Die Parfümsammlungen der ältesten Stars, Teil 2
Nun geht er endlich weiter, der Blog über die ältesten Prominenten und ihre Düfte. Nachdem zu Teil eins so viele Rückmeldungen kamen, war auch ein gewisser Druck da, endlich den zweiten Teil zu liefern. Die vielen netten Antworten kamen sehr gelegen: Momentan möchte ich mich neben dem Studium als Grafiker selbstständig machen, um meine Zeit flexibler einteilen zu können. Da mit diesem Schritt jede Menge Herausforderungen einhergehen, waren etwas Ablenkung und eure positiven Reaktionen mehr als willkommen. Und was für Reaktionen das waren! Eine Parfuma steuerte eine Insider-Info bei, da sie von der Arbeit eine der Damen kannte: Sie wusste, dass „Manni“ Sayn-Wittgenstein-Sayn in den Neunzigern reichlich Roma von Laura Biagiotti aufgesprüht hatte. Ein anderer Parfumo meldete sich per persönlicher Nachricht und erzählte, wie er auf einem Filmfestival Arlene Dahl begegnet war.
Nun folgen also die nächst jüngeren Promis und wir bewegen uns von den Geburtsjahren in die späten 20er und frühen 30er Jahre. Wie auch in Teil eins ist die Mehrheit der duftenden Stars weiblich, was den Unterschieden in der Lebenserwartung dieser Generationen geschuldet ist – es sind schlicht mehr Damen als Herren übrig. Umso schöner ist es deshalb, dass wir gleich mit einem Mann beginnen können!
Harry Belafonte (*1927, 93 Jahre alt)
Den “King of Calypso” dürften die meisten kennen. Wenn nicht vom Namen, dann von seinen Songs, die in den Oldiesendern mit der 1 im Namen nach wie vor gespielt werden. “Day-o, daaayyyy-o. Daylight come and me wanna go home…“. Das ist er.
Leider war nicht direkt herauszufinden, was der Sänger und Schauspieler an Düften trägt. Aber das ist nicht weiter tragisch, denn er hatte prominente Freunde, deren Düfte man kennt. Freunde waren vor YouTube und Parfumo die wichtigsten Inspirationsquellen, wenn es darum ging, welches Parfüm man sich zulegen oder schenken lassen wollte. Vom Schauspielunterricht kannte Harry Belafonte niemand geringeren als Marlon Brando. Und Brandos Duftgeschmack ist perfekt dokumentiert. So hatte er neben Monsieur de Givenchy (1959) hauptsächlich ein Faible für Damendüfte: Es ist zu lesen, dass er den Klassiker N°5 von Chanel mochte und Rita Moreno (die Anita aus West Side Story) berichtet, dass er Vent Vert von Balmain trug. Es könnte also gut sein, dass sich die beiden über Parfum ausgetauscht haben und Harry den einen oder anderen von Marlons Düften selbst im Schrank hat. Zudem finde ich, dass zu seiner sonnigen Musik ein luftig-zimtiges Kölnischwasser wie das Florida Water Cologne perfekt passen würde.
Belafonte war übrigens schon immer sehr engagiert, wenn es um die Gleichbehandlung von weißen und nicht-weißen Menschen in den USA ging. Wie frustrierend es sein muss, dass das Thema viele Jahrzehnte später immer noch nicht an Relevanz verloren hat.
Gina Lollobrigida (*1927, 93 Jahre alt)
Luigina Lollobrigida, die „Miss Italia 1947“, hatte ursprünglich Malerei und Bildhauerei gelernt und rutschte über diverse Schönheitswettbewerbe in die Schauspielerei. Nach kleineren Theater- und Filmrollen Ende der 40er startete sie in den 50ern voll durch und wurde zu einer der bekanntesten europäischen Schauspielerinnen der Nachkriegsjahrzehnte. Ginas Image war das, was man damals eine „Sexbombe“ nannte. Als es mit den Filmen nicht mehr richtig lief, schaffte sie es, ein zweites Standbein aufzubauen und machte sich einen Namen als Fotojournalistin. Bekannt ist sie vor allem für ihr Interview mit Fidel Castro und ihre Portraits von Dalí, Ella Fitzgerald, Audrey Hepburn und der deutschen Fußballnationalmannschaft der Herren. Im Gegensatz zu Harry Belafonte weiß man bei Gina Lollobrigida genau, welche Düfte sie gerne trägt. Beide sind orientalisch, warm und pudrig: Guerlains Shalimar und Tabu von Dana. Gina Lollobrigida hat eine Wohnung in Rom und eine Villa in Monaco, beides Städte, in denen es sehr heiß wird im Sommer. Daher könnte ich mir vorstellen, dass sie dann zu leichterer Kost greift, zum Beispiel zu einem uritalienischen Frischling wie dem Acqua di Sicilia von Santa Maria Novella.
