
Duft und Kunst in Venedig #3
Nachdem ich im Mai von meinen Venedigeindrücken berichtet hatte, bin ich jetzt im November wieder hier. Ein bisschen hatte ich ja auf Nebel gehofft, aber es ist durchgehend sonnig. Auch gut! Wieder geht es um Kunst und Duft in dieser Stadt, die mich so sehr verzaubert hat.
Zwei weitere Parfümerien zu besuchen, stand diesmal auf meinem Programm:
Muschieri in der Calle Frezzaria 1178 wurde 1995 von zwei parfumbegeisterten Schwestern gegründet, Rosa und Antonietta, die abwechselnd die Öffnungszeiten betreuen. "Muschieri" kommt von "Moschus" und ist eine alte italienische Bezeichnung für Parfumeur:innen. Die Beratung in dem geradezu winzigen, aber sehr gut sortierten Shop ist zunächst recht unaufdringlich, was ich angenehm finde, aber als wir ins Gespräch kommen, wird der Austausch schnell lebendig. Zwischendurch hatten die beiden schon mal überlegt aufzugeben, aber es macht ihnen doch zu viel Freude. Immer wieder prüfen sie das Sortiment, nehmen Marken aus dem und neue ins Programm.

Es gibt alles von Jovoy, Carthusia, ELdO, Nasomatto, Mancera und etliches mehr. Und auch das ganze Programm von Cerchi nell'Acqua:

Das Haus gefällt mir sehr, und ich teste einige auf Stoff und schließlich "Piccolo Amor" auf der Haut, der mich den Rest des Tages nicht loslässt... Am nächsten Tag komme ich wieder und kaufe einen Flakon, was gleich noch Gelegenheit gibt, mit der anderen Schwester zu sprechen. Außerdem nehme ich einen niedlichen kleinen Flakon von "Ambre Premier" mit.
Zu Bertolone in der Calle Fuseri 4356 gehe ich ein paar Tage später. Der Laden ist deutlich größer, sie haben ein spannendes Sortiment mit vielen bekannten Designern und vielen größeren und kleineren italienischen Marken; ich teste einige von Lorenzo Villoresi. Unter anderem ist die "Storie Veneziane"-Reihe von Valmont sehr schön ausgestellt. Die Flakons sind beeindruckend mit den Glasmasken in der Vorderseite. Mir gefällt der gelbe "Gaggia Medio I" besonders gut mit viel Kardamom, Amber und sehr schön weichem Sandelholz, aber 490€ gebe ich dann doch nicht aus.


An einem anderen Tag gehe ich ins Museum im Palazzo Mocenigo. Finanziell mit unterstützt von The Merchants of Venice werden hier wunderschöne historische Stoffe und viel Historisches zur Geschichte der Parfums in Venedig gezeigt.


Zum einen gibt es informative Tafeln über Handelsrouten und die Geschichte der Rohstoffe, zum anderen Einblicke in historische Parfumwerkstätten, Bücher und viele Vitrinen mit wunderbaren historischen Flakons aus allen Jahrhunderten. - Hier hatte wohl jemand viel Freude an alten Flakons von Elsa Schiaparelli:

Auch in den Pavillons auf der Biennale gab es immer noch Interessantes und Nochnichtwahrgenommenes. Im französischen Pavillon, der mir letztes Mal schon so gut gefallen hatte, war der Geruch in den seltsamen "Ritualbecken" dieses Mal deutlich anders – weniger Zimt, mehr Vetiver. Auf Nachfrage wurde mir gesagt, es sei an der Mischung nichts verändert worden, es hat sich also der Duft vermutlich von selbst so entwickelt seit dem Frühjahr.

Beim letzten Mal hatte ich es nicht in den Korea-Pavillon geschafft, das muss ich natürlich nachholen. In der Installation "ODORAMA CITIES" von Künstler:in Koo Jeong A kommt in gewissen Abständen eine Duftwolke aus der Nase der Bronzeskulptur, hier gut zu sehen:

