04.05.2017 - 06:44 Uhr
Mosaik
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16
Uomo - Fragezeichen
Vorausgeschickt sei:
1.) Dies war ein BLINDKAUF, angeregt durch die vielen überschwänglichen Meinungen zu diesem Duft in Verbindung mit dem äußerst günstigen Preis. Ich wollte damit meinen Horizont bezüglich Herrendüften mit blumigen Noten erweitern.
2.) Ich bin kein Duftexperte, habe in den letzten knapp 35 Jahren (inkl. einer fast 10-Jährigen Duftpause) ca. 30 Düfte besessen und ca 2- bis 3-mal so viele „geschnuppert“. Das alles mehr von der sinnlichen Seite her betrieben.
Nach meinem Eindruck wird das klassische Männerbild nicht nur bereits im Fragezeichen des Namens, sondern auch in der Ausrichtung des duftlichen Gesamteindrucks infrage gestellt. Warum auch nicht!
Zwar durchaus (auch) „klassisch“-männlich (es gibt frische Noten ganz am Anfang und holzige Noten im weiteren Verlauf); aber durchweg werden sie umspielt von Duftnoten, die ich eher mit Damendüften in Zusammenhang bringen würde.
Leider muss ich sagen, dass dieses Zusammenspiel auf meiner Haut und in meiner Nase nicht funktioniert hat.
Vor allem, weil diese Gleichzeitigkeit für mich eine Diffusität und Dissonanz hervorruft. Ein Kampf um eine Balance, die letztlich nicht eintritt bzw. die um den Preis einer klaren Linie eintritt. Ich selbst werde bei diesem Kampf außen vor gelassen, er schert sich nicht um mich.
Mein Eindruck auf der Haut: in den ersten Sekunden eine frische, beinahe (leicht) zitrische Note. Sehr schnell gesellen sich eine recht schwere Süße und -für meine Nase- undefinierbare würzig-holzige Noten hinzu. Erst mal tritt nichts hervor. Wo geht die Reise hin? Besonders männlich finde ich den nicht, eher schwülstig, um ehrlich zu sein. Nach etwa 5 Min. sortiert sich das ganze etwas, und die Noten, die etwas zu sagen haben, sorgen vorübergehend für etwas Ruhe. Etwas mehr Würze, etwas mehr Klarheit, etwas weniger süße Umnebelung.
Kurz darauf ist der Eindruck karamellig-pudrig-trocken, gedrungen; die Duftkomponenten wirken auf mich, als seien sie zusammengeklebt. Sie können sich nicht freimachen voneinander, kommen nicht zur Entfaltung. Es kommt mir vor, als würden sie sich eher überlappen als ergänzen, eher gegeneinander als miteinander spielen. Dies führt zur beschriebenen Gedrungenheit. Dadurch ist der Duft für mich in der Wahrnehmung nicht klar, sondern nur allgemein aufdringlich-„süß“ und diffus. Die Blumen sind nicht frisch, luftig, klar; das Holz nicht konturierend-warm, souverän, Linie gebend. Der Duft strahlt nicht, er wabert (für mich).
Auch nach einer Weile: Immer noch zuviel Süße und eine leichte holzige Bitterkeit. Er ist nicht gediegen-elegant und hat auch kein understatement. Er drückt ganz schön auf die Tube. Er hinterlässt bei mir einen DIFFUSEN GESAMTEINDRUCK, hat was von der Wirkung einer –pardon!- Haarspraywolke beim Damenfrisör in den 60er Jahren, ich fühle mich unangenehm überwältigt. Nur dass statt der colonischen Spitze von Haarsprays jene besagte karamellene, cremige, trotzdem trockene Pudrigkeit den Job übernimmt.
Braune Farbtöne vor grauem Hintergrund mit farbigen Sprengseln sind mir die ganze Zeit vorm geistigen Auge. Früher Frühling und der Herbst kommen mir als die besten JZ vor, um den Duft zu tragen; vielleicht sogar der eine oder andere Wintertag. Outdoors, aber nicht im grünen saftigen Wald, das würde sich beißen. Auf jeden Fall in urbaner Umgebung. Downtown, monochrom, Glas, Beton, Stahl. Straßenschluchten. Ein flüchtiger Besuch in einer Cappuccinobar. Dressed up, dressed sharp, Männer, die auch auf ihre körperliche Linie und Fitness achten. Modebewusst, extrem gepflegt und durchaus mit verspielten Designs und Accessoires. Nicht ZU klassisch. Kein Büroduft (dazu fände ich ihn zu aufdringlich). Etwas androgyn vielleicht? „Bold“, „a little crazy“ und durchaus sehr selbstbewusst. Jemand, der sich auch (gern) über Äußerlichkeiten definiert, gerne spielt.