Nadja Tiller (*1929, 91 Jahre alt)
Von Miss Italia 1947 kommen wir nun zu Miss Austria 1949. Nadja Tiller ist gebürtige Wienerin und die erste von drei Figuren des deutschsprachigen Nachkriegsfilms in diesem Artikel. Ihr damaliges Image war dem von Gina Lollobrigida nicht unähnlich, nur eben heruntergedimmt auf D-A-CH-Verhältnisse. Es zeigt sich beispielsweise in „Das Mädchen Rosemarie“ von 1958, in dem sie die Edelprostituierte Rosemarie Nitribitt spielt, die in einen Fall von Industriespionage verwickelt und schließlich ermordet wird. Der Film basiert auf einer wahren Geschichte, soll aber wenig mit den tatsächlichen Begebenheiten zu tun haben. Dennoch sorgte er für einen Skandal in Biederdeutschland und man war besorgt über das schlechte Licht, das der Film auf die Nation werfen würde.
Im Gegensatz zu jener von Sig. ra Lollobrigida weiß man nichts über die Duftgarderobe von Nadja Tiller, es ist also wieder Spekulation angesagt. Als gutaussehende junge Frau könnte Nadja Tiller eine bekanntere Schauspielerin mit ähnlichen Attributen zum Vorbild auserkoren haben: Brigitte Bardot zum Beispiel, die wegen ihrer Nähe zum Front National hier keinen eigenen Abschnitt bekommt. Bardot scheint ein Fan der Arbeit von Germaine Cellier zu sein, denn sie trägt bekanntermaßen die Tuberosenbombe Fracas von Piguet und, wie Marlon Brando, den grasgrünen Vent Vert von Balmain. Zwei Düfte, die auch Nadja Tiller stehen würden. Außerhalb der roten Teppiche greift Nadja Tiller vielleicht zu einem Drogerieduft ihrer Jugend, dem orientalisch-würzigen Meisterwerk Shahi von 4711.
Liselotte „Lilo“ Pulver (*1929, 90 Jahre alt)
Vor ein paar Jahren habe ich von meinen Eltern einen dicken Wälzer bekommen, der anlässlich des 50. Geburtstags der BRAVO veröffentlicht wurde und alle Titelseiten zwischen 1956 und 2006 zeigt. In den frühen Ausgaben gibt es eine Reihe von Namen, die sich von Woche zu Woche wiederholen: Liselotte Pulver, Freddy Quinn, Sonja Ziemann, Liselotte Pulver, Freddy Quinn, Sonja Ziemann, Liselotte Pulver, Freddy Quinn, Sonja Ziemann,… Und wer ist nun diese Liselotte Pulver? Lilo ist Schweizerin und war in den späten 40ern ausnahmsweise nicht Miss Switzerland, dafür aber Model. Eine unglückliche Liebe soll sie dazu inspiriert haben, zur Schauspielerei zu wechseln – mit Erfolg. Sie war der Liebling zahlreicher, aus heutiger Sicht furchtbar kitschiger Filme wie „Ich denke oft an Piroschka“, „Züricher Verlobung“ und „Das Wirtshaus im Spessart“. Die nächste Generation lernte die Frau mit dem ansteckenden Lachen dann in den späten 70ern kennen, als sie eine Rolle in der Sesamstraße bekam. Und wie duftet Liselotte Pulver? Wie bei Nadja Tiller gibt es keine Information darüber, aber wenigstens ein Anhaltspunkt lässt sich finden: In den 50ern machte Lilo Werbung für das „Happy End Make-Up“ der Marke Riz Köln. Riz Köln stellte aber nicht nur Schminke her, sondern auch Parfums wie das Eau de Cologne, das sie als deren Werbegesicht garantiert schon in den Händen und vielleicht auch im Badezimmerschrank hatte. Für festliche Anlässe, die es in ihrem Leben sicher genug gab und gibt, greift sie vielleicht zu Givenchy‘s Le De, der kleinen, floral-leichten Schwester von L’Interdit. Heutzutage sehe ich noch einen anderen Duft an ihr: Mich erinnert sie irgendwie an ein kleines, freches Vögelchen, das im Garten fröhlich durch die Blumen hopst. Zu diesem Bild passt natürlich ein Duft aus Guerlains Aqua Allegoria Reihe, zum Beispiel Teazzurra.
