13.04.2018 - 05:29 Uhr
Maxi3000
19 Rezensionen
Maxi3000
Top Rezension
47
Mama hat 'nen Neuen
Zunächst einmal eine eher unerfreuliche Nachricht: meine Parfumsucht hat ein neues, ungeahntes Level erreicht. Habe ich bisher noch immer brav darauf gewartet bis ein neuer Duft in deutschen Parfumerien angeboten wurde, befiel mich die Sehnsucht nach dem ersten komplett neuen Herren-Mugler seit 22 Jahren so stark, dass ich meine Fühler erstmals ins EU-Ausland ausstreckte und mir das Objekt der Begierde noch vor dem Deutschlandrelease importieren musste. Einen dicken Schmatzer auf die Wange an dieser Stelle an die Parfumos GlamourAngel und Exhale, die im Forum heiße Tipps geliefert haben, wo man ihn schon bekommen könnte. Dankeschön!
Aber warum dieser ganze Leidensdruck? Erstens ist „A*Men“, Muglers erster für Herren, einer meiner absoluten Lieblingsdüfte aller Zeiten: Teer, Gummi, Zuckerwatte, feuchte Erde, ein Tropfen Raubkatzenpipi und noch viel viel mehr - unfassbar genial, sehr gewagt, polarisierend, ein großer Duft, ein moderner Klassiker, der nie ganz die Anerkennung erhalten hat, die er verdient hätte. Zweitens war ich schon immer ein heimlicher „Alien“-Bewunderer – das Original für die Damen ist eine divenhafte Jasmin-Sirene, manchmal schrill, manchmal nervig, aber nie egal. Dass ihn zu viele Damen in zu hoher Dosis tragen, dafür kann der Duft (analog zum Gaultier-Matrosen für Herren) nichts, trägt aber zu seinem allgemeinen Verruf bei. Und das jetzt auch für uns Herren? Ein Traum!
Jedenfalls: Mama Alien hat endlich einen Neuen! Musste sie sich bisher alleine um ihre zahlreichen Abkömmlinge kümmern, die mit ihr im Regal stehen, hat man sich endlich erbarmt und ihr einen männlichen Begleiter an die Seite gestellt. Der neue Macker macht rein optisch einen soliden Eindruck: breite Schultern, schweres, getöntes Glas, klare Linien, kaum Verzierungen oder sonstiger Klimbim. Ist ok so, liegt auch ganz gut in der Hand, ist aber für einen Mugler ein erstaunlich schmuckloser und reduzierter Flakon und sorgt beim Auspacken für eine kurze Schrecksekunde: die werden uns doch nicht einen olfaktorischen Bausparer untergejubelt haben? Ausgerechnet Mugler, die Meister des Üppig-Überladenen und Provokativen?
Die Kopfnote nach dem Aufsprühen sorgt für erste Erleichterung: keine faden zitrischen Kinkerlitzchen, keine Duschgel-Aquatik, sondern ein interessanter grün-blumiger Auftakt. Osmanthus und Dill? Ich werde beim nächsten Marktbesuch mal am frischen Dill riechen und schauen, ob dass die grüne Note ist, die ich zu Beginn zu erschnuppern vermag.
Nach einigen Minuten fängt „Alien Man“ an, sehr bekannt zu riechen – und zwar wie sein reicher Onkel „Cuir Impertinent“ aus der „Les Exceptions“-Reihe, mit der Mugler auch die zahlungskräftige Kundschaft im Premium-Bereich erreichen will: viel weiches Leder, dazu eine Sternanis-Note und auch hier werden noch ein paar grün-pflanzliche Tupfer spendiert. Stellenweise ist die Ähnlichkeit extrem frappant ... scheint der Nischen-Mugler wohl doch keine so große „Exception“ mehr zu sein?
Bevor man sich rechtzeitig darüber echauffieren kann („Alter Wein in neuen Schläuchen“ und so...) nimmt das Leder des Männer-Aliens nach einer Stunde eine Abzweigung Richtung lakritzig-likörig, auch eine rauchige Nuance funkt immer mal wieder rein. Allerdings für mein Empfinden kein Holzrauch (schon gar kein Buchenholz) – eher ein wenig dieses verdampfte Nebelfluid, dass in Diskotheken und Clubs auf dem Dancefloor bzw. in trashigen Filmen eingesetzt wird, wenn das Alien-Raumschiff landet. Wer empfindlich gegenüber Synthetik ist, wird wohl spätestens jetzt wie in selbigen Filmen schreiend das Weite suchen. Ich persönlich finde es schick, es gibt dem Duft einen spacigen, wabernden Touch, der ja zum „Gesamtkunstwerk“ passt. Am Schluss klingt der Mugler mit Holz und Rauch, leicht ambriert, aus.
