Ein Hunderter oder ein Zwanziger? Medizinamber oder Sakralamber? Lecker oder Kehle zuschnürend? Schön dunkel oder unheimlich finster? Und was um Himmels Willen ist eine VanilleBOHNE? (EDIT: In der mittlerweile korrigierten Pyramide stand zuerst was von "Vanillebohne" *g*)
Fragen über Fragen, die Amber Absolute auf meine Haut mitbringt. Und ich finde, glaube ich, halbwegs gute Antworten… außer auf die letzte Frage. Es ist jeweils beides:
Zuerst viel zu viel des Guten, heftige Arzneiassoziationen teile ich mit Sumi (Thanx für die Probe!), ein übertriebenes Ergehen in Düsternis ohne den zartesten Lichtschimmer. Dieses lustvolle, grenzenlose Weiden am Heftigen, das Auskosten bis zum Letzten bringt durchaus Spaß für Amber-affine Nasen. Dieses Durchbuchstabieren des dunklen Amberpotenzials ist reizvoll, wenn man alle Arten des weichen, süßen, luftigen, hellen und/oder sinnlichen Ambers schon durchgerochen hat und hier von einer bekannten Note in extremer Inszenierung überrascht wird. Die Hölzer sind regennass und unkrautumwuchert, bringen einen sehr krautigen Akzent mit, eine medizinische Schärfe und ordentlich riechbare Alkoholprozente treiben diesen Amber auf die Spitze. Ja, er ist „absolute“. Und, wie gesagt, zu viel. Meine Nase ist sehr, sehr Amber-affin, aber es wird selbst mir zu heftig.
Wenn sich das ganze ein wenig beruhigt hat, wird es weicher, ein kleines Licht am Ende des langen, finsteren Tunnels wird sichtbar. Jetzt kommt der Weihrauch und neben und mit ihm das Labdanum auf. Ab dem Punkt, wo das Nerven strapazierende, fast gewaltsam auftretende Absolute zurück tritt, wird der Duft stimmig und schön. Die Duftentwicklung besteht nur aus diesem einen Schritt, was wohl, wie "Münchner" bemerkt, daran liegt, dass bereits im Kopf klassische Basisnoten wirken: Vom wilden, unbändigen (kaum erträglichen) Toben zur Leinenführigkeit des Ambers. Wenn sich diese sakrale, befriedete, gar heilsam wirkende Besänftigung ausgebreitet hat, wird eine schöne Vanille riechbar, die noch mehr matten Lichtschein bringt.
Am Anfang zu provokant, zu pointiert (möchtegern übervoll oder gelungen auf die Spitze getrieben…?), dann ab der mittleren Herzentwicklung reich, warm, dunkel und sehr angenehm. Scharfes Aufbrausen, das sich nach etwas Raserei an der Kante wieder eingliedert und tragen lässt.
Für mich etwas zu lange am Rasen, um auf die schöne Tragbarkeit zu warten.
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EDIT, ein 3/4 Tag später: Hmm... das, was nach der Raserei bleibt, ist wunderschön. Null Medzin-Kraut-Heftigkeit, dafür warmweiche Ambersanftheit mit Rauch und einem Schuss Honig. Ich korrigiere meine Bewertung (70 -> 80) und denke drüber nach, ob sich das Abwarten der Anfangsphase nicht doch lohnt für mich.
nochmal EDIT: 2. Test, zurück zu den 70 Prozent. Der ist einfach zu hart für mich. Ich bin zu weich.