Mein Eindruck auf Papier übrigens: insgesamt frischer, frecher, runder, angenehmer. Nicht ganz so schwer.
Ein interessanter Duft durchaus, aber dennoch nichts für mich. Ich fühle mich von dem Duft ignoriert, ausgegrenzt, überrollt; wir bilden keine gute Einheit. Wie ich mit ihm auf andere wirke, habe ich bisher nicht überprüft. Ob und wie es mit uns weitergehen kann - dahinter steht dann auch ein großes Fragezeichen.
_________
Edit 31.10.2017 – Ich habe meine ursprüngliche Duftbewertung (aus dem Mai 2017) von 5.0 auf 6.5 hochgesetzt.
Den Duftverlauf nehme ich nach wie vor so wahr wie beschrieben, jedoch:
(1) ich habe inzwischen weitere Düfte näher kennengelernt und sie alle untereinander abwiegen können. Das hat meine Wahrnehmung verfeinert und erforderte hier und da neue Differenzierungen unter meinen Einschätzungen der Düfte in meiner „Sammlung“. Der „Uomo?“ erfuhr hierbei eine höhere kompositorische Wertschätzung, die in meine Neubewertung nun einfließen soll;
(2) dieser Lern- und Gewöhnungsprozess zum einen und das Immer-wieder-Probieren zum anderen haben auch eine emotionale Annäherung zu bestimmten Aspekten des Duftes bewirkt: der frische Auftakt macht mir mehr Spaß, ich schätze das abgerundete Ineinanderübergehen mehr. Ich kann dem Schmelzigen mittlerweile dann und wann etwas abgewinnen. Und ich habe für mich Momente entdeckt, denen jene nun geschätzten Duftaspekte gut zu Gesichte stehen, d.h. ich kann ihn bei entsprechenden Gelegenheiten nun auch mit Spaß und Kühnheit tragen;
(3) ich habe meine persönliche Bewertungsskala in Abstimmung mit den (bzw. in der Interpretation der) parfumo-Vorgaben neu kalibriert (wer mag: Abbildung in meinem Fotoalbum).
Fazit: eine interessante Eigen-Erfahrung über Lern- und Entwicklungsprozesse und die Frage, wann der richtige Zeitpunkt zum Bewerten eines Duftes denn nun eigentlich gekommen ist.
1.) Dies war ein BLINDKAUF, angeregt durch die vielen überschwänglichen Meinungen zu diesem Duft in Verbindung mit dem äußerst günstigen Preis. Ich wollte damit meinen Horizont bezüglich Herrendüften mit blumigen Noten erweitern.
2.) Ich bin kein Duftexperte, habe in den letzten knapp 35 Jahren (inkl. einer fast 10-Jährigen Duftpause) ca. 30 Düfte besessen und ca 2- bis 3-mal so viele „geschnuppert“. Das alles mehr von der sinnlichen Seite her betrieben.
Nach meinem Eindruck wird das klassische Männerbild nicht nur bereits im Fragezeichen des Namens, sondern auch in der Ausrichtung des duftlichen Gesamteindrucks infrage gestellt. Warum auch nicht!
Zwar durchaus (auch) „klassisch“-männlich (es gibt frische Noten ganz am Anfang und holzige Noten im weiteren Verlauf); aber durchweg werden sie umspielt von Duftnoten, die ich eher mit Damendüften in Zusammenhang bringen würde.
Leider muss ich sagen, dass dieses Zusammenspiel auf meiner Haut und in meiner Nase nicht funktioniert hat.
Vor allem, weil diese Gleichzeitigkeit für mich eine Diffusität und Dissonanz hervorruft. Ein Kampf um eine Balance, die letztlich nicht eintritt bzw. die um den Preis einer klaren Linie eintritt. Ich selbst werde bei diesem Kampf außen vor gelassen, er schert sich nicht um mich.
Mein Eindruck auf der Haut: in den ersten Sekunden eine frische, beinahe (leicht) zitrische Note. Sehr schnell gesellen sich eine recht schwere Süße und -für meine Nase- undefinierbare würzig-holzige Noten hinzu. Erst mal tritt nichts hervor. Wo geht die Reise hin? Besonders männlich finde ich den nicht, eher schwülstig, um ehrlich zu sein. Nach etwa 5 Min. sortiert sich das ganze etwas, und die Noten, die etwas zu sagen haben, sorgen vorübergehend für etwas Ruhe. Etwas mehr Würze, etwas mehr Klarheit, etwas weniger süße Umnebelung.
