30.04.2024 - 03:54 Uhr

Puderperle
37 Rezensionen

Puderperle
Sehr hilfreiche Rezension
35
Der Schlussmacher
Nervös lief ich in der Wohnung auf und ab.
Ich hasste solche Momente wie der, der mir gleich bevor stand. Einem Menschen das Herz zu brechen schmerzt fast genauso wie demjenigen, dem es gebrochen wird.
Ein Jahr Beziehung mit Knobi war anfangs aufregend, bis die Unterschiedlichkeiten immer mehr Konflikte zu Tage brachten. Für mich zumindest. Ihn schienen sie nicht zu stören oder er war ein Meister im wegignorieren.
Für ihn war ich immer noch die alte Pfanni. Pfanni, weil es bei mir so gut nach Pfannkuchen mit süßer Vanillesauce duftete. Ein behagliches Gefühl für zuhause oder Mama, sagte er.
Als ich auch einen Spitznamen für ihn suchte, schwankte ich zwischen Knobi oder Lochi. Lochi, weil alles durchlöchert war: Socken, Schuhe, T-Shirt, Gehir… naja lassen wir das. Aber letztendlich entschied ich mich dann doch für Knobi, weil man ja nicht auf den Defiziten rumhacken wollte. Und Knobi ist eigentlich selbsterklärend- er isst nahezu zu allen Mahlzeiten Knoblauch. Ja, selbst zu Pfannkuchen. Insgeheim war ich schon ein wenig stolz auf meine Liebes- und die damit verbundene Leidensfähigkeit.
Mit meinem Zeh schob ich die alten Schallplatten auf dem Fußboden zur Seite. Roxette, The Cure und… Jack White. Was hatte er sich bei letzterem bloß gedacht. Na die Frage sollte ich mir sowieso nicht mehr stellen, denn weshalb verschenkt man überhaupt Flohmarktplatten wenn die Beschenkte keinen Spieler dafür hat. Bohemian und so. Sagte er zumindest.
Knobi hing noch in seinen Träumen fest.
Diese „Lebe in den Tag“ Attitüde, die mich zu Beginn angezogen und das Gefühl von Leichtigkeit vermittelt hatte, wurde zunehmend unbequemer. Ich fühlte mich ausgebremst, denn seit einiger Zeit setzte ich meine Vorstellungen vom Leben durch Fleiß und harte Arbeit ganz praktisch in die Tat um.
Und irgendwann passten wir einfach nicht mehr zusammen.
Es klingelte an der Tür. Mein Herz klopfte bis zum Hals. Ein Blick durch den Spion. Da stand er mit Haaren, die ungekämmt in alle Himmelsrichtungen abstanden. Bei unserem Kennenlernen hätte ich es noch als verwegen bezeichnet.
„Hey Babe. Ich hab’ dir was mitgebracht.“ Lächelnd hielt er mir etwas in Alufolie eingepacktes hin. Ein labberiges Stück Pizza, das er mir aufgehoben hatte.
Ach Mensch Knobi. Warum machst du es mir so schwer, seufzte ich innerlich.
Als er hinter mir ins Wohnzimmer trottete, griff er auf dem Weg beherzt in die Nussschale.
Es brauchte keine hellseherischen Fähigkeiten, um das klackklackklack den salzigen Erdnüssen zuzuordnen, die genau zwei Sekunden später durch seine löcherige Hosentasche auf das Parkett rieselten.
Er war ja doch auf seine Art so liebenswert und goldig. Um den Kloß im Hals runterzuschlucken, verschwand ich kurz im Bad. Tränen bahnten sich an. Tief durchatmen, redete ich mir gut zu.
Mein Blick fiel auf den noch verpackten Zara Exclusive N°04 - Leather Jardin den mir meine exzentrische Tante als Geheimtipp zusteckte. Sie, eine histrionische Schauspielerin, die sich dem Altern mit aller Gewalt erfolglos entgegensetzt und aufdringlich den Mittelpunkt sucht, so wie die Motten das Licht.
„Trag ihn und unvorhergesehene Dinge passieren! Damit machst du dich interessant!“ flüsterte sie mir bedeutungsschwanger im Biergarten zu. Die Dramaturgin. Dort erschien sie übrigens im bodenlangen Taftkleid, das im Rücken mit einer überdimensionalen Schleife gebunden wurde. Es erinnerte an einen Propeller, aber hatte irgendwie auch Stil.
Na gut, stöhnte ich resigniert. Den hatte ich noch nicht getestet. Vielleicht lenkt er ein wenig von der Traurigkeit ab. So sprühte ich und verließ das Bad.
In dem Moment als ich wieder ins Wohnzimmer trat, erhob sich Knobi in Zeitlupe von der Couch. Er sah aus, als hätte er gerade einen Geist gesehen.
„Pfanni… jetzt weiss ich Bescheid…“ stotterte er mit aufgerissenen Augen und bleicher Gesichtsfarbe. Rückwärts bewegte er sich zum Ausgang. Ich verstand nicht, was hier gerade vor sich ging.
