeit geglaubt, daß ich mich jemals hinreichend erwachsen, gewachsen fühlen würde jenen Unberührbaren, denen ich noch in den Dreißigern mit respektvoller Distanz aus dem Weg ging, statt die Begegnung, die Annäherung zu suchen.
Erst mußte ich Balmain, Worth und Scherrer kennen und lieben lernen, mußte mich vom Zufall in eine bretonische Parfumausstellung lotsen lassen und dort mein Herz an "Jicky" verlieren, bevor der Knoten zwar nicht platzte, doch sich langsam aufzudröseln begann – und ich mehr und mehr jener rätselhaften, undefinierbaren Guerlinade verfiel, die sich in all den wunderbaren Frühwerken fand...
...und eben auch in "Philtre d'Amour", diesem nur für einen Augenblick aldehydig-seifigen Grünling mit den goldenen Sprenkeln, der so groß wirkt und so erhaben wie seine Mütter und Väter, seine Ahnen und Urahnen aus dem letzten und dem vorletzten Jahrhundert.
"Jicky" winkt mir zu durch die Nebel der Vergangenheit, durch die grünherben Schleier der Neuzeit, Anklänge an den ersten "Scherrer" verweben sich in meinem Kopf, in meiner Nase mit der tiefdunkelgrünen Reinheit von "Ivoire de Balmain" – ein großer Chypre nach dem anderen reiht sich ein in meine Kette der Erinnerungen, der Assoziationen, die nicht allein Guerlainsche Juwelen faßt.
Keiner von ihnen ist jünger als dreißig, keiner von ihnen hat mit den Jahren seine Aura aus Ruhe, aus Besonnen- und Gelassenheit, aus entspannter, bodenständiger Noblesse verloren, die leise auftritt und doch bestimmt, die im Wald zu Hause ist wie auf dem Parkett.
Kühle, die keine Arroganz kennt, das hier und dort nur lichtgefleckte Dunkel des tiefdichten Waldes mit seinen Geheimnissen, seinen Bedrohungen, seinem Versprechen vom bösen Wolf, der vielleicht gar nicht so böse ist, doch der sich nicht domestizieren läßt - der das Glimmen in seinen Augen behält, das Grollen tief unten in der Kehle, selbst dann, wenn sein Kopf in deinem Schoß liegt.
Vierzehn?
Niemalsnicht.
PS: Danke an Aava für diese so sehr beeindruckende und bereichernde Erfahrung!
Niemalsnicht konnte ich es hier mit einem olfaktorischen Teenager zu tun haben, einem Backfisch, wie meine Großmutter sagen würde, gerade einmal vierzehn Jahre alt.
Niemalsnicht konnten jene tiefdunkelgrünen, hellgoldgewirkten Wildseidenschleier, die sich soeben von meiner Haut erhoben hatten, zur Jahrtausendwende gewebt worden sein, in einer Zeit, die es hell liebte und niedlich, süße Früchtchen und fröhliche Blümchen, gern auch ein wenig Plastik, das so gut zu den flatternden Polyesterkleidchen paßte.
Ich wollte es nicht glauben, ich konnte es nicht glauben, und doch...
Es hat lange gedauert, bis ich mich an die großen Klassiker aus dem Hause Guerlain herangewagt habe, sehr lange.
Begonnen hatte der Weg in meinen Zwanzigern mit den Aqua Allegorias, die meiner jugendlichen Nase näher standen als die nach damaligem Empfinden doch etwas madamigen, ehrfurchtgebietenden Hoheiten namens "Shalimar", "Mitsouko" und "Chamade".
Nie hätte ich zu jener Zeit geglaubt, daß ich mich jemals hinreichend erwachsen, gewachsen fühlen würde jenen Unberührbaren, denen ich noch in den Dreißigern mit respektvoller Distanz aus dem Weg ging, statt die Begegnung, die Annäherung zu suchen.
Erst mußte ich Balmain, Worth und Scherrer kennen und lieben lernen, mußte mich vom Zufall in eine bretonische Parfumausstellung lotsen lassen und dort mein Herz an "Jicky" verlieren, bevor der Knoten zwar nicht platzte, doch sich langsam aufzudröseln begann – und ich mehr und mehr jener rätselhaften, undefinierbaren Guerlinade verfiel, die sich in all den wunderbaren Frühwerken fand...
...und eben auch in "Philtre d'Amour", diesem nur für einen Augenblick aldehydig-seifigen Grünling mit den goldenen Sprenkeln, der so groß wirkt und so erhaben wie seine Mütter und Väter, seine Ahnen und Urahnen aus dem letzten und dem vorletzten Jahrhundert.
"Jicky" winkt mir zu durch die Nebel der Vergangenheit, durch die grünherben Schleier der Neuzeit, Anklänge an den ersten "Scherrer" verweben sich in meinem Kopf, in meiner Nase mit der tiefdunkelgrünen Reinheit von "Ivoire de Balmain" – ein großer Chypre nach dem anderen reiht sich ein in meine Kette der Erinnerungen, der Assoziationen, die nicht allein Guerlainsche Juwelen faßt.
Keiner von ihnen ist jünger als dreißig, keiner von ihnen hat mit den Jahren seine Aura aus Ruhe, aus Besonnen- und Gelassenheit, aus entspannter, bodenständiger Noblesse verloren, die leise auftritt und doch bestimmt, die im Wald zu Hause ist wie auf dem Parkett.
Kühle, die keine Arroganz kennt, das hier und dort nur lichtgefleckte Dunkel des tiefdichten Waldes mit seinen Geheimnissen, seinen Bedrohungen, seinem Versprechen vom bösen Wolf, der vielleicht gar nicht so böse ist, doch der sich nicht domestizieren läßt - der das Glimmen in seinen Augen behält, das Grollen tief unten in der Kehle, selbst dann, wenn sein Kopf in deinem Schoß liegt.
Vierzehn?
Niemalsnicht.
PS: Danke an Aava für diese so sehr beeindruckende und bereichernde Erfahrung!
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