Kurz darauf ist der Eindruck karamellig-pudrig-trocken, gedrungen; die Duftkomponenten wirken auf mich, als seien sie zusammengeklebt. Sie können sich nicht freimachen voneinander, kommen nicht zur Entfaltung. Es kommt mir vor, als würden sie sich eher überlappen als ergänzen, eher gegeneinander als miteinander spielen. Dies führt zur beschriebenen Gedrungenheit. Dadurch ist der Duft für mich in der Wahrnehmung nicht klar, sondern nur allgemein aufdringlich-„süß“ und diffus. Die Blumen sind nicht frisch, luftig, klar; das Holz nicht konturierend-warm, souverän, Linie gebend. Der Duft strahlt nicht, er wabert (für mich).
Auch nach einer Weile: Immer noch zuviel Süße und eine leichte holzige Bitterkeit. Er ist nicht gediegen-elegant und hat auch kein understatement. Er drückt ganz schön auf die Tube. Er hinterlässt bei mir einen DIFFUSEN GESAMTEINDRUCK, hat was von der Wirkung einer –pardon!- Haarspraywolke beim Damenfrisör in den 60er Jahren, ich fühle mich unangenehm überwältigt. Nur dass statt der colonischen Spitze von Haarsprays jene besagte karamellene, cremige, trotzdem trockene Pudrigkeit den Job übernimmt.
Braune Farbtöne vor grauem Hintergrund mit farbigen Sprengseln sind mir die ganze Zeit vorm geistigen Auge. Früher Frühling und der Herbst kommen mir als die besten JZ vor, um den Duft zu tragen; vielleicht sogar der eine oder andere Wintertag. Outdoors, aber nicht im grünen saftigen Wald, das würde sich beißen. Auf jeden Fall in urbaner Umgebung. Downtown, monochrom, Glas, Beton, Stahl. Straßenschluchten. Ein flüchtiger Besuch in einer Cappuccinobar. Dressed up, dressed sharp, Männer, die auch auf ihre körperliche Linie und Fitness achten. Modebewusst, extrem gepflegt und durchaus mit verspielten Designs und Accessoires. Nicht ZU klassisch. Kein Büroduft (dazu fände ich ihn zu aufdringlich). Etwas androgyn vielleicht? „Bold“, „a little crazy“ und durchaus sehr selbstbewusst. Jemand, der sich auch (gern) über Äußerlichkeiten definiert, gerne spielt.
Mein Eindruck auf Papier übrigens: insgesamt frischer, frecher, runder, angenehmer. Nicht ganz so schwer.
Ein interessanter Duft durchaus, aber dennoch nichts für mich. Ich fühle mich von dem Duft ignoriert, ausgegrenzt, überrollt; wir bilden keine gute Einheit. Wie ich mit ihm auf andere wirke, habe ich bisher nicht überprüft. Ob und wie es mit uns weitergehen kann - dahinter steht dann auch ein großes Fragezeichen.
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Edit 31.10.2017 – Ich habe meine ursprüngliche Duftbewertung (aus dem Mai 2017) von 5.0 auf 6.5 hochgesetzt.
Den Duftverlauf nehme ich nach wie vor so wahr wie beschrieben, jedoch:
(1) ich habe inzwischen weitere Düfte näher kennengelernt und sie alle untereinander abwiegen können. Das hat meine Wahrnehmung verfeinert und erforderte hier und da neue Differenzierungen unter meinen Einschätzungen der Düfte in meiner „Sammlung“. Der „Uomo?“ erfuhr hierbei eine höhere kompositorische Wertschätzung, die in meine Neubewertung nun einfließen soll;
(2) dieser Lern- und Gewöhnungsprozess zum einen und das Immer-wieder-Probieren zum anderen haben auch eine emotionale Annäherung zu bestimmten Aspekten des Duftes bewirkt: der frische Auftakt macht mir mehr Spaß, ich schätze das abgerundete Ineinanderübergehen mehr. Ich kann dem Schmelzigen mittlerweile dann und wann etwas abgewinnen. Und ich habe für mich Momente entdeckt, denen jene nun geschätzten Duftaspekte gut zu Gesichte stehen, d.h. ich kann ihn bei entsprechenden Gelegenheiten nun auch mit Spaß und Kühnheit tragen;
(3) ich habe meine persönliche Bewertungsskala in Abstimmung mit den (bzw. in der Interpretation der) parfumo-Vorgaben neu kalibriert (wer mag: Abbildung in meinem Fotoalbum).
Fazit: eine interessante Eigen-Erfahrung über Lern- und Entwicklungsprozesse und die Frage, wann der richtige Zeitpunkt zum Bewerten eines Duftes denn nun eigentlich gekommen ist.
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