„Wo isser? Wo isser?“ fragte er mehrmals nacheinander. Irritiert beteuerte ich, dass außer ihm und den Erdnüssen niemand sonst hier wäre. Ok Jack White, aber der läge in gepresster Form auf dem Boden.
„Pfanni…“, begann er mit zitternder Stimme, als er bereits an der Haustür angelangt war. „Ich weiß, ich kann dir all den Luxus nicht bieten, den du so gerne hast…. Aber ich hab offensichtlich gegen ihn verloren. Schönes Leben noch.“
Tränen standen in seinen Augen als er sich umdrehte und im Treppenhaus außer Sichtweite geriet.
„Gegen wen hast du verloren Knobi? Wen meinst du denn?“ brüllte ich von oben in die untersten Stockwerke, während sich meine Hände um das Gelände krallten.
„Dein Sugardaddy!“ schrie er kläglich zurück.
Und in dem Moment holte mich die Sillage voller Wucht ein. Schallende Ohrfeigen, so stark wie die von Arnold Schwarzenegger mit Galbanum Boxhandschuhen. Moos zwiebelte die nächste Chypre-Klatsche und Leder knockte mich letzen Endes aus. K.O.
Sah ich Sternchen oder drückte ein kettenrauchender Geist anschließend seinen würzigen Korianderglimmstengel auf mir aus?
Wahnsinn. Drei Sprüher hatten mir fast die Rübe abgesägt.
Und dann dämmerte mir Knobis Flucht. Er dachte wohl, ich hätte einen alten, gut situierten Herren mit Arrangement im Badezimmer versteckt, der mir geschwind im senffarbenen Hemd Bussis zusteckte.
Oh nein! Er tat mir schrecklich leid. Das schlechte Gewissen, es richtig zu stellen und das schmerzende Herz rangen gegen meinen Verstand. Letzterer gewann.
Meine Tante hatte jedenfalls recht, dass unvorhergesehene Dinge passieren. So hatte mir der Duft in seinem herb männlichen Dasein ganz ohne Grapefruit und Rosen einen Dienst erwiesen und die unliebsame Aufgabe abgenommen. Er löste nämlich alles andere als den Wunsch nach inniger Bindung aus.
Behalten habe ich den Zara Exclusive N°04 - Leather Jardin allemal. Er steht seitdem etwas abseits im Frösche Regal. Vielleicht wird er noch als Hilfsmittel Bekanntschaft mit denjenigen schließen, die sich letztendlich nicht in den Prinzen verwandelt haben. Und sollte sich ein Frosch unbeeindruckt zeigen und nicht gehen wollen, kann ich ruhigen Gewissens sagen, dass Zara Exclusive N°04 - Leather Jardin mit einer einzigen Anwendung die Ausdauer von Tagen beweist. Er gewinnt jedes Armdrücken, mein Sugardaddy.
Knoblauch war kein Endgegner. Erba Pura wäre es mit Sicherheit. Aber mit dem werde ich mich in diesem Leben niemals einlassen.
Ich hasste solche Momente wie der, der mir gleich bevor stand. Einem Menschen das Herz zu brechen schmerzt fast genauso wie demjenigen, dem es gebrochen wird.
Ein Jahr Beziehung mit Knobi war anfangs aufregend, bis die Unterschiedlichkeiten immer mehr Konflikte zu Tage brachten. Für mich zumindest. Ihn schienen sie nicht zu stören oder er war ein Meister im wegignorieren.
Für ihn war ich immer noch die alte Pfanni. Pfanni, weil es bei mir so gut nach Pfannkuchen mit süßer Vanillesauce duftete. Ein behagliches Gefühl für zuhause oder Mama, sagte er.
Als ich auch einen Spitznamen für ihn suchte, schwankte ich zwischen Knobi oder Lochi. Lochi, weil alles durchlöchert war: Socken, Schuhe, T-Shirt, Gehir… naja lassen wir das. Aber letztendlich entschied ich mich dann doch für Knobi, weil man ja nicht auf den Defiziten rumhacken wollte. Und Knobi ist eigentlich selbsterklärend- er isst nahezu zu allen Mahlzeiten Knoblauch. Ja, selbst zu Pfannkuchen. Insgeheim war ich schon ein wenig stolz auf meine Liebes- und die damit verbundene Leidensfähigkeit.
Mit meinem Zeh schob ich die alten Schallplatten auf dem Fußboden zur Seite. Roxette, The Cure und… Jack White. Was hatte er sich bei letzterem bloß gedacht. Na die Frage sollte ich mir sowieso nicht mehr stellen, denn weshalb verschenkt man überhaupt Flohmarktplatten wenn die Beschenkte keinen Spieler dafür hat. Bohemian und so. Sagte er zumindest.
Knobi hing noch in seinen Träumen fest.
Diese „Lebe in den Tag“ Attitüde, die mich zu Beginn angezogen und das Gefühl von Leichtigkeit vermittelt hatte, wurde zunehmend unbequemer. Ich fühlte mich ausgebremst, denn seit einiger Zeit setzte ich meine Vorstellungen vom Leben durch Fleiß und harte Arbeit ganz praktisch in die Tat um.
Und irgendwann passten wir einfach nicht mehr zusammen.
