Louce
Sehr hilfreiche Rezension
10
Sitzt, passt, wackelt und hat Duft
Die Jahreszeitendüfte von Micallef orientieren sich an den Farbtypen, die nach Jahreszeiten benannt sind, meinen nicht eine saisonale Ausrichtung des Duftes, was sein Tragen betrifft. Mein erstes Misstrauen in diese Methode der Farb- und Stilberatung stellte sich als schwarzseherisch unbegründet heraus, da dem nicht eso-spirituelle Kosmosideen zugrunde liegen, sondern sehr einfach die simple Wahrheit, dass Haut, Haare und Augen (logischerweise) pigmentmäßig immer zusammen passen und damit eine Vorgabe besteht, welche Farben individuell gut und welche grauslich wirken, wenn man Garderobe und Make Up dazu komponiert.
Ich selbst bin ein so genannter Herbst-Frühling-Mischtyp, was unterm Strich bedeutet, dass ich kein schwarz tragen und mich eher in braun-grün-orangene Naturtöne kleiden sollte. Da mich das kein bisschen bei meiner Kleidungs- und Make Up-Wahl leitet, dachte ich auch, dass es bei der Duftwahl völlig unerheblich sein müsste und trat mutig und opferbereit den widerlegungswilligen Realtest an: Blindprobe von allen 4 Micallef-Jahreszeitdüften.
Aber welch Verblüffung! Tatsächlich erbrachte der Test ein Ergebnis parallel zur Farbtypeinordnung: Das, was sich als Winterparfum entpuppen sollte, fand ich ganz nett zu riechen aber null kompatibel mit meinen Duftpräferenzen und meiner Haut. Der Sommerduft war ein klares No-Go und zwei Düfte gefielen mir ganz gut. Der eine, der mich mehr ansprach, entsprach dem etwas dominanteren Herbst in meinem persönlichen Farbschema und frisch eingenebelt darin verbrachte ich dann einen Arbeitstag. Zum Feierabend hechtete ich schnell in die Parfümerie und musste mir diesen tollen Duft kaufen.
Automne, der Herbst, ist kein sensationeller Hinriecher-Duft an mir. Er verblüfft nicht, er hat nix Spektakuläres, ist nicht besonders, nicht sexy, nicht auffallend… in keiner Weise ein Duft, der einen Dialog mit mir als Trägerin oder den eventuell Riechenden eröffnet. Er passt ganz einfach. Ein absolut passender Duft. Einer, mit dem ich mich wohl fühle, zur Arbeit gehen kann, der immer richtig ist und niemals morgendlichen Fehlgriff bedeuten kann.
Meine These ist also, dass es anderen Frauen mit ihren Farbtypen ähnlich oder gleich gehen könnte, weshalb ich zum Typ-kompatiblen Test rate.
Bei aller Stilberatungstheorie, jetzt aber zum Duft:
Er ist, genau wie DeGe schreibt, kein bisschen quietschig in seiner Fruchtigkeit. Zuerst frisch-zitrisch, aber ohne etwas Saures oder Krasses, dann sehr nett und schmeichelnd beerig, ohne zuckrig oder pointiert superbeerig zu sein. Die „roten Früchte“ in der dürftigen Duftpyramide haben mich beschäftigt und ich schnupperte immer wieder nach, um das ein bisschen spezifizieren zu können. Die Erdbeere, die von Beaux sehr schön als verbotene Frucht in seinem Kommentar zu „Ambre à Sade“ beschrieben wird, kann ich recht deutlich erkennen. Johannisbeere ist auch feststellbar, meine ich. Brombeere und Himbeere vielleicht, aber nicht tonangebend. Diese Beerigkeit bekommt Schritt für Schritt Gewürz zur Seite, aber auch hier gibt es keine augenscheinlichen Ecken und Kanten. Muskat und Safran kann ich heraus riechen, muss mich dafür aber bereits ziemlich anstrengen. Diese Würze ist ebenso wenig pointiert wie die Beerigkeit. Sie gibt Tiefe, Gehalt, Fülle. Sehr schön wird das ganze dann unterstrichen von einer nicht wirklich Aufsehen erregenden Basis, die einfach nur weich und ein wenig holz-süß-ölig den Duft zur Ruhe kommen lässt.
Fazit: Ein schöner, passgenauer Duft für die Haut einer Herbstypfrau, egal, ob sie ein ausklappbares Farbschema zum Klamottenkauf mit in den Laden nimmt oder nicht.