25.10.2015 - 12:39 Uhr
Meggi
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36
Sancti? Sanctus. Aber nur die Musik.
Noch bevor ich die Bewohner Estlands als liebenswertes Völkchen kennenlernte, hatte ich Bekanntschaft mit der Musik von Arvo Pärt gemacht; wir hatten mit unserem Chor sein Magnificat gesungen (https://www.youtube.com/watch?v=1A6BfyhFSVQ). Ein typisches Pärt-Stück, von entrückt-berückender Schlichtheit der musikalischen Mittel, gleichsam als Nachhall gregorianischer Tradition ins schrille und unstete Heute ragend. Ich erinnere mich zudem gern an die großartigen Konzerte des Eesti Filharmoonia Kammerkoor, erlebt in Kiel und Estland. Eines jener Ensembles, von denen sich sagen lässt, dass es nicht besser geht, nur anders. Stets stand auch die Musik des Landsmannes auf dem Programm.
Pärt ist tief in der Sakral-Musik verwurzelt und hatte es zu Zeiten der Sowjetunion nicht leicht. Persönlich empfinde ich seine Musik allerdings keineswegs als sakral. Oder treffender gesagt: Ich finde, sie ist wohltuend fern allen institutionalisierten Sakral-Gebarens. Pärts Tonsprache kündet vielmehr von schlichter, ursprünglicher und tiefempfundener Demut, wie sie jeder sensible Mensch verspüren kann - ob gläubig oder nicht - angesichts einer Schöpfung oder eben einfach der Natur.
Carl-Friedrich von Weizsäcker befand in Bezug auf das alltägliche Vertrauen auf einen natürlichen Gang der Dinge, mithin auf die Gesetze der Natur [ein Vertrauen, welches selbst ein atheistischer Wissenschaftler hat und haben muss]: „Dieses ist ein Glaube, der an hohem Wert und rationaler Unbeweisbarkeit dem religiösen Glauben nichts nachgibt.“
Gewiss würde zu Sancti das ‚Sanctus‘ aus Arvo Pärts Berliner Messe passen; nicht wegen des Namens, sondern wegen der Bilder, die sich zum Duft wie zu den Tönen gesellen. Das oben erwähnte ‚Magnificat‘ spiegelt den Duft ebenfalls bestens. Wenn es aber aus allein begrifflichem Grund schon ‚Sanctus‘ heißen soll, entscheide ich mich für eine textlich gleiche Passage aus dem ‚Te Deum‘ (https://www.youtube.com/watch?v=CPd3e5woOyc):
‚Sanctus Dominus Deus Sabaoth‘; ab 4:34 min., ehe ab 5:36 min. mit ‚Pleni sunt caeli et terra maiestatis gloriae tuae‘ eine Entfaltung einsetzt, die nicht mehr zu meinem Eindruck passt.
Ein stiller, nebliger Morgen, Beginn eines goldenen Tages im späten Sommer oder frühen Herbst. Noch ist es kühl, doch hinter den Schleiern wartet bereits ein wärmendes Licht. Nur Geduld.
Sanfte, ätherische, pritzelnde Zitrusfrucht neben hellem Weihrauch. Im Stil demjenigen aus Cardinal ähnlich, aber nahbarer, freundlicher, dichter am Leben. Nicht monotheistisch, sondern pantheistisch, könnte man sagen. Großzügige Dosierung von Sancti ist allerdings geradezu ein ‚Muss‘, damit der Cardinal überhaupt in besagter Deutlichkeit erscheint. Den Kalauer konnte ich mir jetzt nicht verkneifen.
Sofort beginnt der Duft zu schweben und zu schimmern, er ist überall spürbar und nirgends zu greifen, genau wie die Schichtungen der Töne in Arvo Pärts Musik den Zuhörer umgeben und aus allen Richtungen berühren. Ab der dritten, vierten Stunde wandelt sich der Duft allmählich, ohne indes den Charakter zu verändern. Der Weihrauch ist weiterhin ätherisch, bekommt bloß einen leichten Dreh ins (vergleichsweise!) Süße, vor allem jedoch Holzige. Die Zeder steht in den obigen Pyramiden-Angaben definitiv ausschließlich aufgrund der alphabetischen Sortierung ganz hinten in der Ecke. Beim Hersteller auf der Seite steht sie für die Basis vornean.
Nach rund sechs Stunden ist ein perfekt ausbalancierter Weihrauch-Holz-Duft entstanden. Reste der Zitrusfrucht hellen ihn auf. Milde Gewürze flankieren und stützen den filigranen Eindruck, statt gegenzusteuern. Von den zahlreichen genannten Noten lassen sich diverse auf Wunsch „identifi-rechtfertigen“. Zypresse, Tanne, Muskat, Pfeffer, Vetiver. Man kann das freilich ebenso gut bleibenlassen und lieber einfach mitschweben.
Das ist sagenhaft gut gemacht. Leider sehr, sehr dezent. Beim (durchaus wahrscheinlichen) Kauf eines Flakons sehe ich trotz des Inhalts von stolzen 100 ml eine faire Chance, den selbst als Besitzer einer halbwegs parfumo-üblichen Sammlung irgendwann leerzubekommen, zumal es mich wundern sollte, wenn keine Anfragen nach einer Probe kämen. Ich denke: Getrost beherzt abdrücken und von oben bis unten rauf damit. Sollte übrigens – derart frisch ist der Rauch - auch ein schöner Sommerduft sein, außerdem uneingeschränkt anzug-geeignet.
