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vor 7 Jahren - 28.02.2017
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Die Nasen aller Länder

Seit etwa vier Jahren habe ich im Schnitt gut einen Tag pro Woche Couchsurfer aus aller Welt zu Besuch. Wer das nicht kennt: Das ist wie AirBnB, nur dass man mit Freundlichkeit statt mit Geld bezahlt - kann sich heutzutage ja auch nicht jeder leisten ;) Man kann als "Surfer" bei anderen Menschen unterkommen oder als Host diese Surfer aufnehmen. Bei mir ist das Verhältnis etwa 10:90, ich bin also deutlich häufiger Gastgeber, und das mit großer Freude.

Nachdem meine Begeisterung für Parfum letztes Jahr so richtig Fahrt aufnahm, drückte ich diese auch immer öfter meinen Gästen in, äh, auf die Nase. Irgendwann hab ich dann angefangen, Notizen zu machen, weil ich es interessant fand, wem was gefiel. Die Liste unten ist allerdings zu einem nicht kleinen Teil aus der Erinnerung gepflegt, weil ich die Anfänge nicht mehr dokumentiert hatte. Sofern nicht anders belegt, ist das Publikum etwa zwischen 20-35 (weil sich in dem Alter die meisten Couchsurfer finden) und überwiegend weiblich (weil die Kerle insgesamt weniger Interesse an Parfüms hatten). Drei Surfer habe ich noch mal angeschrieben und würde sie nachtragen, wenn sie sich melden.

Natürlich handelt sich rein um ein Spaßexperiment, nicht um eine ernsthafte Studie. Denn selbstverständlich haben mein Geschmack, meine Duftsympathie und meine Probenauswahl einen großen Einfluß auf das Ergebnis. Das fängt schon damit an, dass ich eigentlich gar nicht wirklich weiß, ob die Kerle tatsächlich weniger Interesse hatten oder ich es vielleicht nur angenommen hatte, weil es weniger oft von ihnen angesprochen wurde. Wie dem auch sei, es folgt die Highscore.

Duftfavoriten & Erkenntnisse

Deutschland: 2 x Vanille Insensée, Eau Duelle, Bal d'Afrique, Vaniglia Sopraffina e Rhum ("Etwas nach Backrum, aber gefährlich gut"), Blackberry & Bay, White Tea von Monotheme
Portugal: Cédrat Enivrant ("Wie echte Limette - schmeckt nach Sommer"), Assam of India
Indien: L'Ombre dans L'Eau, Bal d'Afrique ("Saftige Ananas, yumm"), Ultraviolet (22m, aber seine zwei Freundinnen mochten es auch gerne)
Ukraine: Night & Dawn a Vampires Love ("Parfum braucht Charakter, es darf nicht zu einfach sein")
China: 2 x White Tea, Eau Parfumée au Thé Rouge
Syrien: Un Bois Vanille (40m), Tobacco Vanille (13!, seine Tochter)
Türkei: Rima XI
Brasilien: Salt Caramel ("Incrediiibble")

Wie gesagt, deutet hinein, was ihr wollt ;) Meine Einblicke:

  • Die meisten meiner (Unisex-)Parfums waren den Mädels zu süß. Das hat mich überrascht, weil mein Eindruck war, dass vor allem Herrenparfums tendentiell süßer geworden sind. "Zu süß" war aber die Kritik, die am häufigsten geäußert wurde.
  • Bal d'Afrique und Vanille Insensée waren die beiden Düfte, die insgesamt am besten weg kamen. Also am seltensten kritisiert, hingegen oft gelobt. Würde ich für jemanden blind ein Duftgeschenk kaufen müssen, wären diese Duftkandidaten ganz oben. Man muss dazu wissen, dass ich jedem Gast mindestens 15-20 Proben vorlegte, die nach den ersten Versuchen durch die Rückmeldungen mitbestimmt und teilweise mit komplett neue Richtungen gewechselt wurden. Also keine riesige Anzahl, aber über die Besucher hinweg häufte es sich doch.
  • White Tea kam vor allem bei den asiatischen Nasen gut an. Das Klischee, dass Asiaten leichte Düfte bevorzugen, würde ich bestätigen. Allerdings hat auch eine Nachbarin dieses Parfum als Liebling auserkoren, zusammen mit Bal d'Afrique - Überraschung ;)
  • Dunkle Düfte (z.B. Ambra Nera) wurden im europäischen Umfeld akzeptiert, aber nicht vielmehr. Oud hielt sich nie lange, da habe ich wohl auch keine gute Auswahl.
  • Zwei Gäste, die sich selbst als Art Parfümverächter bezeichnet hatten, konnte ich von der Großartigkeit der Duftwelt überzeugen. Ein weiterer, ähnlich gepolter Surfer versuchte es ernsthaft, blieb bei L'Ombre dans L'Eau hängen ("Natürlich, schön") und konnte es nach dem Trageversuch doch nicht mehr ausstehen.
  • Diese persönlichen Dufttouren fern überfüllter Einkaufspassagen haben beiden Seiten viel Spaß gemacht, inklusive Probengeschenken oder Mini-Abfüllungen der Lieblinge. Da hatte ich viel Glück, dass so viele Menschen mir ihre Zeit, Aufmerksamkeit und Freude schenkten. Gleichzeitig ist es eine ernsthafte Erinnerung an den überfließenden Luxus, denn meinen Besuchern - die zum Teil mit unter 10€ pro Tag reisten - blieb nicht selten der Mund offen stehen, wenn ich hunderte Plastikzerstäuber aus dem Schrank holte.

Das Experiment ist nun erstmal zuende, weil ich 99,983% meiner Proben abgegeben habe. Mehr dazu dann im nächsten Blog ;)

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