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Von Parfumo empfohlener Artikel
vor 3 Monaten - 18.01.2024
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The Beat goes on: 10 Düfte für Cher I Parfums und Songs

The Beat goes on: 10 Düfte für Cher I Parfums und Songs

Viele werden ihn gesehen haben, Gottschalk im Dezember. In der letzten Ausgabe von "Wetten, dass ...?" saßen wie immer die Stars und Sternchen auf der langen Couch. Mit den einen verstand er sich mehr, mit den anderen weniger. Unter seinen Lieblingen war eine Sängerin, die sogar noch häufiger auf Abschiedstournee gewesen war als Tommy “letzte” Wettsendungen moderiert hatte. Cher hatte das Zweite Deutsche Fernsehen beehrt! Irgendwann war die Show dann vorbei und nach einer Abschiedsrede voller “Man darf ja nicht mehr sagen, was man denkt”, war ich auch nicht direkt traurig darüber.
Doch ein Gutes hatte das Ganze: Eine große Künstlerin war wieder in meine Erinnerung gerückt. Zwar war DJ play a Christmas Song nicht mein musikalisches Highlight des Jahres, doch es weckte die Lust, mich wieder mit Cher zu beschäftigen.
Als Kind der 90er war sie zum ersten Mal 1998 mit dem Album “Believe” in mein Leben getreten. Mit 7 fand ich sie gruselig wegen ihrer tiefen Stimme, den Musikvideos voller greller Lichter und dem optischen Auftreten, das ich nicht einordnen konnte. Aussagen von Erwachsenen wie “Wer so viel Stimmverzerrer braucht, kann garantiert nicht singen” und Fernsehberichte über ihre Schönheitsoperationen taten ihr Übriges. Es gibt sogar ein Foto von mir als Kind mit zwei Bällen unter dem Pulli und einem Handtuch als Perücke. Damals hatten mein Bruder und ich uns quasi in Drag über ihr Aussehen lustig gemacht, auch wenn ich das heute lieber zur Hommage verklären würde. Ihre Songs wie All or Nothing und Believe fand ich aber super und ich erinnere mich immer noch gerne daran zurück.
Einige Zeit war Cher dann vergessen, bis Mitte der 2000er als junger Teenie mein Musikinteresse erwachte. In der Bücherei im Nachbarort lieh ich deshalb ständig CDs aus. Oft waren es solche, die die angeblich besten Songs eines bestimmten Jahrzehnts oder eines Genres zusammenfassten. Dabei entdeckte ich auch Cher wieder. Weil ich sie nur als die Sängerin mit der Elektrostimme kannte, war ich komplett überrascht von allem, was ich aus ihren früheren Schaffensphasen fand. Das schüchterne Hippie-Mädel aus den 60ern, die glitzernde Diva aus den 70ern und die Rockröhre aus den 80ern passten so gar nicht in das künstliche Zerrbild von ihr, das mir als Kind vermittelt worden war.
Dann war wieder einige Jahre Schluss, bis mir im Internetz viele lustige Cher-Parodien des britischen Comedy-Duos French & Saunders und von Drag-Artists begegneten. Und jetzt eben Tommy Gottschalk.

Da es mir sehr viel Spaß macht, das Thema Duft mit weiteren schönen Dingen zu verbinden, möchte ich in diesem Blogbeitrag zwei Handvoll Songs von Cher mit passenden Parfums kombinieren. Sie sollen ein ähnliches Gefühl vermitteln, nur eben olfaktorisch statt hörbar. Die Reihenfolge ist chronologisch, endet aber mit meinem absoluten Lieblingssong, der von der zeitlichen Abfolge ausgenommen ist.
Ich versuche jeden Song zu verlinken, auch alle, die nur nebenbei erwähnt werden. Dann könnt ihr alles direkt anhören.