Die Klagen über die Haltbarkeit unterschreibe ich, jedenfalls bei herbstlichen Temperaturen, allenfalls zum Teil. Die Stille ist zweifellos Konzept und die herrliche Holz-Weihrauch-Note - das Vertauschen der Substantive gegenüber der vormaligen Nennung unterstreicht die Gleichberechtigung - hält bei mir immerhin fast bis in den Abend hinein. Ein tolles Zeug.
Pärt ist tief in der Sakral-Musik verwurzelt und hatte es zu Zeiten der Sowjetunion nicht leicht. Persönlich empfinde ich seine Musik allerdings keineswegs als sakral. Oder treffender gesagt: Ich finde, sie ist wohltuend fern allen institutionalisierten Sakral-Gebarens. Pärts Tonsprache kündet vielmehr von schlichter, ursprünglicher und tiefempfundener Demut, wie sie jeder sensible Mensch verspüren kann - ob gläubig oder nicht - angesichts einer Schöpfung oder eben einfach der Natur.
Carl-Friedrich von Weizsäcker befand in Bezug auf das alltägliche Vertrauen auf einen natürlichen Gang der Dinge, mithin auf die Gesetze der Natur [ein Vertrauen, welches selbst ein atheistischer Wissenschaftler hat und haben muss]: „Dieses ist ein Glaube, der an hohem Wert und rationaler Unbeweisbarkeit dem religiösen Glauben nichts nachgibt.“
Gewiss würde zu Sancti das ‚Sanctus‘ aus Arvo Pärts Berliner Messe passen; nicht wegen des Namens, sondern wegen der Bilder, die sich zum Duft wie zu den Tönen gesellen. Das oben erwähnte ‚Magnificat‘ spiegelt den Duft ebenfalls bestens. Wenn es aber aus allein begrifflichem Grund schon ‚Sanctus‘ heißen soll, entscheide ich mich für eine textlich gleiche Passage aus dem ‚Te Deum‘ (https://www.youtube.com/watch?v=CPd3e5woOyc):
‚Sanctus Dominus Deus Sabaoth‘; ab 4:34 min., ehe ab 5:36 min. mit ‚Pleni sunt caeli et terra maiestatis gloriae tuae‘ eine Entfaltung einsetzt, die nicht mehr zu meinem Eindruck passt.
Ein stiller, nebliger Morgen, Beginn eines goldenen Tages im späten Sommer oder frühen Herbst. Noch ist es kühl, doch hinter den Schleiern wartet bereits ein wärmendes Licht. Nur Geduld.
Sanfte, ätherische, pritzelnde Zitrusfrucht neben hellem Weihrauch. Im Stil demjenigen aus Cardinal ähnlich, aber nahbarer, freundlicher, dichter am Leben. Nicht monotheistisch, sondern pantheistisch, könnte man sagen. Großzügige Dosierung von Sancti ist allerdings geradezu ein ‚Muss‘, damit der Cardinal überhaupt in besagter Deutlichkeit erscheint. Den Kalauer konnte ich mir jetzt nicht verkneifen.
Sofort beginnt der Duft zu schweben und zu schimmern, er ist überall spürbar und nirgends zu greifen, genau wie die Schichtungen der Töne in Arvo Pärts Musik den Zuhörer umgeben und aus allen Richtungen berühren. Ab der dritten, vierten Stunde wandelt sich der Duft allmählich, ohne indes den Charakter zu verändern. Der Weihrauch ist weiterhin ätherisch, bekommt bloß einen leichten Dreh ins (vergleichsweise!) Süße, vor allem jedoch Holzige. Die Zeder steht in den obigen Pyramiden-Angaben definitiv ausschließlich aufgrund der alphabetischen Sortierung ganz hinten in der Ecke. Beim Hersteller auf der Seite steht sie für die Basis vornean.
Nach rund sechs Stunden ist ein perfekt ausbalancierter Weihrauch-Holz-Duft entstanden. Reste der Zitrusfrucht hellen ihn auf. Milde Gewürze flankieren und stützen den filigranen Eindruck, statt gegenzusteuern. Von den zahlreichen genannten Noten lassen sich diverse auf Wunsch „identifi-rechtfertigen“. Zypresse, Tanne, Muskat, Pfeffer, Vetiver. Man kann das freilich ebenso gut bleibenlassen und lieber einfach mitschweben.
Das ist sagenhaft gut gemacht. Leider sehr, sehr dezent. Beim (durchaus wahrscheinlichen) Kauf eines Flakons sehe ich trotz des Inhalts von stolzen 100 ml eine faire Chance, den selbst als Besitzer einer halbwegs parfumo-üblichen Sammlung irgendwann leerzubekommen, zumal es mich wundern sollte, wenn keine Anfragen nach einer Probe kämen. Ich denke: Getrost beherzt abdrücken und von oben bis unten rauf damit. Sollte übrigens – derart frisch ist der Rauch - auch ein schöner Sommerduft sein, außerdem uneingeschränkt anzug-geeignet.
Die Klagen über die Haltbarkeit unterschreibe ich, jedenfalls bei herbstlichen Temperaturen, allenfalls zum Teil. Die Stille ist zweifellos Konzept und die herrliche Holz-Weihrauch-Note - das Vertauschen der Substantive gegenüber der vormaligen Nennung unterstreicht die Gleichberechtigung - hält bei mir immerhin fast bis in den Abend hinein. Ein tolles Zeug.
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