05.08.2018 - 12:22 Uhr
Profumo
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Profumo
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36
Seltsames Setting...
Bhutan. Das kleine südasiatische Land, mit dem berühmten Bruttonationalglück und einer angeblich atemberaubenden Landschaft, soll so duften? Über ätherisch-frisch bis animalisch-holzig-erdig?
Hmmm... Ein ‚Figment’ wahrscheinlich, ein Produkt der Einbildung, ein Hirngespinst.
Egal. Im Gegensatz zu vielen anderen, kann ich hier die Assoziationen mit modrigem Waldboden, Tümpel und Morast nicht recht nachempfinden. Für mich riecht ‚Figment Man’ überhaupt nicht besonders erdig, schlammig oder gar faulig. Nein, nichts dergleichen. Sehr wohl kann ich aber Sandelholz erkennen, und Weihrauch. Erinnert mich ein wenig an jene berühmt berüchtigten Räucherstäbchen, die wir früher immer in unseren WG-Zimmern abfackelten, statt mal ordentlich zu lüften.
Gerahmt wird dieser zentrale Sandelholzakkord von einer anfänglich ziemlich scharfen, unsüßen Frischebrise, die eine ganze Weile anhält, und einem holzig-harzigen Fond, der stundenlang ausschwingt.
So weit, so gut. Beinahe aber auch so banal, wenn da nicht ein weiterer überaus markanter Akkord im Herzen des Duftes schlummern würde, der schon bald nach dem Aufsprühen aufzublühen beginnt und erst viele, viele Stunden später ganz langsam verklingt: ein Potpourri aus animalischen Noten. Welchen Ursprungs auch immer sie sein mögen: die einen vermuten eine Überdosis Zibet, andere eine Mischung diverser Moschus-Verbindungen, manche bringen Costus ins Spiel, ein Duftstoff der nach feuchtem (Tier-)Haar riecht, und auch ‚Animalis’ der Firma Synarome wird ins Feld geführt: eine Parfum-Base die schon in Jean Carles ‚Visa’ zum Einsatz kam, ebenso im heftig umstrittenen ‚Kouros’, und die wie folgt beschrieben wird:
Odor: An animalic, musky, sensuous odor with costus-like connotation. Can be described as unwashed human hair, goat smell and dirty socks.
Klingt verlockend, oder?
Ist es aber. Zumindest für manche, mich eingeschlossen.
Was für die einen aber schon widerlich stinkt, ist für die anderen gerade noch ein vielleicht sogar narkotisierendes Aphrodisiakum, auf jeden Fall ein Wohlgeruch. Die Toleranzschwelle ist allerdings in den letzten Jahrzehnten, genauer seit ‚Cool Water’ und dem Siegeszug der Frischefougères, merklich gesunken, sodass einstmalige Heroen der animalischen Duftwelt wie das schon genannte Kouros, oder auch Montanas ‚Parfum de peau’ vom beinahe allgegenwärtigen Mainstreamer zum selten anzutreffenden Exoten mutierten. Dass Amouage im nicht enden wollenden Zeitalter der Sauberdüfte mit solch einem animalischen, breitbeinig seine geschlechtlichen Reize zur Schau stellenden Duftrüpel um die Ecke kommt, hat schon eine gewisse Chuzpe, oder zumindest Trotz. Exorbitante Verkaufszahlen werden Mr. Chong & Co. sicherlich nicht vorgeschwebt haben: ein Renner ist dieser Duft bestimmt nicht, aber das ahnte man vermutlich: Werke wie ‚Figment Man’, oder Diors ‚Leather Oud’, lanciert man heutzutage nicht in der Hoffnung auf den großen Reibach. Man lanciert sie, weil man zeigen möchte, dass man auch dreckig kann, dass man bis an die Grenzen des Untragbaren (und darüber hinaus) zu gehen bereit ist, vermutlich um ja nicht in der Verdacht des Mainstreams zu geraten, um aufzufallen, im Gespräch zu bleiben.
