22.08.2016 - 12:51 Uhr

loewenherz
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loewenherz
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59
Christa und Ann-Kathrin aus Angermund
Manchmal trifft man ja auf Menschen, die einem Stereotyp so verblüffend genau entsprechen, dass man am liebsten gleich ein Foto von ihnen machen möchte, um die Begegnung festzuhalten. Ganz unlängst traf ich in Düsseldorf ein Gespann aus einer Mutter und ihrer Tochter – nennen wir sie einfach Christa und Ann-Kathrin - im Laufe eines Nachmittags nacheinander in einem Café und gleich drei verschiedenen Geschäften. Wahrscheinlich befürchteten die beiden schon, ich sei hinter einer von ihnen her.
Christa war wohl so Ende fünfzig, sie trug einen silberblonden Pagenkopf und Perlenkette und sandfarbene Mokassins mit Noppensohle zum hellgraublauen Kaschmirtwinset, dazu über die Schulter eine Neverfull in hellem Damier mit einem kleinen Hermèstuch an den Griff geknotet. Ich nehme an, dass sie wohl an zwei Vormittagen in der Woche in irgendeiner Kunstgalerie Sitzordnungen und Schnittblumen arrangiert und den Rest der Woche Vorhangstoffe für das Sommerhaus in St. Tropez aussucht.
Ann-Kathrin war Anfang zwanzig und trug das lange weizenblonde Haar zum Pferdeschwanz gebunden, dazu Perlohrringe zu Barbourjacke und einer Jeans in Größe 26, am Arm eine Speedy in dunklem Damier und eine Gucci-Sonnenbrille auf der Stirn. Sie studiert Jura in Köln, ist aber auch viel bei ihrem Pferd oder beim Segeln, wenn sie nicht gerade mit ihrem Freund (studiert auch Jura, die Väter kennen sich vom Golfen und aus irgendeinem Aufsichtsrat) in dessen Verbindungshaus Parties organisiert.
Sie glichen sich – die Mutter und die Tochter – in der Art ihrer Bewegungen und der Form ihrer Körper. In jeder ihrer Gesten lagen Bedächtigkeit und eine Art einstudierte Musikalität - und Verachtung für alles Laute und Gewöhnliche. Und ich sah das große Haus in Angermund und den Land Rover mit den Reitstiefeln im Kofferraum und das cremefarbene Schlafzimmer mit Hundeköpfen auf den Sofakissen. Und auf dem Riviera Maison-Sideboard steht zwischen Windlichtern von Lambert ein Fläschchen Jour d'Hermès.
Er transportiert all das – Jour d'Hermès in der hellen Flasche – was auch Christa und Ann-Kathrin so angestrengt zu transportieren suchen: Arriviertheit und selbstsichere Gelassenheit. Herr Ellena geht kein Risiko ein bei diesem geschmeidigen Parfum aus hellbitterem Zitrus, gründuftigen Frühlingsblumen und blondem Gartenholz. Er ist unaufgeregt und kultiviert, ruhig, aber nicht heiter, ist anmutig, aber nicht zärtlich – und für beide sehr gut tragbar, für Christa und für Ann-Kathrin. Und irgendwie sehr langweilig.
Fazit: eckt nicht an. Tut keinem weh. Fehlt niemandem.
Christa war wohl so Ende fünfzig, sie trug einen silberblonden Pagenkopf und Perlenkette und sandfarbene Mokassins mit Noppensohle zum hellgraublauen Kaschmirtwinset, dazu über die Schulter eine Neverfull in hellem Damier mit einem kleinen Hermèstuch an den Griff geknotet. Ich nehme an, dass sie wohl an zwei Vormittagen in der Woche in irgendeiner Kunstgalerie Sitzordnungen und Schnittblumen arrangiert und den Rest der Woche Vorhangstoffe für das Sommerhaus in St. Tropez aussucht.
Ann-Kathrin war Anfang zwanzig und trug das lange weizenblonde Haar zum Pferdeschwanz gebunden, dazu Perlohrringe zu Barbourjacke und einer Jeans in Größe 26, am Arm eine Speedy in dunklem Damier und eine Gucci-Sonnenbrille auf der Stirn. Sie studiert Jura in Köln, ist aber auch viel bei ihrem Pferd oder beim Segeln, wenn sie nicht gerade mit ihrem Freund (studiert auch Jura, die Väter kennen sich vom Golfen und aus irgendeinem Aufsichtsrat) in dessen Verbindungshaus Parties organisiert.
Sie glichen sich – die Mutter und die Tochter – in der Art ihrer Bewegungen und der Form ihrer Körper. In jeder ihrer Gesten lagen Bedächtigkeit und eine Art einstudierte Musikalität - und Verachtung für alles Laute und Gewöhnliche. Und ich sah das große Haus in Angermund und den Land Rover mit den Reitstiefeln im Kofferraum und das cremefarbene Schlafzimmer mit Hundeköpfen auf den Sofakissen. Und auf dem Riviera Maison-Sideboard steht zwischen Windlichtern von Lambert ein Fläschchen Jour d'Hermès.
Er transportiert all das – Jour d'Hermès in der hellen Flasche – was auch Christa und Ann-Kathrin so angestrengt zu transportieren suchen: Arriviertheit und selbstsichere Gelassenheit. Herr Ellena geht kein Risiko ein bei diesem geschmeidigen Parfum aus hellbitterem Zitrus, gründuftigen Frühlingsblumen und blondem Gartenholz. Er ist unaufgeregt und kultiviert, ruhig, aber nicht heiter, ist anmutig, aber nicht zärtlich – und für beide sehr gut tragbar, für Christa und für Ann-Kathrin. Und irgendwie sehr langweilig.
Fazit: eckt nicht an. Tut keinem weh. Fehlt niemandem.
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