08.01.2017 - 15:28 Uhr
loewenherz
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loewenherz
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63
Sex mit tausend Frauen
hätte er gehabt, mindestens, ließ Jürgen Drews die Öffentlichkeit einst ungefragt wissen. Ob es Ramona da schon gab (und ob sie, während er das sagte, vielleicht sogar neben ihm saß), weiß ich gar nicht mehr. Auch Julio Iglesias gab die Zahl 'tausend' mal in Umlauf, da hatte er - wie Drews - seine besten Jahre aber auch schon hinter sich. Die Anzahl seiner Gefährtinnen (oder auch Gefährten) öffentlich zu erörtern, hat gemeinhin immer die Anmutung von etwas Gewöhnlichem, sozusagen die vulgäre kleine Schwester von 'mein Haus, mein Boot, mein Auto'.
Trotz seiner überaus exklusiven Vermarktung (und der nicht minder ambitionierten Bepreisung) sind 'etwas gewöhnlich' und 'vulgär' noch immer die ersten beiden Attribute, die mir zur britischen Marke Clive Christian einfallen - Parfums, die ich mir immer im Badezimmerschränkchen von Reality-Stars, Teppichludern oder bestenfalls Box-Promotern vorstelle. Das liegt am glööckleresken Krönchen auf dem Deckel, und auch sonst scheint alles an dieser Marke unendlich neureich, unbescheiden, laut und eben 'gewöhnlich'.
Ich fürchte, man merkt hier, dass es Marken gibt, bei denen ich mich bisweilen selbst wieder zu etwas mehr Vorurteilsfreiheit ermahnen muss, und als ich mich unlängst entschied, Clive Christians X ein Handgelenk und einen Nachmittag zu opfern, waren die Erwartung an etwas Jürgen Drewsiges - und die Lust darauf - groß. Um so kleinlauter wanderte dann das Handgelenk wiederholt zur Nase, denn was Geza Schön hier aus Wacholder und einer Vielzahl wohlriechender Hölzer arrangiert hat, ist nicht anders als großartig zu nennen.
Dass ich Wacholder mag, vereinfacht die Sache natürlich. Der hier schwingt einigermaßen mittig zwischen der fast scharfen Bitterkeit der Beere (auf die etwa im Sauerkraut zu beißen, ein ums andere Mal ein Fest ist) und der fast ätherischen Distanz des Gins. Ingwer und Kardamom geben ihm von Anfang an gleich Tiefe und Substanz, er hält sich nicht auf mit spielerischer Leichtig- oder gar Heiterkeit in der Kopfnote. Die sachte aufblühenden Blumen haben etwas Formelles - überhaupt ist alles an ihm ernsthaft, doch nichts ist schroff oder gar missgelaunt. Und er entwickelt einen fast tönernen Klang - zu wenig gewichtig, um erdig genannt zu werden, und weder kühl, noch warm und gerade deswegen subtil ungewöhnlich und sehr schön. X hat dabei stets etwas Sachliches und nahezu postmodern Erscheinendes - als sei man alleine im abendlichen Halbdunkel einer Galerie. Er ist ausdauernd und präsent und zieht die Aufmerksamkeit auf sich - zumindest meine - ist aber in keinem Moment aufdringlich oder laut.
Fazit: das schiere Gegenteil eines Box-Promoters oder Teppichluders und gleichzeitig tiefsinnig wie ruhig. Bloß fraglich, ob die Aficionados des Hauses Clive Christians einen solchen Duft suchen und zu schätzen wissen - denn tausend (oder mehr) Frauen 'gekannt' zu haben, würde einer wie X niemandem erzählen.
Trotz seiner überaus exklusiven Vermarktung (und der nicht minder ambitionierten Bepreisung) sind 'etwas gewöhnlich' und 'vulgär' noch immer die ersten beiden Attribute, die mir zur britischen Marke Clive Christian einfallen - Parfums, die ich mir immer im Badezimmerschränkchen von Reality-Stars, Teppichludern oder bestenfalls Box-Promotern vorstelle. Das liegt am glööckleresken Krönchen auf dem Deckel, und auch sonst scheint alles an dieser Marke unendlich neureich, unbescheiden, laut und eben 'gewöhnlich'.
Ich fürchte, man merkt hier, dass es Marken gibt, bei denen ich mich bisweilen selbst wieder zu etwas mehr Vorurteilsfreiheit ermahnen muss, und als ich mich unlängst entschied, Clive Christians X ein Handgelenk und einen Nachmittag zu opfern, waren die Erwartung an etwas Jürgen Drewsiges - und die Lust darauf - groß. Um so kleinlauter wanderte dann das Handgelenk wiederholt zur Nase, denn was Geza Schön hier aus Wacholder und einer Vielzahl wohlriechender Hölzer arrangiert hat, ist nicht anders als großartig zu nennen.
Dass ich Wacholder mag, vereinfacht die Sache natürlich. Der hier schwingt einigermaßen mittig zwischen der fast scharfen Bitterkeit der Beere (auf die etwa im Sauerkraut zu beißen, ein ums andere Mal ein Fest ist) und der fast ätherischen Distanz des Gins. Ingwer und Kardamom geben ihm von Anfang an gleich Tiefe und Substanz, er hält sich nicht auf mit spielerischer Leichtig- oder gar Heiterkeit in der Kopfnote. Die sachte aufblühenden Blumen haben etwas Formelles - überhaupt ist alles an ihm ernsthaft, doch nichts ist schroff oder gar missgelaunt. Und er entwickelt einen fast tönernen Klang - zu wenig gewichtig, um erdig genannt zu werden, und weder kühl, noch warm und gerade deswegen subtil ungewöhnlich und sehr schön. X hat dabei stets etwas Sachliches und nahezu postmodern Erscheinendes - als sei man alleine im abendlichen Halbdunkel einer Galerie. Er ist ausdauernd und präsent und zieht die Aufmerksamkeit auf sich - zumindest meine - ist aber in keinem Moment aufdringlich oder laut.
Fazit: das schiere Gegenteil eines Box-Promoters oder Teppichluders und gleichzeitig tiefsinnig wie ruhig. Bloß fraglich, ob die Aficionados des Hauses Clive Christians einen solchen Duft suchen und zu schätzen wissen - denn tausend (oder mehr) Frauen 'gekannt' zu haben, würde einer wie X niemandem erzählen.
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