Einen solchen Duft im Portfolio zu haben bedeutet: schaut her, wir trauen uns was, wir machen Kunst, Parfumkunst, auch wenn es Kunst um der Kunst willen ist.
Womit sich die Frage stellt: ist dieser Duft überhaupt tragbar?
Ich würde sagen: Jein.
Nein, da wir doch soziale Wesen sind, die sich untereinander bewegen und – zumindest tendenziell – einander gefallen möchten. Da diesen Duft, jedenfalls den meisten Kommentaren zufolge, eine Mehrheit als halbwegs übelriechend empfinden dürfte, schließt sich ein öffentliches Tragen weitestgehend aus.
Ja, wenn man als Parfum-Enthusiast Düfte mit einem weiteren Spektrum als frisch-sauber-blumig-vanillig schätzt und man einen gewissen ‚Hautgout’ von zweifelhafter Herkunft als anregend empfinden kann, ohne sich gleich übergeben zu müssen. Das allerdings dürfte eher im privaten Rahmen stattfinden, im sehr privaten vermutlich, will sagen: zwischen meinem Arm und meiner Nase. Denn ich schätze diesen ‚Figment Man’ sehr, ebenso wie ‚Kouros’ oder ‚Leather Oud’, Mazzolaris ‚Lui’, Diors ‚Jules’ oder Piguets ‚Oud’, sowie das originale ‚Rose poivrée’, bevor es animalischerseits gezähmt wurde, aber Tragen in aller Öffentlichkeit und mich dem Verdacht aussetzen es an Körperpflege womöglich mangeln zu lassen, nein, das möchte ich dann doch nicht.
Diesen bhutanischen (Duft-)Tiger, lasse ich schön daheim herumdünsten, oder nehme ihn nur zu klitzekleinen Ausflügen mit...
Womit ich im Gegensatz zu Tümpel-Morast-Kröte etc. bei folgender Assotiationskette wäre: ein buddhistischer, von Räucherkerzen durchwaberter Tempel, in einem von Zitronenbäumen beschatteten Raubtierzoo.
Komisches Szenario.
Hmmm... Ein ‚Figment’ wahrscheinlich, ein Produkt der Einbildung, ein Hirngespinst.
Egal. Im Gegensatz zu vielen anderen, kann ich hier die Assoziationen mit modrigem Waldboden, Tümpel und Morast nicht recht nachempfinden. Für mich riecht ‚Figment Man’ überhaupt nicht besonders erdig, schlammig oder gar faulig. Nein, nichts dergleichen. Sehr wohl kann ich aber Sandelholz erkennen, und Weihrauch. Erinnert mich ein wenig an jene berühmt berüchtigten Räucherstäbchen, die wir früher immer in unseren WG-Zimmern abfackelten, statt mal ordentlich zu lüften.
Gerahmt wird dieser zentrale Sandelholzakkord von einer anfänglich ziemlich scharfen, unsüßen Frischebrise, die eine ganze Weile anhält, und einem holzig-harzigen Fond, der stundenlang ausschwingt.
So weit, so gut. Beinahe aber auch so banal, wenn da nicht ein weiterer überaus markanter Akkord im Herzen des Duftes schlummern würde, der schon bald nach dem Aufsprühen aufzublühen beginnt und erst viele, viele Stunden später ganz langsam verklingt: ein Potpourri aus animalischen Noten. Welchen Ursprungs auch immer sie sein mögen: die einen vermuten eine Überdosis Zibet, andere eine Mischung diverser Moschus-Verbindungen, manche bringen Costus ins Spiel, ein Duftstoff der nach feuchtem (Tier-)Haar riecht, und auch ‚Animalis’ der Firma Synarome wird ins Feld geführt: eine Parfum-Base die schon in Jean Carles ‚Visa’ zum Einsatz kam, ebenso im heftig umstrittenen ‚Kouros’, und die wie folgt beschrieben wird:
Odor: An animalic, musky, sensuous odor with costus-like connotation. Can be described as unwashed human hair, goat smell and dirty socks.