Wem „A*Men“ immer zu zahnwehsüß, zu divenhaft und ausladend war, darf hier ruhig einen Test riskieren: „Alien Man“ ist deutlich zahmer, unsüßer und maskuliner angelegt – das bedeutet nicht, dass er kein Unisex-Potential hätte, ich kann mir sogar vorstellen, dass er auch einer Frau super stehen könnte. Die Haltbarkeit ist überdurchschnittlich (auf meiner Haut sind 9-10 Stunden drin), die Sillage – vor allem für einen Mugler – aber überraschend gering. Wer auf eine Sillage-Bombe wie „A*Men“ gehofft hat, wird eventuell etwas enttäuscht sein. Könnte aber auch am Zerstäuber liegen, der nicht unbedingt Fontänen versprüht, sondern eher einen kurzen, dünnen Strahl. Vorteil: man kann den Duft punktgenau auftragen. Nachteil: der Duft verteilt sich nicht so gut auf der Haut, und m.E. geht damit ein Stuck weit die Projektion flöten.
Gemessen an meinen riesigen Erwartungen bin ich nicht völlig von den Socken, aber von „Alien Man“ sehr angetan. Zum Einen weil ich „Cuir Impertinent“ immer super fand, er mir aber zu teuer war und ich happy bin, eine günstigere Alternative gefunden zu haben. Zum Anderen: der Junge hat durchaus Charakter. Nun ist er zwar keine bahnbrechende Innovation und wird nicht wie „A*Men“ das Herrenparfum revolutionieren, hat aber definitiv Wiedererkennungswert und begibt sich mit seinem sanft ledrig-rauchigen Typus auf einen Pfad, der im Mainstream-Segment aktuell noch nicht allzu ausgelatscht ist.
Deutlich weniger gefallsüchtig als viele andere aktuelle Neuerscheinungen im Herrensegment - keine Tonkabohne/Vanille, keine Organgenblüte, kein „frisch-würziges“ Gedöns – kein zu plumper und offensichtlicher „crowdpleaser“ und „compliment getter“ (furchtbare Begriffe!), sondern einfach ein sinnlich-schöner, ledriger, schwebender Orientale.
Mama Aliens Neuer is' ein Guter!
Aber warum dieser ganze Leidensdruck? Erstens ist „A*Men“, Muglers erster für Herren, einer meiner absoluten Lieblingsdüfte aller Zeiten: Teer, Gummi, Zuckerwatte, feuchte Erde, ein Tropfen Raubkatzenpipi und noch viel viel mehr - unfassbar genial, sehr gewagt, polarisierend, ein großer Duft, ein moderner Klassiker, der nie ganz die Anerkennung erhalten hat, die er verdient hätte. Zweitens war ich schon immer ein heimlicher „Alien“-Bewunderer – das Original für die Damen ist eine divenhafte Jasmin-Sirene, manchmal schrill, manchmal nervig, aber nie egal. Dass ihn zu viele Damen in zu hoher Dosis tragen, dafür kann der Duft (analog zum Gaultier-Matrosen für Herren) nichts, trägt aber zu seinem allgemeinen Verruf bei. Und das jetzt auch für uns Herren? Ein Traum!
Jedenfalls: Mama Alien hat endlich einen Neuen! Musste sie sich bisher alleine um ihre zahlreichen Abkömmlinge kümmern, die mit ihr im Regal stehen, hat man sich endlich erbarmt und ihr einen männlichen Begleiter an die Seite gestellt. Der neue Macker macht rein optisch einen soliden Eindruck: breite Schultern, schweres, getöntes Glas, klare Linien, kaum Verzierungen oder sonstiger Klimbim. Ist ok so, liegt auch ganz gut in der Hand, ist aber für einen Mugler ein erstaunlich schmuckloser und reduzierter Flakon und sorgt beim Auspacken für eine kurze Schrecksekunde: die werden uns doch nicht einen olfaktorischen Bausparer untergejubelt haben? Ausgerechnet Mugler, die Meister des Üppig-Überladenen und Provokativen?
