Fluxit
Fluxits Blog
vor 8 Jahren - 11.08.2016
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Sinnvolle Statements

In meinen letzten Wanderpaketen bat ich um "sinnvolle Statements". Aber was macht eigentlich so ein sinnvolles Statement aus?

Ein 140-Zeichen-Feld, also Twitterlänge, bietet Potential für knackige, leicht verständliche Eindrücke. Aber wenig Text heißt nicht automatisch wenig Überlegung, im Gegenteil. Mal hat man ein komplexes Parfum und fragt sich, wie man bloß acht Stunden Duftwandel in drei Sätze presst. Ein anderes Mal entlockt man der monothematischen Probe gerade mal sechs Worte, und plötzlich wirken selbst zwei Drittel eines kleinen Textfeldes überrraschend leer.

Da Stil Geschmacksfrage ist, hier jeweils konkrete Beispiele, an denen ich persönlich ein mehr oder weniger sinnvolles Statement festmache. Natürlich ist diese Liste immer noch Geschmacksfrage, zum Beispiel ist mir der sachliche Gehalt wichtiger als der soziale, was sich mit dem Kennenlernen eurer Gesichter vielleicht mal ändert. Und jeder hat ja seine Gründe für das, was sie / er wie schreibt. Aber wenn nicht, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, mal darüber nachzudenken ;)

Positivbeispiele (anonymisiert, aber echte Zitate, man verzeihe mir die Archetypisierung):

  1. Der Wissenschaftler (editiert, vorher Anwalt): "Schöner, grünlich herber Feigenduft mit einem Hauch Rose im Mittelteil und cremiger Sandelnote in der Basis." --> Sachlich mit hohem Inhaltsbezug, großer Informationsgehalt. Praktisch!
  2. Die Realistin: "Multivitamin mit Extradosis tropischen Früchten und Haarspray. Dicker Stoff, eher was für laue Abende als heiße Tage." --> Weder tropische Früchte noch Haarspray sind tatsächlich drin, aber eine Vorstellung gewinnt man trotzdem durch die Vergleiche mit dem Alltag. Ja, Haarspray hat eine große Bandbreite. Hat Patchouli aber auch.
  3. Der Kenner: "Frisch, geradlinig, maskulin, sauber und elegant. Genialer Aventus-Clon. Nur bei direktem Vergleich sind Performance-Unterschiede auffällig." --> Direkter Vergleich mit anderem Duft setzt dessen Kenntnis voraus, ist dann aber ausgesprochen wertvoll.
  4. Die Poetin: "Alles grün. Dichtes Laubdach, kühler Grasteppich, feuchtes Moosbett. Sommertanz. Die Natur strebt ihrem alljährlichen Höhepunkt entgegen..." --> Wie riecht nochmal Sommertanz? Dennoch gehaltsvoll, denn auch eine Stimmung übermittelt Duftcharakter. Manchmal gar mehr als der Inhalt, denn den kennt ma ja bereits durch die Pyramide (und liegt damit oft falsch).
  5. Der Businessman: "Gelungener Gourmand mit Oud. Aber vergleichbare Düfte gibt es für ein Drittel des Preises." --> Preis kann eine nützliche Info sein. Aufgezählte Alternativen (z.B. auch als Kommentar zum Statement) werten nochmal auf.

Negativbeispiele (alle erfunden):

  1. Der Wahrsager: "Wenn der auf den Markt kommt, werde ich ihn lieben!" --> Urgh. Vor-Test-Spekulation gehört ins Forum, den Blog oden den Ticker. Mildernde Umstände gebe ich nur, wenn das Statement nach Duftveröffentlichung bzw. -test gelöscht oder ersetzt wird.
  2. Die sprachlos Begeisterte: "Top! Einfach unglaublich, echt ein Traum." --> Dieses Statement kann man auch mit einer Wertung ausdrücken. Null Mehrwert.
  3. Der Reden-ist-seliger-denn-Klicker: "Starke Sillage. Schwache Haltbarkeit." --> Auch hier hätte ein Klick auf die entsprechenden Wertungen ausgereicht. In Kombination mit Duftnotenbeschreibung hingegen in Ordnung.
  4. Die Nachlässige: "Supre Parfum!!! Kaffeee, evtl. Vanill ... Ambre & Schoko!!!!"---> 140 Zeichen sind überschaubar genug, dass man noch einmal probelesen darf, bevor man absendet. Legastheniker und Fremdsprachler außen vor, versteht sich. Und Satzzeichen im Überfluß sorgen für Fluxit's Überverdruß ;)
  5. Der Mitteilungsbedürftige: "Wie Schokolade! Aber möchte ich so riechen? Nein, danke!" --> Die Schokolade hilft mir weiter. Der Rest? Nicht. Im Gegensatz zur Impulsiven versteh ich aber immerhin den Zwiespalt, keine Doppelwertung (schön an sich vs schön für mich) vornehmen zu können. Erscheint gelegentlich in Kombinationen mit "Heute bei Parfumerie XY gerochen" oder "Den trag ich immer morgens auf".

Außerhalb der Wertung (auch erfunden):

  1. Die Nostalgikerin: "Ach. Mein allererster Duft und damit meine erste Liebe. Dazu hab ich 1982 meinen Freund in Paris geküsst." --> Na gut. Nichts gelernt über den Duft, aber eine Geschichte ist eine Geschichte. Nett.
  2. Der Pragmatiker: "Damit schicke ich meine Kinder ins Bett, schwupps, zehn Minuten später träumen sie brav." --> Das kann man zumindest mal ausprobieren ;) Also wenn man Kinder hat. Information ist implizit vorhanden.
  3. Die Neutrale: (kein negatives Statement bei neuen Düften) --> Wenn noch unkommentierte Düfte ein schlechtes Statement erhalten, lenkt diese erste Meinung oft stark die Richtung und bremst weitere Testversuche. Ich halte Verrisse lieber zurück, bis auch andere Eindrücke geäußert wurden und beschreibe vor allem erste Statements generell gerne ohne Wertung.
  4. Der Clown: "Falls ich jemals einen animalischen Lederduft brauche, weil ich im Zirkus auf einem gigantischen Gummiball mit dreizehn Hunden jongliere ... nehme ich dennoch einen anderen!" --> Informationsgehalt gering, Unterhaltungswert vorhanden. Nehm ich.

Über welche Statement-Typen freut ihr euch am meisten? Welche lest ihr am liebsten?

Oder: Welcher Archetyp wärt ihr selber gerne mehr?

- Fluxit

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