1. The Beat goes on (Album: In Case You’re in Love, 1967)

Mitte der 60er machten Cher und ihr bald-Ehemann Sonny Bono die Charts mit Songs wie I got you, Babe und All I really want to do unsicher. Als junges, schickes Duo trafen sie mitten ins Herz des Zeitgeistes. Nachdem sich der kulturelle Mainstream jahrzehntelang auf Erwachsene fokussiert hatte, brach sich in den 60ern die Jugend mit dem “Youth-Quake” die Bahn. Beatles statt Sinatra, Twiggy im Minirock statt Marlene in Lanvin, Love & Peace statt Krieg.
Cher ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz die Person, die wir heute kennen. In Aufnahmen aus der Zeit wirkt sie viel schüchterner und zurückhaltender als jetzt, wobei ihr lautes Organ und ihr Gesangstalent schon auffallen. Dieses Talent liegt wohl in der Familie, denn ihre alleinerziehende Mutter Georgia (vor zwei Jahren gestorben) war ebenso Sängerin. Da Cher irgendwie alterslos scheint, fällt manchen wahrscheinlich die zeitliche Einordnung ihres Lebens schwer. Zum Vergleich: Sie ist im selben Jahr wie Gitte Haenning und Jürgen Drews geboren, ihre Mutter war gleichalt wie Queen Elizabeth II, ihre Karriere begann sie mit 19 vor fast 60 Jahren und in Deutschland könnte sie seit mindestens 12 Jahren Rentnerin sein.
Kommen wir jetzt zur Musik. The Beat goes on gefällt mir am besten aus der frühesten Phase ihrer Karriere. I got you, Babe hat sicher seine Berechtigung als perfekte Turtelschnulze, doch es kratzt schon sehr an der Grenze zum Kitsch. The Beat goes on hingegen verkörpert mehr die entspannte Coolness der Ära. Zudem kommt Chers vokale Kraft hier toll zur Geltung. Als Duft transportiert für mich Bal à Versailles (Eau de Toilette)Bal à Versailles Eau de Toilette gut dieses Flair. Er ist stark animalisch mit jeder Menge Moschus und bringt diese spezielle Hippieladen-Atmosphäre mit.

2. Train of Thought (Album: Dark Lady, 1974)

Anfang der 70er wird Hippie-Teenie-Cher zu Fernseh-Glitzer-Cher und hat eine Reihe von eigenen Shows im US-amerikanischen Fernsehen. Bis zur Scheidung gemeinsam mit Sonny, dann allein. Sie wird damit so beliebt, dass in den USA sogar Cher-Puppen für Kinder verkauft werden, ähnlich der Barbie. Hier singt sie in allen Folgen, manchmal allein, manchmal mit Gästen wie Tina Turner und Bette Midler. Musikalisch beweist sie zu der Zeit, dass sie mit unterschiedlichsten Genres zurechtkommt. Sie singt Klassiker aus Rock’n’Roll, Musical, Rock und Pop und veröffentlicht theatralisch vorgetragene Geschichten wie in Dark Lady.
Mein Liebling ist aber Train of Thought. Zum einen wegen des dynamischen Beats, der tatsächlich an einen fahrenden Zug erinnert. Zum anderen wegen der Tiefe von Chers Stimme, die hier so richtig zur Geltung kommt.
Passend dazu ist für mich Cinnabar (1978) (Eau de Parfum)Cinnabar (1978) Eau de Parfum von Estée Lauder, das ebenfalls eine würzige, raue Tiefe besitzt und ganz laut “70er-Jahre” schreit. Auf schöne Art.

3. Take me Home (Album: Take me home, 1979)

Weit weniger ernst geht es beim nächsten Song zu: Take me home. Ein typischer, fröhlicher Disco-Sound, der an Gloria Gaynor erinnert. Den Kostümen im Video sieht man an, dass Liza Minelli mit Cabaret Anfang des Jahrzehnts einen Retro-20er-Jahre-Trend losgetreten hat. Die leichtfüßig dahinschillernde Atmosphäre von Take me home möchte ich mit einem grünlich-pudrigen Chypreduft unterstreichen, ParureParure von Guerlain.

4. I found someone (Album: Heart of Stone, 1989)

Anfang der 80er wurde Fernseh-Glitzer-Cher zu Schauspiel- und Vegas-Cher. Im Caesar’s Palace bekam sie ihre eigene, zwei Jahre andauernde Show und debütierte am Broadway und im Film. Bis Mitte der 80er arbeitete sie fast ausschließlich als Schauspielerin (Silkwood, Die Maske, Die Hexen von Eastwick). Erst 1989 nahm sie wieder ein Album auf, Heart of Stone. Daraus stammen die nächsten beiden Songs.
80er-Cher hatte eine ganz neue musikalische Ästhetik für sich entdeckt. War sie vorher mehr poppig unterwegs, so veröffentlichte sie jetzt eine Rockballade nach der anderen. Dichter, dunkler Sound, typische 80er Percussion und eingängige, sehr harmonische Melodien. Für mich ist es die Art von Musik, bei der ihre außergewöhnlich starke und tiefe Stimme am besten zur Geltung kommt. I found someone beginnt mit einem Instrument, das ich nicht direkt einordnen kann. Ist es ein Keyboard, ein Synthesizer, ...? Jedenfalls ist der Ton klirrend kalt und mehr bitter als süß. Dann geht es weiter mit dem zuvor beschriebenen vollen, dunklen, 80er-Rockballaden-Sound. Cher gibt hier alles und die Kraft ihrer Stimme unterstützt die Power ihrer Person, die hier so stark wie nie zuvor wirkt.
Der Charakter des Songs entspricht für mich einem reichhaltigen Amberduft. Durch die bitteren und kühlen Untertöne gehört für mich ein Chypre-Akzent mit dazu. All diese Eigenschaften bringt Obsession (Eau de Parfum)Obsession Eau de Parfum von Calvin Klein mit: Ein orange-vanilliger Schleier, unter dem man aber eine Art Trauer durch grünes, bitteres Galbanum erahnt.