Koo Jeong A hatte in einer längeren Recherchephase 2023 Menschen sowohl persönlich als auch online nach ihren Dufterinnerungen an Städte in Korea gefragt. Die Frage, die immer wieder gestellt wurde: "What is your scent memory of Korea?" Daraus resultierten über 600 schriftliche Statements über "Korean scents". Einige Texte seien sehr ausführlich und persönlich, andere bestehen aus kurzen Sätzen oder sogar nur einzelnen Wörtern. Das Team um Koo Jeong A hat die Antworten interpretiert, in Form von Schlagworten ausgewertet und schließlich auf dieser Basis von Dominique Ropion 16 unterschiedliche „scent experiences“ für den Pavillon und einen vermarkteten Duft („Odorama Cities“, hier auch auf Parfumo gelistet) entwickeln lassen. Die schriftlichen Versionen der Dufterinnerungen sollen auf der Seite „korean.pavilion.or.kr“ online verfügbar sein, aber bisher konnte ich sie leider nicht abrufen. Die 16 Düfte für den Pavillon sollen den folgenden Keywords entsprechen: “City Scent, Night Air, Scent of People, Smell of Seoul, Salty Smell, Scent of Siebold's Magnolia, Smell of Sunlight, Fog, Smell of Tree, Jangdokdae, Smell of Rice, Smell of Firewood, Grandparent's House, Fish Market, Public Bath, Old Electronics”. Das klingt interessant. Aber ich habe jedes Mal, wenn ich den Pavillon betreten habe, dasselbe gerochen und konnte keine unterschiedlichen „Dufterfahrungen“ machen – der Duft im Pavillon ist ganz nett, aber eher generisch zart-holzig, und entspricht wohl dem käuflichen "Odorama Cities".
Zwischendurch habe ich in der traumhaft schönen Stadt Flakons fotografiert; die zu "Tadzio", "Succubus" und "Piccolo Amor" sind bei den Düften zu finden. Und schließlich war ich an einem Abend im Rahmen der Aufführungsreihe "Musica a Palazzo" in Verdis Oper "Rigoletto" im Palazzo Barbarigo-Minotto. Vier Musiker:innen und die Opernsänger:innen von La Fenice führen die Oper als Kammeroper in unterschiedlichen Räumen des Palazzo auf, nach einzelnen Szenen oder Akten bewegt sich das Publikum in den nächsten Raum. Dabei kommen die Gemälde (u.a. Tiepolo), die Kostüme aus dem 18 Jh. und das barocke Mobiliar in Caravaggio-mäßiger Kerzenbeleuchtung wunderbar zu Geltung. Und in der Pause wird Prosecco mit Blick auf den abendlich erleuchteten Canale Grande serviert...

Der Abschied aus dieser wunderbaren Stadt, die sich so tief in meinem Herzen und meiner Seele verankert hat, fiel mir schwer - aber da ist eine große Gewissheit, dass ich wiederkomme. Irgendwie gehöre ich hier hin...
Dein lesenswerter Reisebericht bestätigst meine These, dass JEDE Reisezeit perfekt ist, wenn man mit einer positiven Einstellung herangeht. Und die trägt man in sich – oder eben nicht. Außerdem sagt Dein buntes Programm einiges über Deine Aufgeschlossenheit, Aufmerksamkeit und Neugier auf die Welt aus – das gefällt mir.
Ich wünsche Dir, dass es Dich immer und immer wieder an Deinen Sehnsuchtsort verschlägt und der Piccolo Amour Deinen Abschiedsschmerz lindert… (Kenne die große Sehnsucht nur zu gut und sehe daher immer zu, dass vor dem Ende einer Reise immer schon die nächste fest geplant ist…)
Aber Deine Fotos strahlen reinste Lebensfreude aus. Schön ,dass Du uns wieder mitgenommen hast!
Da war ich tatsächlich noch nie...
Schade finde ich, daß man es offenbar hier nicht mehr nötig hat, empfohlene Blogartikel nach oben auf die Startseite zu setzen. Denn dort hätte Dein Beitrag wirklich hingehört.
Venedig gehört zu den Zielen, die mich irgendwie nicht reizen, trotzdem sehr gerne gelesen. Vielen Dank!
Danke fürs teilen…
In Venedig war ich noch nie, dafür geht es Ende nächster Woche wieder nach Wien…
und vielen dank für's teilen deiner eindrücke und erlebnisse, es ist als wäre man dabei gewesen :)
.. nicht nur die alten Schiaparelli-Flakons ☀️
Deine Begeisterung schwappt aus dem Canale Grande direkt hierher 🎭
deine Kulturreisen sind für mich eine Bereicherung. Danke, dass du uns so hautnah teilhaben lässt und ich stets noch lernen darf. Du machst dir so viel Mühe und das begeistert mich. Ich möchte dir dafür danken.