07.05.2010 - 06:09 Uhr
Profumo
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16
Hubert de Givenchys persönlicher Duft
Jahrelang habe ich mich schwer getan mit Vetiver-Düften, zu omnipräsent war das Guerlain´sche Vetiver, zu viele trugen es in meiner Umgebung, auch solche, die mir alles andere als nahe standen, die ich häufig - und immer vergebens - weit, weit weg wünschte und die nicht aufhörten mich mit ihrer Person und diesem, ihrem Duft zu belästigen. Ich gestehe, ich habe diesen Duft gehasst, und es gelingt mir auch heute noch nicht, ihm einigermaßen unvoreingenommen nahe zu kommen, um ihn ansatzweise objektiv beurteilen zu können – also lasse ich es lieber, vorerst.
Aller Ablehnung des Guerlain´schen Vetivers zum Trotz hat sich meine Haltung zu Vetiver-Düften im Allgemeinen jedoch komplett gewandelt. Habe ich zuvor noch alle sozusagen ‚in einen Topf geworfen’ und pauschal mit dem Verdikt versehen: mag ich nicht, kann ich nicht leiden; muss ich nunmehr zugeben: ich mag sie doch, kann sie sehr wohl leiden, nur eben den einen nicht. Aber wer weiß, die Zeit heilt ja bekanntlich Wunden, und vielleicht werde ich eines Tages sogar diesen einen doch noch mögen, ich bin nicht mehr so weit entfernt davon.
Der Vetiver-Duft, von dem aber hier die Rede sein soll, ist einer, den ich von Anfang an mochte, ja, den ich schätze und bewundere.
1959 lancierte das Haus Givenchy gleich zwei Düfte für den Herren, Monsieur de Givenchy und Eau de Vétiver – das spätere Vetyver. Komponiert wurden beide von Fabrice Fabron, der zwei Jahre zuvor schon L´Interdit für Givenchy schuf und auch so große Klassiker wie L´Air du Temps, Le Dix und Baghari kreierte. Das Eau de Vétiver ist wohl auf besonderen Wunsch des großen Designers Hubert de Givenchy entstanden, der, vermutlich inspiriert von Carvens Vetiver, das zwei Jahre zuvor – 1957 - für Furore sorgte, selbst einen Vetiver-Duft sein Eigen nennen wollte. Wiederum zwei Jahre später – 1961 – kam schließlich Guerlain mit seinem Vetiver auf den Markt und stellte ziemlich schnell seinen beiden Vorgänger in den Schatten. Bis 1995 blieb Vetyver im Katalog von Givenchy, es verkaufte sich mäßig, doch solange Hubert de Givenchy die Geschicke des Hauses lenkte wurde es weiterhin produziert. Er, der so immens elegante, distinguierte und gut aussehende Mann von Welt und Herr der Mode, er soll es all die Jahre hindurch getragen haben. Als er sich schließlich 1995 zurückzog, verschwand auch sein Vetyver vom Markt, zum Leidwesen vieler Parfum-Enthusiasten, die es fast unisono für das beste aller Vetivers hielten.
Dreizehn Jahre später war es dann auf einmal wieder da, gemeinsam lanciert mit vielen Klassikern des Hauses in einer ‚Les Mythiques’ genannten Reihe, und in Einklang gebracht mit den neusten IFRA-Bestimmungen. Laut jenen aber, die das alte Vetyver noch kannten, ist das Neue so gut wie eh und je (auch die anderen Düfte dieser Serie sind exzellent reformuliert!).
Ungetestet habe ich es mir sofort bestellt und war augenblicklich begeistert: ein wirklich großartiger Vetiver-Duft. Ein klassisches Chypre kombiniert mit drei verschiedenen Variationen dieser Wurzel die in der Kopfnote, wie in der Herz- und Basisnote jeweils eine neue Facette offenbart – vom frischen, kühlenden Start, über eine feuchte, grüne Phase bis hin zum rauchig-erdigen Finish, begleitet von Bergamotte, Koriander, Sandelholz, Patchouli und Eichenmoos. Alles ist wunderbar miteinander verwoben, perfekt ausbalanciert und atmet Klasse, durch und durch. Ein Duft von gepflegtem Understatement, ein Duft für den soignierten Gentleman mit Sinn für eleganten, dabei dezenten Luxus. Kein Duft allerdings für die Heerscharen von Vertretern, Büroangestellten oder sonstwie tagtäglich Beschäftigten, für die Masse also. Nein, Givenchys Vetyver ist – ähnlich wie Eau d´Hermès – eher ein Duft für jene, die angekommen sind in dem Kreis derer, die arbeiten lassen und deren Arriviertheit und (vermeindliche) Lässigkeit einen duftenden Ausdruck in diesem Parfum finden.