Klingt verlockend, oder?
Ist es aber. Zumindest für manche, mich eingeschlossen.
Was für die einen aber schon widerlich stinkt, ist für die anderen gerade noch ein vielleicht sogar narkotisierendes Aphrodisiakum, auf jeden Fall ein Wohlgeruch. Die Toleranzschwelle ist allerdings in den letzten Jahrzehnten, genauer seit ‚Cool Water’ und dem Siegeszug der Frischefougères, merklich gesunken, sodass einstmalige Heroen der animalischen Duftwelt wie das schon genannte Kouros, oder auch Montanas ‚Parfum de peau’ vom beinahe allgegenwärtigen Mainstreamer zum selten anzutreffenden Exoten mutierten. Dass Amouage im nicht enden wollenden Zeitalter der Sauberdüfte mit solch einem animalischen, breitbeinig seine geschlechtlichen Reize zur Schau stellenden Duftrüpel um die Ecke kommt, hat schon eine gewisse Chuzpe, oder zumindest Trotz. Exorbitante Verkaufszahlen werden Mr. Chong & Co. sicherlich nicht vorgeschwebt haben: ein Renner ist dieser Duft bestimmt nicht, aber das ahnte man vermutlich: Werke wie ‚Figment Man’, oder Diors ‚Leather Oud’, lanciert man heutzutage nicht in der Hoffnung auf den großen Reibach. Man lanciert sie, weil man zeigen möchte, dass man auch dreckig kann, dass man bis an die Grenzen des Untragbaren (und darüber hinaus) zu gehen bereit ist, vermutlich um ja nicht in der Verdacht des Mainstreams zu geraten, um aufzufallen, im Gespräch zu bleiben.
Einen solchen Duft im Portfolio zu haben bedeutet: schaut her, wir trauen uns was, wir machen Kunst, Parfumkunst, auch wenn es Kunst um der Kunst willen ist.
Womit sich die Frage stellt: ist dieser Duft überhaupt tragbar?
Ich würde sagen: Jein.
Nein, da wir doch soziale Wesen sind, die sich untereinander bewegen und – zumindest tendenziell – einander gefallen möchten. Da diesen Duft, jedenfalls den meisten Kommentaren zufolge, eine Mehrheit als halbwegs übelriechend empfinden dürfte, schließt sich ein öffentliches Tragen weitestgehend aus.
Ja, wenn man als Parfum-Enthusiast Düfte mit einem weiteren Spektrum als frisch-sauber-blumig-vanillig schätzt und man einen gewissen ‚Hautgout’ von zweifelhafter Herkunft als anregend empfinden kann, ohne sich gleich übergeben zu müssen. Das allerdings dürfte eher im privaten Rahmen stattfinden, im sehr privaten vermutlich, will sagen: zwischen meinem Arm und meiner Nase. Denn ich schätze diesen ‚Figment Man’ sehr, ebenso wie ‚Kouros’ oder ‚Leather Oud’, Mazzolaris ‚Lui’, Diors ‚Jules’ oder Piguets ‚Oud’, sowie das originale ‚Rose poivrée’, bevor es animalischerseits gezähmt wurde, aber Tragen in aller Öffentlichkeit und mich dem Verdacht aussetzen es an Körperpflege womöglich mangeln zu lassen, nein, das möchte ich dann doch nicht.
Diesen bhutanischen (Duft-)Tiger, lasse ich schön daheim herumdünsten, oder nehme ihn nur zu klitzekleinen Ausflügen mit...
Womit ich im Gegensatz zu Tümpel-Morast-Kröte etc. bei folgender Assotiationskette wäre: ein buddhistischer, von Räucherkerzen durchwaberter Tempel, in einem von Zitronenbäumen beschatteten Raubtierzoo.
Komisches Szenario.
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