Sir Thomas Sean Connery (*1930, 90 Jahre alt) EDIT: Sean Connery ist mittlerweile gestorben, am 31. Oktober 2020
Ihn dürfte ausnahmslos jeder kennen, den James Bond-Darsteller der 60er Jahre. Bevor der gebürtige Schotte als solcher über die Leinwand schoss, ermittelte und küsste, war er Bodybuilder: Schottischer Bodybuilding Meister 1950 und dritter beim Mister Universe Contest, ebenfalls 1950. Und was trägt nun ein Mann wie Sean Connery? Seine beiden Signaturdüfte passen weniger zu seiner Vergangenheit als Bodybuilder als zu seinem Bond-Image: Er trägt den Herrenklassiker schlechthin, das pudrig-ledrig-orientalische Habit Rouge von Guerlain, das auch meine Wahl für die hypothetische „einsame Insel“ wäre. Überraschender kommt sein zweiter Duft, mit dem er Guerlain treu bleibt: Jicky, der animalische Würzlavendel von 1889. Wie schon Marlon Brando scheint auch Sean Connery keine Berührungsängste mit Damendüften zu haben. Ein richtiger Parfumo!
Carmen Dell’Orefice (*1931, 89 Jahre alt)
In Teil eins hatten wir das Vergnügen mit Iris Apfel, der Yatagan-Trägerin. Die Dame mit der längsten Modelkarriere ist, wie Iris, New Yorkerin und wurde ebenfalls einem breiten internationalen Publikum durch die sozialen Medien bekannt. Es ist kaum zu fassen, doch das Model geht tatsächlich auf die 90 zu, was man nur bemerkt, wenn sie etwas unsicher über die Laufstege schreitet. Dass sie mit chirurgischen Eingriffen ihr Aussehen konserviert, verheimlicht sie nicht. Schließlich wäre ihr Gesicht ihr Kapital als Model, was man kaum bestreiten kann. Ebenso offen ist sie bezüglich ihres Parfüms: Sie trägt das ledrige Bandit von Robert Piguet, einer Marke, die unter den älteren Stars große Popularität zu genießen scheint. Da ein erfolgreiches Model wohl kaum nur ein einziges Düftchen besitzen dürfte, ist hier Raum für Phantasie: Welchen Duft seht ihr noch an Carmen? Ich könnte mir Portrait of a Lady gut vorstellen.
Dame Joan Henrietta Collins, DBE (*1933, 87 Jahre alt)
Ich weiß nicht, wie es euch geht. Aber wenn ich an Joan Collins denke, assoziiere ich sie mit Dynasty, mit atemberaubenden Outfits, mit dem spitzen Akzent der englischen Upper Class, mit der Folge der „Nanny“, in der sie als Maxwells jugendliche (!!!) Stiefmama auftrat. Aber nicht mit Hollywood in den 50ern. Dabei stammt Joan Collins aus der Liz Taylor-Generation und war Schauspielkollegin von Marilyn Monroe und Konsorten. Wenn sie heute interviewt wird, plaudert sie am liebsten aus dem Nähkästchen über diese Zeit und wie ihr Marilyn in großer-Schwestern-Manier Tipps gegeben hat. So erfolgreich wie in den 80ern als Alexis Carrington war sie zuvor jedoch nie und sie spielte in allen möglichen Filmen mit, um sich über Wasser zu halten. Ihre Duftgarderobe ist gut dokumentiert: Wie Gina Lollobrigida ist Joan Shalimar-Trägerin. Das Haus Guerlain scheint es ihr angetan zu haben, denn bei ihr findet man ebenfalls Jicky wie bei Sean Connery. Parfümtechnisch ist sie in einer äußerst glücklichen Lage, hat sie doch ihre eigene Marke mit Düften wie Spectacular aus den 80ern und das relativ neue I am Woman. Seit heute weiß ich auch, dass Joan in der britischen Politik Margaret Thatcher und den Brexit unterstützt hat – scheinbar ist nicht einmal sie perfekt.
