Io Chris Rusak 2018

Selig staunend steuerte Dr. Heywood Floyd seine neo-viktorianische Landefähre über die bräunlich-rötlich schimmernde Oberfläche des dritten Jupitermondes. Sollten Oberfläche und Atmosphäre nicht eigentlich gelb von Schwefel und Schwefeloxid sein? Aufnahmen der Voyager sowie Vermutungen der Wissenschaftler waren offensichtlich nicht richtig gewesen. Kolossale Calderen, endlos lange Lavaflüsse, wenige gigantische Gebirge, dies waren die Dinge, die der Wahrheit entsprachen, aber die Farben?
Unmittelbar nach der Landung aktivierte Dr. Floyd das Duftspektrometer an seinem Helm und entstieg der Fähre. Weich waren seine Schritte, es roch nach Rauch, dämpfiger Erde und dunstigem Torf. Auch roch der Rauch nicht nach Schwefel, eher nach einem fernen Feuer, knisternden Koniferennadeln, weit hinter hohen Hügeln aus feuchtem Laub.
An einem dunkelbraunen Fluss aus flimmerndem Bernstein verweilte Floyd. Nein, nicht niedrig wie vermutet war die Viskosität der Lava, zeitlupenartig zogen sich die Ströme dahin, dufteten nach dunklen Harzen, erdig und holzig, warm und würzig. Hier hielt Heywood inne, sechs bis sieben Stunden träumend von den Torflandschaften der Erde, den dampfend dunklen Wäldern, bis der Jupiter am Himmel aufstieg, majestätisch, mächtig, beruhigend brummend.

(Mit Dank an Gold)