Ich selbst gehöre wahrlich nicht zu den Hubert de Givenchys oder Robert Dumas-Hermès’, aber etwas von ihrer nonchalant zur Schau gestellten Ruhe und Abgeklärtheit, ja, Überlegenheit steckt in diesem Duft und kann sich auch auf Andere übertragen, selbst wenn diese ganz kleine Lichter sind, die täglich ihrem Broterwerb nachgehen müssen, so wie ich.
Givenchys Vetyver ein elitärer Duft? Im Grunde ja, und wäre er nicht so gut würde ich ihm dies als Manko ankreiden, aber er besitzt zugleich soviel Klasse, soviel Eleganz wie eine maßgeschneiderte Robe von Givenchy, dass ich meine elitenskeptische Haltung augenblicklich vergesse, steigt mir das Aroma dieses Duftes in die Nase. Und man fühlt sich tatsächlich sofort besser angezogen, trägt man diesen Duft, zumindest mir geht das so. Da ein Duft aber Gut-Angezogen-Sein nicht ersetzen, es bestenfalls ergänzen kann, ist ein gewisses Maß an Dress-Up vonnöten: ein gebügeltes Hemd und nicht gerade die verschlissenste Hose sollten es schon sein.
Ein Wort noch zur Haltbarkeit des Duftes: sie ist, gemessen an heutigen Erwartungen, eher bescheiden. Der Duft zieht sich recht schnell auf die Haut zurück, bleibt dort allerdings ziemlich lange erhalten und umgibt den Träger mit einem anhaltend feinen und leisen Aroma. Die Abstrahlung des Duftes ist dabei gering, aber ein offensives oder gar übergriffiges Parfum für den Herren war zu jener Zeit noch nicht denkbar – Chanels Pour Monsieur oder Diors Eau Sauvage sind ähnliche Beispiele für die Vorstellung jener Zeit wie ‚Mann’ zu duften habe, nämlich dezent. ‚Mann’ ging damals z.B. noch vor der Dame ins Restaurant um alles zu regeln, half ihr aus dem Mantel, zog den Stuhl vom Tisch zurück, damit sie sich setze, und ließ vor allem ihrem Parfum den gebührenden Raum, nämlich den ganzen.
Dass ein Mann ähnlich intensiv nach Parfum duftete wie eine Frau war einfach nicht erwünscht, bzw. entsprach nicht dem zeittypischen Rollenverständnis. Und so dürfen wir heute von diesem Duft, und von anderen aus dieser Epoche ebenso, nicht jene Qualitäten verlangen die wir von den ‚Powerhouse’-Düften der 70er und 80er Jahre her kennen – sie hatten andere, die nicht unbedingt schlechter waren – ganz im Gegenteil.
Aller Ablehnung des Guerlain´schen Vetivers zum Trotz hat sich meine Haltung zu Vetiver-Düften im Allgemeinen jedoch komplett gewandelt. Habe ich zuvor noch alle sozusagen ‚in einen Topf geworfen’ und pauschal mit dem Verdikt versehen: mag ich nicht, kann ich nicht leiden; muss ich nunmehr zugeben: ich mag sie doch, kann sie sehr wohl leiden, nur eben den einen nicht. Aber wer weiß, die Zeit heilt ja bekanntlich Wunden, und vielleicht werde ich eines Tages sogar diesen einen doch noch mögen, ich bin nicht mehr so weit entfernt davon.
Der Vetiver-Duft, von dem aber hier die Rede sein soll, ist einer, den ich von Anfang an mochte, ja, den ich schätze und bewundere.
1959 lancierte das Haus Givenchy gleich zwei Düfte für den Herren, Monsieur de Givenchy und Eau de Vétiver – das spätere Vetyver. Komponiert wurden beide von Fabrice Fabron, der zwei Jahre zuvor schon L´Interdit für Givenchy schuf und auch so große Klassiker wie L´Air du Temps, Le Dix und Baghari kreierte. Das Eau de Vétiver ist wohl auf besonderen Wunsch des großen Designers Hubert de Givenchy entstanden, der, vermutlich inspiriert von Carvens Vetiver, das zwei Jahre zuvor – 1957 - für Furore sorgte, selbst einen Vetiver-Duft sein Eigen nennen wollte. Wiederum zwei Jahre später – 1961 – kam schließlich Guerlain mit seinem Vetiver auf den Markt und stellte ziemlich schnell seinen beiden Vorgänger in den Schatten. Bis 1995 blieb Vetyver im Katalog von Givenchy, es verkaufte sich mäßig, doch solange Hubert de Givenchy die Geschicke des Hauses lenkte wurde es weiterhin produziert. Er, der so immens elegante, distinguierte und gut aussehende Mann von Welt und Herr der Mode, er soll es all die Jahre hindurch getragen haben. Als er sich schließlich 1995 zurückzog, verschwand auch sein Vetyver vom Markt, zum Leidwesen vieler Parfum-Enthusiasten, die es fast unisono für das beste aller Vetivers hielten.
