Loverdose Red Kiss testete ich vor ein paar Wochen zuhause und fand ihn zwar im ersten Moment sehr bonbonmäßig, künstlich und sehr süß, wollte ihn sogar schon in den ersten Minuten verwerfen, entdeckte dann aber einen irgendwie faszinierenden, warmen Unterton. Bevor ich mich dem Verlauf weiter widmen konnte, wurde ich unterbrochen, der Tagesplan änderte sich und ich duschte, wusch ihn also ab, und musste los. Im Hinterkopf formte sich der Plan, Loverdose Red Kiss alsbald einmal ausgiebiger zu testen.
Dienstag, den 30.8.16. Zweiter Anlauf. Und zwar bei meiner Freundin. Wir hatten beide eine Reihe Proben zum Testen dabei. Den ganzen Abend bis spät in die Nacht widmeten wir uns mehreren Düften. Darunter Loverdose Red Kiss.
Wieder fängt es mit Bonbon an, in der Kopfnote rieche ich nur süße Kirsche, unterlegt mit irgendwas warmem Würzigem. Es ist mir zu künstlich. Bei meiner Freundin riecht er exakt gleich. Das Fruchtig-Künstliche, so sehe ich erst beim Lesen der Duftpyramide des Herstellers, soll Apfel und Johannisbeere sein. O.K., nun, nachdem ich das gelesen habe, kann ich die Johannisbeere in Ansätzen erkennen, eher eine schwarze Johannisbeere, aber eben nicht natürlich. Äpfel rieche ich nur unmittelbar beim Sprühen, aber auch die habe ich vorher nicht als solche wahrgenommen. Auch sie sind sehr künstlich. Insgesamt ähnelt Loverdose Red Kiss für mich weiterhin eher einer Amarenakirsche. Das bleibt circa zwei Stunden ziemlich gleich und ich denke, der Duft entwickelt sich nun wohl nicht mehr weiter. Dasselbe bei meiner Freundin.
Der Abend ist schon fortgeschritten, ich muss am nächsten Tag arbeiten. Wir verabschieden uns. Dann setze ich mich ins Auto und fahre nach Hause. Schon im Auto denke ich, da kommt ja ein feiner, angenehmer Hauch von meinem Handgelenk, und ich sinniere beim Fahren so vor mich hin, dass es doch immer Sinn macht, nicht zu dicht an der Stelle zu riechen, an der man einen Duft aufgesprüht hat, sondern eher sich etwas Luft von dieser Stelle aus zufächeln sollte. So viel angenehmer roch es doch nun plötzlich mit der Hand am Lenkrad und nicht an der Nase.
Dann war ich zuhause und - doch wieder mit der Nase an der Hand. Aber was war das? Was war mit dem Duft geschehen? Von der Amarenakirsche war nichts aber auch gar nichts mehr nach. Stattdessen: Üppige Orangenblüte, intensiv, aber durchlässig, beste Orangenblüte wie sie im Buche steht. Völlig natürlich anmutend. Was für ein plötzlicher Wandel! Ich bin insgesamt etwa 30 Minuten Auto gefahren. Aber schon nach vielleicht einem Drittel der Strecke hatte ich die Veränderung des Duftes gespürt. Diese vollständige Transformation von Amarenakirschen zu Orangenblüten hat höchstens 20 Minuten gedauert. Erstaunlich! Nun bin ich aber erst Recht neugierig, wie es weitergeht. Bislang habe ich keine Haselnuss bemerken können, aber wer weiß, vielleicht kommt die ja auch noch so überraschend zum Zuge wie die Orangenblüten, die nun auch schon zwei Stunden andauern.
Ich befürchte nun, dass ich, sollte die Haselnuss sich Zeit lassen - sofern sie denn noch kommen will - darüber einschlafen werde. Sollte ich Loverdose Red Kiss etwa ein drittes Mal testen müssen, um endlich auch bis zur Basis vorzudringen?
Ich ahne jetzt eine Haselnuss....oder bin ich schon der Suggestion meiner eigenen Erwartung anheim gefallen? Ja, ich glaube, da war der Wunsch Vater des Gedankens. Es ist eher eine Kakaonote, die sich ganz zart im Hintergrund aufbaut während die Orangenblüte noch im Vordergrund ist. Diese empfinde ich als sehr angenehm beruhigend und wohltuend. Ich schlafe ein.
Am Morgen ist nichts mehr nach.
Vier Tage später: Reset. Dritter Test. Diesmal denke ich schon nach wenigen Minuten, ob mein Amarenakirsch-Eindruck, der sich adhoc erneut einstellt, vielleicht auch als Johannisbeere mit Haselnuss gelesen werden kann. Hmm. Vielleicht. Entfernt. Amarenakirsche ist ja in der Regel süß eingelegt und hat im Geschmack etwas Dichtes und Cremiges, ist schwerer und wärmer als normale Kirschen. Es kann schon sein, dass sich die vermeintliche Haselnuss hier versteckt hält. Der angenehm warme und ganz leicht würzige Unterton, den ich schon beim allerersten Test bemerkte, könnte nun auch ein Hauch Bittermandel enthalten.
Nun kommt wieder diese etwa 3-stündige Phase, in der der Duft so bleibt, wie er ist und wirkt, als würde er nur noch langsam schwächer werden.... jetzt seit vier Stunden. Inzwischen ist nichts Fruchtiges mehr nach, aber auch die Orangenblüte will sich diesesmal nicht zeigen. Nur irgendwas Vanilliges mit einem Hauch von Schokolade. Was ist denn das mit Red Kiss? Es hatte doch letztes Mal nicht fünf Stunden bis zur Orangenblüte gedauert. Inzwischen sind sogar sechs Stunden vorbei.
Nun fällt mir ein, dass meine Freundin schon am Dienstag, nachdem ich gegangen war, keine Entwicklung in Richtung Orangenblüte mehr zu verzeichnen hatte.
Hing es mit meiner Autofahrt zusammen? War im Auto eine andere Temperatur, eine andere Luftfeuchtigkeit oder waren es gar irgendwelche Autoausdünstungen, die die Orangenblüte hervorgelockt hatten? Ich habe die Luftfeuchtigkeit im Verdacht. Aber letztlich weiß ich nicht, was den Unterschied gemacht hat. Ich weiß nur: Diesmal klingt Loverdose Red Kiss ganz sanft und leise mit vanilliger Schokolade aus.
Ein viertes Testen würde wohl den Rahmen dieses Kommentars sprengen.
Fazit: Ich werde meine fast volle 10ml-Abfüllung Loverdose Red Kiss sicherlich nach und nach aufbrauchen, ab und zu damit im Auto fahren, ihn auch mal an einem Regentag auflegen und mich überraschen lassen: Was kommt diesmal nach der Amarenakirsche?
Edit: 3.9.16: Heute bei stetigen Nieselregen erwacht die Orangenblüte schon früh und gleich auf einer wunderbaren Nutellabasis an Marshmallowpuder. Also definitiv ein Duft für Regenwetter, nur für Regenwetter. Ich werde mir einen Flakon kaufen.