26.02.2018 - 07:04 Uhr
FvSpee
323 Rezensionen
FvSpee
Top Rezension
15
Das strenge Cologne
Die Pierre-Guillaume-Düfte zeichnen sich hier bei Parfumo nicht nur durch punktemäßig stark divergierende Wertungen aus, sondern oft - auch hier - durch ganz unterschiedliche Duftwahrnehmungen und -beschreibungen der einzelnen User. Unangenehme Putzmittelnoten konnte ich hier überhaupt nicht entdecken, auch nichts besonders Blümeliges übrigens, die Ylang-Ylang schwingt hier nach meiner Einschätzung höchstens ganz am Rande mit. Dafür nehme ich eine phasenweise sehr strenge, fast animalische, ledrige, subjektiv für mich das stinkige streifende Note sehr dominant wahr, die bisher von den anderen Rezensenten noch nicht beschrieben worden ist. Ich nehme an, es handelt sich dabei um das Vetiver (für das ich anscheinend eine Art von Überempfindlichkeit habe, ich nehme Düfte mit starkem Vetiver-Anteil oft als unangenehm oder das Unangenehme jedenfalls berührend animalisch streng war) in Verbindung mit dem Mastixharz (denn etwas Harziges hat diese strenge Note).
Der Reihe nach berichtet imponiert Cologne Grand Siecle zu Beginn als schön körper- und charaktervoller, präsenter, eher etwas herb-maskuliner, für mein Empfinden gar nicht allzu cologniger Zitrusduft. Es ist, als ob in der Zitrik noch etwas schlummert, etwas dunkleres, sehr lebendiges, ernstes, strenges, das dann nach vielleicht einer Stunde immer stärker wird, bis es nach zwei Stunden fast alleine die Bühne beherrscht. Das ist die Note, von der ich vermute, dass es sich um Mastix/Vetiver handelt und die ich durchaus aufregend finde, sie hat vielleicht sogar etwas verhalten gewaltsames. Interessanterweise zieht diese strenge Note sich dann wieder mählich zurück und gibt milderen Akkorden den Platz frei, die dann mit den zitrischen Noten (die noch immer da, und jetzt, wo der Kriegs- oder Ledermann verschwunden ist, auch wieder besser wahrnehmbar sind) eine schöne helle, leichte und runde, aber keineswegs weiche und schon gar nicht süße Basis bilden, die sich auch noch 6 Stunden nach dem Aufsprühen, dann allerdings schon sehr schwach und hautnah geworden, hält.
Der von "Pudelbonzo" beschriebene zentrierende Effekt des Duftes scheint mir plausibel. Zitrische Noten wirken generell stimulierend und belebend, in einer eher heiteren Weise, und die zweite Seite dieses Dufts, die "strenge" eben, fördert bei mir durchaus Wachsamkeit und Aufmerksamkeit (schon um zu schauen, ob von irgendwoher Gefahr droht).
Damit ein schöner, besonderer Zitrusduft mit einiger Durchschlagskraft, den ich mir zwar (jedenfalls vorerst) nicht zulegen werde, der aber aus meiner Sicht einen Test absolut wert ist.
Ein Nachtrag zur Duftpoetik: Nach der Werbelyrik soll der Duft den Gedanken eines schlichtes Colognes mit nur wenig Komplexität evozieren, wie es am Hofe des Sonnenkönigs in Gebrauch war, als man als Parfumeur mit wenigen Zutaten auskommen musste. Nun ja. Aus meiner Sicht "richtig" daran ist, dass Zitrisches wohl schon damals seinen festen Platz in derartigen Colognes hatte und dass, auch wenn ich den berühmten Roman von Süskind nicht gelesen habe, man annehmen darf, dass die alten Parfumeure auch allerlei "bedrohliches" Zeug in ihre Kreationen gemischt haben: Die werden nicht immer nur nach Quietscheentchen gerochen haben. Andererseits würde ich Zweifel anmelden, ob im 17./18. Jahrhundert Vetiver und Ylang-Ylang zum Werkzeugkasten europäischer Duftkünstler gehört hat, und vor allem würde ich sagen, dass ein zitrischer Duft, der noch nach 6 Stunden deutlich als zitrisch zu erkennen ist, bestimmt nicht ohne moderne Chemie funktioniert - was ich nicht verdamme, was aber jedenfalls wohl nicht im strengen Sinne "authentisch Grand Siecle" ist.
Der Reihe nach berichtet imponiert Cologne Grand Siecle zu Beginn als schön körper- und charaktervoller, präsenter, eher etwas herb-maskuliner, für mein Empfinden gar nicht allzu cologniger Zitrusduft. Es ist, als ob in der Zitrik noch etwas schlummert, etwas dunkleres, sehr lebendiges, ernstes, strenges, das dann nach vielleicht einer Stunde immer stärker wird, bis es nach zwei Stunden fast alleine die Bühne beherrscht. Das ist die Note, von der ich vermute, dass es sich um Mastix/Vetiver handelt und die ich durchaus aufregend finde, sie hat vielleicht sogar etwas verhalten gewaltsames. Interessanterweise zieht diese strenge Note sich dann wieder mählich zurück und gibt milderen Akkorden den Platz frei, die dann mit den zitrischen Noten (die noch immer da, und jetzt, wo der Kriegs- oder Ledermann verschwunden ist, auch wieder besser wahrnehmbar sind) eine schöne helle, leichte und runde, aber keineswegs weiche und schon gar nicht süße Basis bilden, die sich auch noch 6 Stunden nach dem Aufsprühen, dann allerdings schon sehr schwach und hautnah geworden, hält.
Der von "Pudelbonzo" beschriebene zentrierende Effekt des Duftes scheint mir plausibel. Zitrische Noten wirken generell stimulierend und belebend, in einer eher heiteren Weise, und die zweite Seite dieses Dufts, die "strenge" eben, fördert bei mir durchaus Wachsamkeit und Aufmerksamkeit (schon um zu schauen, ob von irgendwoher Gefahr droht).
Damit ein schöner, besonderer Zitrusduft mit einiger Durchschlagskraft, den ich mir zwar (jedenfalls vorerst) nicht zulegen werde, der aber aus meiner Sicht einen Test absolut wert ist.
Ein Nachtrag zur Duftpoetik: Nach der Werbelyrik soll der Duft den Gedanken eines schlichtes Colognes mit nur wenig Komplexität evozieren, wie es am Hofe des Sonnenkönigs in Gebrauch war, als man als Parfumeur mit wenigen Zutaten auskommen musste. Nun ja. Aus meiner Sicht "richtig" daran ist, dass Zitrisches wohl schon damals seinen festen Platz in derartigen Colognes hatte und dass, auch wenn ich den berühmten Roman von Süskind nicht gelesen habe, man annehmen darf, dass die alten Parfumeure auch allerlei "bedrohliches" Zeug in ihre Kreationen gemischt haben: Die werden nicht immer nur nach Quietscheentchen gerochen haben. Andererseits würde ich Zweifel anmelden, ob im 17./18. Jahrhundert Vetiver und Ylang-Ylang zum Werkzeugkasten europäischer Duftkünstler gehört hat, und vor allem würde ich sagen, dass ein zitrischer Duft, der noch nach 6 Stunden deutlich als zitrisch zu erkennen ist, bestimmt nicht ohne moderne Chemie funktioniert - was ich nicht verdamme, was aber jedenfalls wohl nicht im strengen Sinne "authentisch Grand Siecle" ist.
9 Antworten