5. If I could turn back time (Album: Heart of Stone, 1989)

Ganz ähnlich geht es weiter mit dem nächsten Song, If I could turn back time. Er ist wieder eine klangvolle Rockballade und Cher legt hier alle Leidenschaft und Energie hinein. Der melancholische Titel, der wahrscheinlich von Reue handelt, verlangt wieder nach einem Chypre. Diesmal ist es einer von der würzigen Sorte, Safari (Eau de Parfum)Safari Eau de Parfum von Ralph Lauren.

6. The Shoop Shoop Song (It’s in his Kiss) (Album: Love hurts, 1991)

Aus Mermaids/Meerjungfrauen küsst man nicht mit Christina Richie (die kleine Wednesday aus der Addams Family) und Winona Ryder stammt der nächste Song auf der Liste. Der Film spielt in den frühen 60ern, aus denen auch der Song ursprünglich stammt. Er ist ein komplett anderes Kaliber als ihre Rockballaden, sehr fröhlich, verspielt und irgendwie kindlich.
Zum gut gelaunten Shoop-Shoop-Song passt eine mindestens so glückliche Zitrusfrucht, nämlich die in Concentré d'Orange VerteConcentré d'Orange Verte von Hermès. Eine sommerliche Orange, die nicht nach einer halben Stunde einfach verschwindet, sondern sich stundenlang auf einem kuscheligen Patchoulibett aalt.

7. Strong enough (Album: Believe, 1998)

Mit dem Album Believe von Ende der 90er machte Cher eine Wendung um 180° und tauchte in ein Genre ein, das Wikipedia “Euro-Disco” nennt. Viel Elektronik, treibende Beats und tanzbare Melodien. Dazu viel Autotune. Mittlerweile verstehe ich auch, dass das schlicht ein Stilmittel ist, das nichts über das Gesangstalent einer Person aussagt und nur das Gesungene dekoriert.
Diese musikalische Wendung weg von den Rockballaden ist jedoch nur eine solche auf den ersten Blick, denn die Songs blieben weiterhin typisch Cher. Wie in den 80ern drehte sich auch im Album Believe alles um unglückliche Beziehungen und wie sie nach deren Ende gestärkt daraus hervorgeht. All or Nothing, Believe und Dov’é l’amore verbinde ich allesamt mit glücklichen Kindheitserinnerungen, weshalb mir die Auswahl eines Favoriten hier schwergefallen ist. Strong Enough gewinnt aber, weil es eben nicht nur ein Euro-Disco oder Dance-Hit ist. Im Hintergrund zitiert es nämlich die 70er Disco-Ära mit diesem fast orchestralen Sound, der mich an I will survive denken lässt.
Deshalb ist mein Parfum zum Song ein relativ modernes Werk von Frédéric Malle, Noir EpicesNoir Epices. Wie Strong Enough nimmt es Bezug auf die 70er mit einer aromatischen, etwas kühlen Aura, die irgendwo zwischen Opium (1977) (Parfum)Opium (1977) Parfum und Cinnabar (2015)Cinnabar (2015) munter vor sich hin würzt. Wer dieses Meisterwerk noch nicht kennt, bitte unbedingt testen!

8. Fernando (Soundtrack Mamma Mia! 2 Here We go Again, 2018)

Nach einigen Abschiedstourneen und Best-of-Alben zog es Cher wieder ans Filmset. In Bourlesque spielte sie die Chefin von Christina Aguilera und 2018 die egozentrische Großmutter der Protagonistin in Mamma Mia! 2. Sehr plötzlich singt sie dort den Song Fernando von ABBA, auch wenn die spontane Gesangseinlage irgendwie nicht in die Handlung passt. Wenn ABBA an sich schon für hyperharmonische Musik bekannt ist, dann ist Fernando ihre zuckergetränkte Krönung. Es macht einen großen Satz über die Grenze zum Kitsch und landet mitten im Schlagerparadies. Ist es deshalb schlecht? Nein, auch diese Art von Musik hat ihren Reiz und ihre Daseinsberechtigung. Passend dazu wähle ich die Idylle zum Aufsprühen mit Bucoliques de ProvenceBucoliques de Provence von L’Artisan Parfumeur. Ein friedlicher und zugleich herzzerreißend schöner Lavendel, der dem Namen des Parfums alle Ehre macht.