Johanna von Koczian (*1933, 86 Jahre alt)
„Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt mein Mann. Das bisschen Haushalt kann so schlimm nicht sein, sagt mein Mann…“ Für diesen vorsichtig feministischen Schlager aus den 70ern dürften die Meisten Johanna von Koczian kennen. Sie singt allerdings nicht nur, sondern spielt hauptsächlich Theater, synchronisiert Filme (Stimme von Liz Taylor) und ist Musicaldarstellerin seit 1950 - wo sie dann wohl doch auch singt. Ich habe sie aber für eine bestimmte Rolle ins Herz geschlossen: Im Weihnachtsfilm „Single Bells“ und dem Nachfolger „Oh Palmenbaum“ verkörpert sie die glamouröse Oma Lilibeth als Gegenpart zur hausbackenen Omama Mitzerl, genial gespielt von Inge Konradi. Was wie seichtes Kinderfernsehen klingt, sind zwei Filme voller zwischenmenschlicher Spannungen und beißendem, österreichischem Humor. In Single Bells kommt am Ende einer Szene ein Parfüm zum Einsatz: Lilibeth sprüht es großzügig auf, während die Familie ihre Berge von Gepäck ins Gästezimmer schleppen muss. Ich konnte es nicht erkennen, aber einige Parfumas hier im Forum haben den Flakon erfolgreich identifiziert: Es ist Champagne/Yvresse von YvesSaintLaurent, das schon allein vom Namen wie die Faust aufs Auge zur Rolle passt. Und warum sollte sie ihn nicht auch im echten Leben tragen. Genauso könnte ich mir vorstellen, dass sie eine waschechte Chanelle ist und die ganze Bandbreite von N°5 bis Coco im Badezimmer stehen hat. Als junge Schauspielerin trug sie vielleicht etwas erschwinglicheres wie „Nonchalance“ von Mäurer und Wirtz, das damals noch ein traumhafter Rosenchypre war.
Sophia Loren (*1934, 85 Jahre alt)
La Loren (Betonung auf dem Lo-, bitte) darf hier natürlich nicht fehlen. Wie Gina Lollobrigida war Sophia, die aus ärmlichen Verhältnissen stammt, eine der ganz Großen im europäischen Nachkriegsfilm und ist nach wie vor der Stolz Italiens. Auch in Deutschland findet man kaum eine Pizzeria oder Trattoria, in der nicht in irgendeiner Ecke ein Foto der Diva hängt. Was uns zu ihrem Duft bringt: La Loren trägt Diva von Ungaro (was auch sonst), den blumig-würzigen Kracher der 80er, der mittlerweile etwas heruntergedimmt wurde. Da eine Filmlegende wohl kaum nur ein einziges Parfüm besitzt, hat sie für die Sommertage zuhause in Neapel vielleicht das klassische Colonia von Acqua di Parma.
Dame Judith Olivia Dench CH DBE FRSA (*1934, 85 Jahre alt)
Judi Dench ist als “M” in James Bond sozusagen eine Kollegin von Sean Connery und die zweite hier mit dem Titel der „Dame of the British Empire“. Die Schauspielerin mit den kurzen Haaren kann aber viel mehr als nur in der Bondschen Zentrale toughe Befehle zu geben. Meine Lieblingsrolle ist die der Evelyn Greenslade in „The Best Exotic Marigold Hotel“, in der eine verwitwete Hausfrau zusammen mit einem ganzen Stall weiterer Rentner nach Indien in ein baufälliges Hotel/Altersheim zieht. Von Judi Dench weiß man, dass sie einen Duft namens „Brandy“ tragen soll, bei dem es sich möglicherweise um jenen von Brandy Parfums handelt. Wenn man sich ihr Foto aus den 60ern mit dem lustigen Beret ansieht, kann ich mir gut vorstellen, wie sie mit einer Horde stylischer Beatnik-Freunde durch die Staßen von London zieht. Dazu würde das ledrige Cabochard von Gres oder die würzige Quadrille von Balenciaga super passen.
Dame Margaret Natalie Smith, CH DBE (*1934, 85 Jahre alt)
Nach Joan Collins und Judi Dench haben wir hier die dritte Dame of the British Empire – Maggie Smith. Sie ist mit die aktivste Arbeitsbiene im Artikel, da man nach wie vor neue Filme von ihr sieht. Den meisten von uns dürfte sie als Professor McGonagall aus den Harry Potter Filmen oder als Violet Crawley aus „Downton Abbey“ bekannt sein. Meine liebste Maggie-Rolle ist die der Miss Bowers (einen Vornamen hat sie nicht, die arme) in „Tod auf dem Nil“, wo sie die verbitterte Zofe von Marie van Schuyler (Bette Davis) spielt. Dieses Jahr kommt übrigens eine Neufassung dieses Films heraus mit Dawn French und Jennifer Saunders in den Rollen von Bowers und van Schuyler, ich bin schon sehr gespannt.
Was Maggie Smith parfümtechnisch trägt, weiß man. Es ist Madeleine de Madeleine von Madeleine Mono, ein Duft aus den späten 70ern, den hier auf Parfumo noch niemand besitzt. Was Maggie als Gesicht von Minerva McGonagall unbedingt noch tragen müsste, ist Spellbound von Estee Lauder oder wenigstens Magie Noire von Lancome, obwohl sie es mit der schwarzen Magie ja nicht so hat.
Und damit ist der Streifzug durch die Parfümsammlungen der ältesten Promis zu Ende. Bestimmt waren viele Stars nicht dabei, von denen ihr wisst, was sie tragen oder es euch vorstellen könnt. Erzählt davon gerne in den Kommentaren!