8 Frauen, 8 Düfte

Die meisten werden es kennen, entweder aus dem Theater oder als Kinofilm, das berühmte Stück „Huit Femmes“ oder „8 Frauen“ von Robert Thomas. Es spielt im Frankreich der 50er Jahre und erinnert sehr an die Krimis von Agatha Christie:
Ein einsames Herrenhaus, durch einen plötzlichen Wintereinbruch mit starkem Schneefall von der Außenwelt abgeschnitten, eine Familie mit Bediensteten und natürlich ein Mord mit unbekanntem Täter. Ich selbst kenne nur die Verfilmung, die ich jedes Mal extrem genieße – tolle Schauspielerinnen, phantastische Kostüme und eingängige Gesangseinlagen, die mir in diesem Film ausnahmsweise sogar zusagen.
Gestern Nacht, ich hatte gerade einen Duft zum Schlafengehen aufgesprüht, kam mir plötzlich der Gedanke, dass dieses Parfüm doch perfekt zu einer der Damen in „8 Frauen“ passen würde. Die Idee gefiel mir und ich malte mir aus, was jede der Mordverdächtigen wohl für einen Duft im Boudoir stehen haben mochte. Einschränkend dabei war nur die Zeit, in der das Stück spielt: Er musste in den 1950er Jahren erhältlich gewesen sein.
Schauen wir uns die einzelnen Damen an:

Gaby – Catherine Deneuve
Gaby ist die attraktive Gattin des Mordopfers Marcel. Blond, etwas unterkühlt, elegant-konservativ gekleidet und ultimativ französisch. Die Trauer über den Tod ihres Mannes hält sich sehr in Grenzen – kein Wunder, hatte sie doch eine Affäre mit dessen Geschäftspartner Jacques und plante, ihn zu verlassen. Ihr Duft:
natürlich N°5 Parfum, der Inbegriff französisch-konservativer Eleganz.
Gaby - Toi Jamais

Augustine – Isabelle Huppert
Augustine ist, anders als Gaby, auf den ersten Blick komplett unscheinbar und versteckt sich in wenig schmeichelhafter Kleidung. Sie wirkt trocken, streng und bösartig und ist heimlich in Marcel verliebt. Ihre Leidenschaft zeigt sich nur in schnulzigen Liebesromanen, die sie jedoch leugnet, zu lesen. Doch plötzlich macht sie eine Metamorphose durch: Sie schlüpft in ein elegantes Kleid von Gaby, öffnet ihren biederen Haarknoten und gibt sich fortan lasziv und weiblich. Ihr Duft müssen zwei Düfte sein. Die strenge, biedere Augustine trug (wenn überhaupt) Ma Griffe (1946) Eau de Toilette, einen unsüßen Chypre aus den 40ern, nicht ganz leicht zu verdauen, aber charaktervoll und nie langweilig.
Die „neue“ Augustine schlüpft nicht nur in ein Kleid von Gaby, nein, sie stibitzt auch in Schwesternmanier deren Chypreduft Femme (1945) Parfum. Fruchtiger und blumiger als Ma Griffe, eine gewürzte Verwandte von Mitsouko.
Augustine

Mamy – Danielle Darrieux
Wie die Bezeichnung „Mamy“ schon sagt, ist sie die Mutter von Augustine und Gaby. Ihr richtiger Name wird nie erwähnt. Sie simuliert eine Gehbehinderung und hat ein Alkoholproblem. Im Laufe des Filmes kommt ans Licht, dass sie den Vater Gabys und Augustines ermordete, da sie ihn einfach „nicht riechen“ konnte, obwohl er sich hingebungsvoll um sie kümmerte. Die oberflächlich liebenswürdige, aber tatsächlich ziemlich verschrobene Mamy trug möglicherweise Narcisse Noir (1911) Extrait, ein Duft aus der Jugend Mamys, den Theda Bara, der erste „Vamp“, getragen haben soll.
Mamy - Il n'y a pas d'amour heureux

Pierette – Fanny Ardant
Meine persönliche Lieblingsfigur in 8 Frauen, in ihrer sanft-lasziven Sprechweise perfekt synchronisiert von Hannelore Elsner. Sie ist die Schwester von Mordopfer Marcel und schneit buchstäblich nach dessen Auffindung ins Haus. Sie ist ein freier, heißblütiger und unabhängiger Mensch und hat keine Berührungsängste mit ihren Leidenschaften. Es wird angedeutet, dass sie ihren Lebensunterhalt damit verdient, mit Männern gegen Bezahlung zu schlafen. Im Laufe des Films kommt eine Affäre mit einer der 8 Frauen ans Licht und sie verwickelt sich nach einem Streit in eine stürmische Liebesszene mit Gaby. Ihr Duft: Shalimar Extrait. So rochen die bösen Mädchen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Wobei für mich die Szene, in der sie sich a la Rita Hayworth der Handschuhe entledigt, sehr nach Habanita (1924) Eau de Toilette riecht:
Der Striptease von Pierette

Madame Chanel – Firmine Richard
Die Nanny. Sie zog die beiden Töchter von Gaby und Marcel auf und ist die gute Seele des Hauses. Aber auch sie trägt ein Geheimnis mit sich herum: sie ist verliebt in Pierette, mit der sie sich regelmäßig, auch in der Mordnacht, zum „Kartenspielen“ trifft. Ihre unerfüllten Wünsche und ihre Angst vor der Einsamkeit kommen in ihrem Stück „Pour ne pas vivre seul“ zum Ausdruck. Ihr Duft: L'Heure Bleue Extrait gilt wie auch Apres l'ondee als die Versinnbildlichung von Sentimentalität, Romantik und vielleicht Traurigkeit.
Madame Chanel - Pour ne pas vivre seul

Louise - Emmanuelle Béart
Die sexy Haushälterin in Zimmermädchen-Uniform. Sie nimmt Gaby die „ehelichen Pflichten“ ab wie sie es nennt und ist somit gleichzeitig deren Konkurrentin und Untergebene. Sie ist es, die in Augustine den Wandel vom hässlichen Entlein zum strahlenden Schwan hervorruft. Ihr Duft: Fracas Parfum, eine laute Tuberose und Lärm in den Ohren Gabys.
Louise - Pile ou face

Suzon - Virginie Ledoyen
Suzon ist die älteste Tocher von Gaby und kehrt am Tag vor der Ermordung ihres Vaters zurück nach Hause mit der Nachricht ihrer Schwangerschaft. Im Laufe der Handlung kommt die schreckliche Wahrheit über den tatsächlichen Vater ihres Babys ans Licht. Ihr Duft: L'Air du Temps Parfum, ein nettes, friedliches Parfüm aus der Nachkriegszeit mit schöner pudriger Nelkennote.
Suzon und Catherine - Mon amour, mon ami

Catherine - Ludivine Sagnier
Jüngste Tochter von Gaby und Marcel, ist aufgeweckt, wissbegierig und fasziniert von Kriminalgeschichten. Sie spielt eine Schlüsselrolle im Film und versucht, den Mord aufzudecken. Ihr Duft: Diorissimo (1956) Parfum, ein frisches, strahlendes Maiglöckchen und brandneu zum Zeitpunkt der Handlung.
Catherine - Papa t'es plus dans l'coup

Dieses Gedankenspiel hat mir extrem viel Freude bereitet. Seid ihr einverstanden mit der Parfümwahl oder fällt euch noch etwas Passenderes ein?