9. Run, Rudolph, Run (Album: Christmas, 2023)

Wie eingangs erwähnt, war DJ play a Christmas Song nicht mein Weihnachtshighlight von 2023, ein Blick auf das übrige Album lohnt sich jedoch durchaus. Autotune kommt darin nämlich nicht weiter vor, stattdessen beschert sie uns interessante Duette und viele Beweise dafür, wie gut sie mit Ende 70 noch bei Stimme ist.
Mein Liebling ist Run, Rudolph, Run, das ursprünglich Chuck Berry 1958 geschrieben und gesungen hatte. Es ist wie ein Wiedersehen mit 70er-Fernseh-Cher, die sich auch öfters an Rock’n’Roll gewagt hatte.
Als Duft kann ich mir dazu Casamorati - CoralloCasamorati - Corallo von Xerjoff vorstellen. Es ist trocken und pudrig wie eine dichte Schneedecke bei -10°C. Man hört förmlich die Eiskristalle unter den Winterstiefeln krachen. Hübsche fruchtige und florale Noten leuchten wie eine bunte Lichterkette daraus hervor. Dass Xerjoff bei der Kreation Après L'Ondée (Eau de Toilette)Après L'Ondée Eau de Toilette von Guerlain im Sinn hatten, ist ziemlich offensichtlich. Damit ist der Duft so etwas wie die Coverversion eines Klassikers, wie schon Run, Run Rudolph.

10. Save up all your tears (Album: Love hurts, 1991)

Kennt ihr das, ihr hört einen Song und er löst unerwartet pure Euphorie in euch aus? Ihr hört nur die ersten paar Takte, es beginnt zu kribbeln, ihr bekommt Gänsehaut, mehr und mehr, bis der Refrain kommt und die Endorphine förmlich explodieren?
So ging es mir kürzlich im Auto. Es lief Radio Tirol und plötzlich kamen diese vertrauten Töne. Den Song hatte ich seit mindestens 15 Jahren nicht mehr gehört und auch nie besonders gemocht. Aber jetzt! Es gab kein Halten mehr, Save up all your tears hatte irgendeinen Schalter in meinem Hirn umgelegt. Ich war wie hypnotisiert. In den nächsten Tagen (und Wochen, bis heute) konnte ich nicht genug davon bekommen. Der Song spielt rauf und runter und auch nach zwanzig Wiederholungen wird er nicht langweilig. Zumindest noch nicht.
Ich würde ihn als Rockballade mit sehr eingängiger Melodie beschreiben. Er steht noch ganz in der Tradition von 80er-Rock-Cher und erinnert im Intro sehr an Don't stop believing von Journey. Mit kräftiger Stimme besingt sie die Trauer nach einer Trennung und die Stärke, mit der sie aus dieser Phase hervorgeht. In Save up all your tears vereinen sich ihre unbändige Power, ihre enorme Stimme und das Genre der Rockballaden, das ihrem Talent so entgegenkommt. Gleichzeitig ist von der Unsicherheit ihrer Jugend nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil, sie strahlt eine selbstbewusste Erdung und vollkommene Souveränität aus. Wer auf den Geschmack gekommen ist, kann übrigens auch einmal in Bonnie Tylers Version hineinlauschen.
Nach einem passenden Parfum musste ich nicht lange suchen, es ist Magie Noire (Eau de Toilette)Magie Noire Eau de Toilette von Lancôme. Auf meine Nase übt es einen ähnlichen Suchtfaktor aus wie der Song auf meinen Gehörgang. Dabei enthält der Duft keine der Noten, die die Menschheit aktuell als besonders liebenswert empfindet, im Gegenteil. Magie Noire ist staubtrocken, anfangs kann es sogar abstoßend wirken auf die moderne Nase. Diese würzige Trockenheit ist es jedoch, die einen bald nicht mehr loslässt und einen in seinen Bann zieht. Das mag abgedroschen klingen bei einem Duft, der die Magie im Namen trägt, es ist aber so.

Und damit haben wir es geschafft, danke für eure Geduld! Der Text ist etwas ausgeufert, aber 10 Songs und Düfte brauchen eben eine gewisse Zeit.
Wie geht es euch mit Cher, kennt ihr sie, seid ihr vielleicht sogar Fans oder könnt ihr nichts mit ihr anfangen? Was sind eure liebsten Songs und die passenden Düfte dazu?

Aktualisiert am 25.01.2024 - 14:22 Uhr
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