13.09.2016 - 12:54 Uhr
loewenherz
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Unter Bäumen
Unter diesem Titel - vollständig: 'Unter Bäumen - Die Deutschen und der Wald' - zeigte das Deutsche Historische Museum in Berlin vor fünf Jahren eine Ausstellung, in der die besondere Bedeutung des Waldes für die Deutschen und ihre Kultur analysiert, erklärt und wundervoll veranschaulicht wurde. Von Waldromantik mit röhrendem Hirsch über moderne Forstwirtschaft bis zu Rotkäppchen und saurem Regen spannte die Werkschau ihren Bogen, und ich erinnere mich tatsächlich an einen Exkurs über Tatort-Morde, die im Wald verübt wurden. Der Wald ist für die Deutschen viel mehr als nur die Summe seiner Bäume. Und ein Besuch im Zeughaus Unter den Linden samt Ieoh Ming Pei-Anbau ist ohnedies stets lohnenswert.
Ortswechsel. Gleich im Eingangsbereich des Münchner Tom Ford-Flagships stehen die neuen Private Blends auf einer Art kleinem Altar. So kann man sie schon beim Hereinkommen gar nicht ignorieren - und die Laufkundschaft, die nur die Düfte ausprobieren will, stört die Power-Shopper aus Dubai und Abu Dhabi, die weiter hinten im Geschäft für fünf- bis sechsstellige Summen einkaufen, auch nicht beim Anprobieren. Der Schrein (Marmorplatte! Spiegel! Orchideen!) wird von einer klavierlehrerinnenstreng schwarz gekleideten 'Repräsentantin' mit stark (und nicht sehr bayerisch) rollendem R bewacht, die - stellt man denn eine Frage zum Duft selber - verblüffend wenig Ahnung hat, aber ihre Schätze doch bereitwillig anzureichen gewillt ist.
Unter Bäumen. Von den drei getesteten neuen Düften beeindruckt Vert d'Encens spontan am meisten, weil er so anders ist als man von einem Private Blend erwartet. Ihm fehlen das Tragische und die Traurigkeit, die ich so mag an vielen seiner Brüder. Stattdessen demonstriert er auf ganz großer Bühne, zu welch hochfahrender Eleganz tiefgrüne Waldigkeit sich bringen lässt, ganz ohne jene artifizielle Komponente, die etwa Comme des Garçons ihr in Wonderwood oder Amazingreen beistellt. Stattdessen orchestriert Vert d'Encens Holz- und Harznoten mit krautigem Blattwerk opulent wie ein Orgelkonzert - und doch erstaunlich zurückgenommen für einen Private Blend - das macht der namengebende Weihrauch - ist ruhig, beinahe feierlich.
Unter Bäumen. Ich sehe bzw. rieche einen dunklen, abendlichen, vielleicht nächtlichen Wald. In dem Titania und Oberon den bocksbeinigen Puck durch sattes Grün hindurch beobachten. In dem Hänsel aus Brotkrumen eine Spur auf den Boden streut, um später den Weg nach Hause wieder zu finden, und der Jäger einen Frischling niedersticht, um der bösen Königin ein Herz zeigen zu können. Wo Pilze auf einer Lichtung bleich im Mondlicht glänzen, und Feen des Nachts in weißen Kleidern lautlos tanzen. Wo stolze Sechzehnender das Unterholz durchbrechen, um an einem stillen Bach zu trinken - und wo ein unglückliches Liebespaar sich heimlich an der Ruine einer Waldkapelle trifft, und der weiche Boden mit Sternenblumen übersät ist.
Fazit: wunderbar, was Mr. Tom Ford hier wieder anbietet. Ganz wunderbar.
Ortswechsel. Gleich im Eingangsbereich des Münchner Tom Ford-Flagships stehen die neuen Private Blends auf einer Art kleinem Altar. So kann man sie schon beim Hereinkommen gar nicht ignorieren - und die Laufkundschaft, die nur die Düfte ausprobieren will, stört die Power-Shopper aus Dubai und Abu Dhabi, die weiter hinten im Geschäft für fünf- bis sechsstellige Summen einkaufen, auch nicht beim Anprobieren. Der Schrein (Marmorplatte! Spiegel! Orchideen!) wird von einer klavierlehrerinnenstreng schwarz gekleideten 'Repräsentantin' mit stark (und nicht sehr bayerisch) rollendem R bewacht, die - stellt man denn eine Frage zum Duft selber - verblüffend wenig Ahnung hat, aber ihre Schätze doch bereitwillig anzureichen gewillt ist.
Unter Bäumen. Von den drei getesteten neuen Düften beeindruckt Vert d'Encens spontan am meisten, weil er so anders ist als man von einem Private Blend erwartet. Ihm fehlen das Tragische und die Traurigkeit, die ich so mag an vielen seiner Brüder. Stattdessen demonstriert er auf ganz großer Bühne, zu welch hochfahrender Eleganz tiefgrüne Waldigkeit sich bringen lässt, ganz ohne jene artifizielle Komponente, die etwa Comme des Garçons ihr in Wonderwood oder Amazingreen beistellt. Stattdessen orchestriert Vert d'Encens Holz- und Harznoten mit krautigem Blattwerk opulent wie ein Orgelkonzert - und doch erstaunlich zurückgenommen für einen Private Blend - das macht der namengebende Weihrauch - ist ruhig, beinahe feierlich.
Unter Bäumen. Ich sehe bzw. rieche einen dunklen, abendlichen, vielleicht nächtlichen Wald. In dem Titania und Oberon den bocksbeinigen Puck durch sattes Grün hindurch beobachten. In dem Hänsel aus Brotkrumen eine Spur auf den Boden streut, um später den Weg nach Hause wieder zu finden, und der Jäger einen Frischling niedersticht, um der bösen Königin ein Herz zeigen zu können. Wo Pilze auf einer Lichtung bleich im Mondlicht glänzen, und Feen des Nachts in weißen Kleidern lautlos tanzen. Wo stolze Sechzehnender das Unterholz durchbrechen, um an einem stillen Bach zu trinken - und wo ein unglückliches Liebespaar sich heimlich an der Ruine einer Waldkapelle trifft, und der weiche Boden mit Sternenblumen übersät ist.
Fazit: wunderbar, was Mr. Tom Ford hier wieder anbietet. Ganz wunderbar.
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