Die Kopfnote nach dem Aufsprühen sorgt für erste Erleichterung: keine faden zitrischen Kinkerlitzchen, keine Duschgel-Aquatik, sondern ein interessanter grün-blumiger Auftakt. Osmanthus und Dill? Ich werde beim nächsten Marktbesuch mal am frischen Dill riechen und schauen, ob dass die grüne Note ist, die ich zu Beginn zu erschnuppern vermag.
Nach einigen Minuten fängt „Alien Man“ an, sehr bekannt zu riechen – und zwar wie sein reicher Onkel „Cuir Impertinent“ aus der „Les Exceptions“-Reihe, mit der Mugler auch die zahlungskräftige Kundschaft im Premium-Bereich erreichen will: viel weiches Leder, dazu eine Sternanis-Note und auch hier werden noch ein paar grün-pflanzliche Tupfer spendiert. Stellenweise ist die Ähnlichkeit extrem frappant ... scheint der Nischen-Mugler wohl doch keine so große „Exception“ mehr zu sein?
Bevor man sich rechtzeitig darüber echauffieren kann („Alter Wein in neuen Schläuchen“ und so...) nimmt das Leder des Männer-Aliens nach einer Stunde eine Abzweigung Richtung lakritzig-likörig, auch eine rauchige Nuance funkt immer mal wieder rein. Allerdings für mein Empfinden kein Holzrauch (schon gar kein Buchenholz) – eher ein wenig dieses verdampfte Nebelfluid, dass in Diskotheken und Clubs auf dem Dancefloor bzw. in trashigen Filmen eingesetzt wird, wenn das Alien-Raumschiff landet. Wer empfindlich gegenüber Synthetik ist, wird wohl spätestens jetzt wie in selbigen Filmen schreiend das Weite suchen. Ich persönlich finde es schick, es gibt dem Duft einen spacigen, wabernden Touch, der ja zum „Gesamtkunstwerk“ passt. Am Schluss klingt der Mugler mit Holz und Rauch, leicht ambriert, aus.
Wem „A*Men“ immer zu zahnwehsüß, zu divenhaft und ausladend war, darf hier ruhig einen Test riskieren: „Alien Man“ ist deutlich zahmer, unsüßer und maskuliner angelegt – das bedeutet nicht, dass er kein Unisex-Potential hätte, ich kann mir sogar vorstellen, dass er auch einer Frau super stehen könnte. Die Haltbarkeit ist überdurchschnittlich (auf meiner Haut sind 9-10 Stunden drin), die Sillage – vor allem für einen Mugler – aber überraschend gering. Wer auf eine Sillage-Bombe wie „A*Men“ gehofft hat, wird eventuell etwas enttäuscht sein. Könnte aber auch am Zerstäuber liegen, der nicht unbedingt Fontänen versprüht, sondern eher einen kurzen, dünnen Strahl. Vorteil: man kann den Duft punktgenau auftragen. Nachteil: der Duft verteilt sich nicht so gut auf der Haut, und m.E. geht damit ein Stuck weit die Projektion flöten.
Gemessen an meinen riesigen Erwartungen bin ich nicht völlig von den Socken, aber von „Alien Man“ sehr angetan. Zum Einen weil ich „Cuir Impertinent“ immer super fand, er mir aber zu teuer war und ich happy bin, eine günstigere Alternative gefunden zu haben. Zum Anderen: der Junge hat durchaus Charakter. Nun ist er zwar keine bahnbrechende Innovation und wird nicht wie „A*Men“ das Herrenparfum revolutionieren, hat aber definitiv Wiedererkennungswert und begibt sich mit seinem sanft ledrig-rauchigen Typus auf einen Pfad, der im Mainstream-Segment aktuell noch nicht allzu ausgelatscht ist.
Deutlich weniger gefallsüchtig als viele andere aktuelle Neuerscheinungen im Herrensegment - keine Tonkabohne/Vanille, keine Organgenblüte, kein „frisch-würziges“ Gedöns – kein zu plumper und offensichtlicher „crowdpleaser“ und „compliment getter“ (furchtbare Begriffe!), sondern einfach ein sinnlich-schöner, ledriger, schwebender Orientale.
Mama Aliens Neuer is' ein Guter!
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