Es klingelte an der Tür. Mein Herz klopfte bis zum Hals. Ein Blick durch den Spion. Da stand er mit Haaren, die ungekämmt in alle Himmelsrichtungen abstanden. Bei unserem Kennenlernen hätte ich es noch als verwegen bezeichnet.
„Hey Babe. Ich hab’ dir was mitgebracht.“ Lächelnd hielt er mir etwas in Alufolie eingepacktes hin. Ein labberiges Stück Pizza, das er mir aufgehoben hatte.
Ach Mensch Knobi. Warum machst du es mir so schwer, seufzte ich innerlich.
Als er hinter mir ins Wohnzimmer trottete, griff er auf dem Weg beherzt in die Nussschale.
Es brauchte keine hellseherischen Fähigkeiten, um das klackklackklack den salzigen Erdnüssen zuzuordnen, die genau zwei Sekunden später durch seine löcherige Hosentasche auf das Parkett rieselten.
Er war ja doch auf seine Art so liebenswert und goldig. Um den Kloß im Hals runterzuschlucken, verschwand ich kurz im Bad. Tränen bahnten sich an. Tief durchatmen, redete ich mir gut zu.
Mein Blick fiel auf den noch verpackten Zara Exclusive N°04 - Leather Jardin den mir meine exzentrische Tante als Geheimtipp zusteckte. Sie, eine histrionische Schauspielerin, die sich dem Altern mit aller Gewalt erfolglos entgegensetzt und aufdringlich den Mittelpunkt sucht, so wie die Motten das Licht.
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Na gut, stöhnte ich resigniert. Den hatte ich noch nicht getestet. Vielleicht lenkt er ein wenig von der Traurigkeit ab. So sprühte ich und verließ das Bad.
In dem Moment als ich wieder ins Wohnzimmer trat, erhob sich Knobi in Zeitlupe von der Couch. Er sah aus, als hätte er gerade einen Geist gesehen.
„Pfanni… jetzt weiss ich Bescheid…“ stotterte er mit aufgerissenen Augen und bleicher Gesichtsfarbe. Rückwärts bewegte er sich zum Ausgang. Ich verstand nicht, was hier gerade vor sich ging.
„Wo isser? Wo isser?“ fragte er mehrmals nacheinander. Irritiert beteuerte ich, dass außer ihm und den Erdnüssen niemand sonst hier wäre. Ok Jack White, aber der läge in gepresster Form auf dem Boden.
„Pfanni…“, begann er mit zitternder Stimme, als er bereits an der Haustür angelangt war. „Ich weiß, ich kann dir all den Luxus nicht bieten, den du so gerne hast…. Aber ich hab offensichtlich gegen ihn verloren. Schönes Leben noch.“
Tränen standen in seinen Augen als er sich umdrehte und im Treppenhaus außer Sichtweite geriet.
„Gegen wen hast du verloren Knobi? Wen meinst du denn?“ brüllte ich von oben in die untersten Stockwerke, während sich meine Hände um das Gelände krallten.
„Dein Sugardaddy!“ schrie er kläglich zurück.
Und in dem Moment holte mich die Sillage voller Wucht ein. Schallende Ohrfeigen, so stark wie die von Arnold Schwarzenegger mit Galbanum Boxhandschuhen. Moos zwiebelte die nächste Chypre-Klatsche und Leder knockte mich letzen Endes aus. K.O.
Sah ich Sternchen oder drückte ein kettenrauchender Geist anschließend seinen würzigen Korianderglimmstengel auf mir aus?
Wahnsinn. Drei Sprüher hatten mir fast die Rübe abgesägt.
Und dann dämmerte mir Knobis Flucht. Er dachte wohl, ich hätte einen alten, gut situierten Herren mit Arrangement im Badezimmer versteckt, der mir geschwind im senffarbenen Hemd Bussis zusteckte.
Oh nein! Er tat mir schrecklich leid. Das schlechte Gewissen, es richtig zu stellen und das schmerzende Herz rangen gegen meinen Verstand. Letzterer gewann.
Meine Tante hatte jedenfalls recht, dass unvorhergesehene Dinge passieren. So hatte mir der Duft in seinem herb männlichen Dasein ganz ohne Grapefruit und Rosen einen Dienst erwiesen und die unliebsame Aufgabe abgenommen. Er löste nämlich alles andere als den Wunsch nach inniger Bindung aus.
Behalten habe ich den Zara Exclusive N°04 - Leather Jardin allemal. Er steht seitdem etwas abseits im Frösche Regal. Vielleicht wird er noch als Hilfsmittel Bekanntschaft mit denjenigen schließen, die sich letztendlich nicht in den Prinzen verwandelt haben. Und sollte sich ein Frosch unbeeindruckt zeigen und nicht gehen wollen, kann ich ruhigen Gewissens sagen, dass Zara Exclusive N°04 - Leather Jardin mit einer einzigen Anwendung die Ausdauer von Tagen beweist. Er gewinnt jedes Armdrücken, mein Sugardaddy.
Knoblauch war kein Endgegner. Erba Pura wäre es mit Sicherheit. Aber mit dem werde ich mich in diesem Leben niemals einlassen.
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