Dreizehn Jahre später war es dann auf einmal wieder da, gemeinsam lanciert mit vielen Klassikern des Hauses in einer ‚Les Mythiques’ genannten Reihe, und in Einklang gebracht mit den neusten IFRA-Bestimmungen. Laut jenen aber, die das alte Vetyver noch kannten, ist das Neue so gut wie eh und je (auch die anderen Düfte dieser Serie sind exzellent reformuliert!).
Ungetestet habe ich es mir sofort bestellt und war augenblicklich begeistert: ein wirklich großartiger Vetiver-Duft. Ein klassisches Chypre kombiniert mit drei verschiedenen Variationen dieser Wurzel die in der Kopfnote, wie in der Herz- und Basisnote jeweils eine neue Facette offenbart – vom frischen, kühlenden Start, über eine feuchte, grüne Phase bis hin zum rauchig-erdigen Finish, begleitet von Bergamotte, Koriander, Sandelholz, Patchouli und Eichenmoos. Alles ist wunderbar miteinander verwoben, perfekt ausbalanciert und atmet Klasse, durch und durch. Ein Duft von gepflegtem Understatement, ein Duft für den soignierten Gentleman mit Sinn für eleganten, dabei dezenten Luxus. Kein Duft allerdings für die Heerscharen von Vertretern, Büroangestellten oder sonstwie tagtäglich Beschäftigten, für die Masse also. Nein, Givenchys Vetyver ist – ähnlich wie Eau d´Hermès – eher ein Duft für jene, die angekommen sind in dem Kreis derer, die arbeiten lassen und deren Arriviertheit und (vermeindliche) Lässigkeit einen duftenden Ausdruck in diesem Parfum finden.
Ich selbst gehöre wahrlich nicht zu den Hubert de Givenchys oder Robert Dumas-Hermès’, aber etwas von ihrer nonchalant zur Schau gestellten Ruhe und Abgeklärtheit, ja, Überlegenheit steckt in diesem Duft und kann sich auch auf Andere übertragen, selbst wenn diese ganz kleine Lichter sind, die täglich ihrem Broterwerb nachgehen müssen, so wie ich.
Givenchys Vetyver ein elitärer Duft? Im Grunde ja, und wäre er nicht so gut würde ich ihm dies als Manko ankreiden, aber er besitzt zugleich soviel Klasse, soviel Eleganz wie eine maßgeschneiderte Robe von Givenchy, dass ich meine elitenskeptische Haltung augenblicklich vergesse, steigt mir das Aroma dieses Duftes in die Nase. Und man fühlt sich tatsächlich sofort besser angezogen, trägt man diesen Duft, zumindest mir geht das so. Da ein Duft aber Gut-Angezogen-Sein nicht ersetzen, es bestenfalls ergänzen kann, ist ein gewisses Maß an Dress-Up vonnöten: ein gebügeltes Hemd und nicht gerade die verschlissenste Hose sollten es schon sein.
Ein Wort noch zur Haltbarkeit des Duftes: sie ist, gemessen an heutigen Erwartungen, eher bescheiden. Der Duft zieht sich recht schnell auf die Haut zurück, bleibt dort allerdings ziemlich lange erhalten und umgibt den Träger mit einem anhaltend feinen und leisen Aroma. Die Abstrahlung des Duftes ist dabei gering, aber ein offensives oder gar übergriffiges Parfum für den Herren war zu jener Zeit noch nicht denkbar – Chanels Pour Monsieur oder Diors Eau Sauvage sind ähnliche Beispiele für die Vorstellung jener Zeit wie ‚Mann’ zu duften habe, nämlich dezent. ‚Mann’ ging damals z.B. noch vor der Dame ins Restaurant um alles zu regeln, half ihr aus dem Mantel, zog den Stuhl vom Tisch zurück, damit sie sich setze, und ließ vor allem ihrem Parfum den gebührenden Raum, nämlich den ganzen.
Dass ein Mann ähnlich intensiv nach Parfum duftete wie eine Frau war einfach nicht erwünscht, bzw. entsprach nicht dem zeittypischen Rollenverständnis. Und so dürfen wir heute von diesem Duft, und von anderen aus dieser Epoche ebenso, nicht jene Qualitäten verlangen die wir von den ‚Powerhouse’-Düften der 70er und 80er Jahre her kennen – sie hatten andere, die nicht unbedingt schlechter waren – ganz im Gegenteil.
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