12.10.2010 - 15:59 Uhr
Apicius
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Apicius
Top Rezension
48
Nur für Vollfrauen
So, jetzt endlich kann ich ihn genauer testen, den anonymen Venezianer. Ich weiß, auch nach Venedig kann man süchtig werden…
Dort ist er mir leider nicht begegnet, sondern ganz schnöde im Hochpreisregal bei Galeries Lafayette in Berlin. Die Atmosphäre ist da nicht gerade geeignet für ruhiges Testen, wahrscheinlich hatte ich auch schon Arme und Hände mit anderen Düften voll. Aber ich fasste den festen Vorsatz, mir eine Probe zu bestellen. Nun habe ich ihn wieder auf dem Arm, und mein erster Eindruck bestätigt sich: es ist ein ganz wunderbarer, floraler Patchouli-Duft.
Immer sind es die unbekannten, nicht leicht zu entschlüsselnden Aspekte, die uns an einem Parfum faszinieren. Ein solches Geheimnis beinhaltet schon die Kopfnote. Noch ist der Patchouli verborgen. Schwere, süße, florale Noten sind spürbar, ein Hauch von Marzipan ebenfalls. Und es gibt einen gewissen medizinischen Ton, der Erinnerungen birgt. Nur an was - da komme ich nicht drauf.
Bald entfaltet sich eine gewisse kräuterige Herbheit, vielleicht vom Patchouli, welche die anfangs opulente Süße gut ausbalanciert. Es entwickeln sich cremige, butterartige Anklänge, jedoch ohne zu sehr zu dominieren und ohne den Duft „fett“ werden zu lassen.
Neben dem Patchouli finde ich eine Labdanum-Note in der Basis - ist es deshalb schon ein Chypre? Vanille ist sehr dezent vorhanden und gut integriert, und eine Sandelholznote stützt den Duft ab. Über weite Strecken dominieren die floralen Noten, die aber stets von den herben Noten im Zaum gehalten werden.
Bei diesem Duft hat man alles richtig gemacht, ich habe nichts zu meckern. Von wegen Katzenpipi, das verbuche ich unter aufregender Animalität! Dafür kann ich die Neil Morris Assoziation meiner Vorrednerin unterstreichen. Anonymo Veneziano hat manches mit den besseren Kreationen des Meisters aus Boston gemein.
Anonymo Veneziano ist ein wahres Nischenparfum. Der wird nur eine duftbegeisterte Minderheit ansprechen. Die Trägerin muss schon ein Vollfrau sein, darf gerne ein paar Kilo auf den Hüften haben und hat davon garantiert jedes Gramm mit eigenem Geld bezahlt! Denn Anonymo Veneziano hat eine gewisse Wasserverdrängung. Ein klassisch-damenhaftes Parfum ist es nicht, dazu ist dieser Venezianer zu robust, auch kein leichtes Frucht- und Seifenwässerchen. Das ist nichts für graue Mäuse, ungeschminkte Pfarrerstöchter oder Diätleichen. Mit Anonymo Veneziano zeigt frau, wer sie ist und was sie hat. Wer traut sich?
Dort ist er mir leider nicht begegnet, sondern ganz schnöde im Hochpreisregal bei Galeries Lafayette in Berlin. Die Atmosphäre ist da nicht gerade geeignet für ruhiges Testen, wahrscheinlich hatte ich auch schon Arme und Hände mit anderen Düften voll. Aber ich fasste den festen Vorsatz, mir eine Probe zu bestellen. Nun habe ich ihn wieder auf dem Arm, und mein erster Eindruck bestätigt sich: es ist ein ganz wunderbarer, floraler Patchouli-Duft.
Immer sind es die unbekannten, nicht leicht zu entschlüsselnden Aspekte, die uns an einem Parfum faszinieren. Ein solches Geheimnis beinhaltet schon die Kopfnote. Noch ist der Patchouli verborgen. Schwere, süße, florale Noten sind spürbar, ein Hauch von Marzipan ebenfalls. Und es gibt einen gewissen medizinischen Ton, der Erinnerungen birgt. Nur an was - da komme ich nicht drauf.
Bald entfaltet sich eine gewisse kräuterige Herbheit, vielleicht vom Patchouli, welche die anfangs opulente Süße gut ausbalanciert. Es entwickeln sich cremige, butterartige Anklänge, jedoch ohne zu sehr zu dominieren und ohne den Duft „fett“ werden zu lassen.
Neben dem Patchouli finde ich eine Labdanum-Note in der Basis - ist es deshalb schon ein Chypre? Vanille ist sehr dezent vorhanden und gut integriert, und eine Sandelholznote stützt den Duft ab. Über weite Strecken dominieren die floralen Noten, die aber stets von den herben Noten im Zaum gehalten werden.
Bei diesem Duft hat man alles richtig gemacht, ich habe nichts zu meckern. Von wegen Katzenpipi, das verbuche ich unter aufregender Animalität! Dafür kann ich die Neil Morris Assoziation meiner Vorrednerin unterstreichen. Anonymo Veneziano hat manches mit den besseren Kreationen des Meisters aus Boston gemein.
Anonymo Veneziano ist ein wahres Nischenparfum. Der wird nur eine duftbegeisterte Minderheit ansprechen. Die Trägerin muss schon ein Vollfrau sein, darf gerne ein paar Kilo auf den Hüften haben und hat davon garantiert jedes Gramm mit eigenem Geld bezahlt! Denn Anonymo Veneziano hat eine gewisse Wasserverdrängung. Ein klassisch-damenhaftes Parfum ist es nicht, dazu ist dieser Venezianer zu robust, auch kein leichtes Frucht- und Seifenwässerchen. Das ist nichts für graue Mäuse, ungeschminkte Pfarrerstöchter oder Diätleichen. Mit Anonymo Veneziano zeigt frau, wer sie ist und was sie hat. Wer traut sich?
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