12.05.2014 - 03:35 Uhr
Naaase
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Naaase
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Der "Habit Rouge-Mann" steht für höchste Eleganz
Der "Habit Rouge- Mann" steht für höchste Eleganz...
Auf der Internet-Seite von Guerlain findet sich folgende (kurze) Beschreibung: "Als Hommage an den Pferdesport entwickelte Jean-Paul Guerlain 1965 den ersten orientalischen Herrenduft der Geschichte. Der Name Habit Rouge spielt auf die berühmte rote Jacke der Reiteruniform an. Der Duft verbindet Noten von Erde, warmem Leder und Wald ... Wie eine akrobatische Figur steht er für beherrschten, raffinierten und kraftvollen Instinkt."
An anderer Stelle findet sich im Internet über diesen Duft: "Der Habit Rouge-Mann steht für höchste Eleganz. Er ist mit seinen Verführungskräften vertraut. Das Einzige, das sein perfektes Äußeres aus der Fassung bringen kann, ist der Hauch einer unkontrollierbaren Leidenschaft, die tief in seinen Augen glüht. Verwegen schreitet er voran, von einem Zauber seltener Raffinesse umgeben, die ein klein wenig an Unverschämtheit grenzt. Er mag es, sich vorzustellen, dass sein Parfum ihm ähnelt, sein zweites Gesicht, sein Alter Ego ist. Also muss es schlicht gehalten sein, zur selben Zeit aber auch den vollkommenen Ausnahmefall darstellen, eben ganz so wie er selbst ist."
Bin ich dieser "Habit-Rouge-Mann" aus der Werbung ? Bin ich mit meinen Verführungskräften vertraut ? Tatsache ist, dass ich -laut Aussage meiner Frau- anscheinend durchaus eine gewisse Überzeugungskraft an den Tag legen kann. So etwa beim Hausputz. Oder besser gesagt: Dessen Vermeidung. Oder noch genauer gesagt: Dessen Vermeidung für mich. Aber, wie sieht es da bei anderen Frauen aus ? Nun ja, immerhin ist es mir neulich gelungen, durch das Spielen meines unendlichen Charmes die Verkäuferin einer Parfümerie-Kette dazu zu bewegen, mir drei Pröbchen mit in die Tüte zu legen. "Also klappt das mit dem Verführen !" dachte ich insgeheim glücklich. Bis ich dann kurze Zeit später bemerkte, dass jeder ihrer Kunden mit den gleichen Pröbchen in der selben Anzahl bedacht wurde. Zugegeben: Das gab meinem Selbstvertrauen kurzfristig einen kleinen Dämpfer.
Stehe ich aber vielleicht "für höchste Eleganz" ? Das mögen andere beurteilen. Zweifellos steht jedoch "für höchste Eleganz" das Haus Guerlain. Hierbei handelt es sich um eines der ältesten Parfümhäuser der Welt. Von 1828 bis 1994 wurde das Unternehmen von der Familie Guerlain geführt, bis es an den Luxuskonzern "LVMH" verkauft wurde. Das erste "Maison Guerlain" wurde 1828 von Pierre-François Pascal Guerlain in der Rue de Rivoli 42 in Paris eröffnet. Dort schuf Pierre-Francois Guerlain mit seinen beiden Söhnen Aimé und Gabriel Düfte. Mit steigender Anerkennung in vornehmen Gesellschaftskreisen expandierte das Haus 1840 in die Rue de la Paix. Der Erfolg dieses Unternehmens gipfelte 1853 mit der Kreation des Parfums "Eau de Cologne Impériale". Diese Kreation brachte Pierre-François Guerlain den Titel des "königlichen französischen Hofparfumeurs" ein. Auch Königin Victoria und Königin Isabella II. von Spanien zählten zu seinen Kunden. 1864 starb Pierre-François Guerlain und seine beiden Söhne übernahmen das Unternehmen; sein Sohn Gabriel die Geschäftsführung, Aimé wurde Chefparfümeur. Aimé schuf in dieser Zeit verschiedene Düfte: Fleur d'Italie (1884), Rococo (1887) und Eau de cologne du coq (1894). Sein vermutlich bekanntestes Parfum wurde Jicky (1889). In dritter Generation übernahmen Gabriels Söhne Jacques Guerlain and Pierre Guerlain die Leitung. Jacques wurde Chefparfumeur und Pierre übernahm die Geschäftsleitung. Einige von Jacques Parfums sind bis heute beliebt: Eau du Coq (1894), Mouchoir de Monsieur (1904), Après L'Ondée (1906), L'Heure Bleue (1912), Mitsouko (1919), und Guerlains bis heute hergestelltes Flaggschiff Shalimar (1925). Weitere Kreationen sind: Vol de Nuit (1933) als Hommage an Antoine de Saint-Exupéry und Air France. Ode (1955), Joy von Jean Patou, war die letzte Kreation von Jacques Guerlain. Der Duft Ode entstand unter Mithilfe seines damals 18-jährigen Enkelsohnes Jean-Paul Guerlain, der letztlich, der letzte Eigentümer und Chefparfumeur der Familie werden sollte. Sein Spitzname in der Branche ist "Le Nez", die Nase. Jean-Paul schuf Düfte wie Vétiver (1959), Habit Rouge (1965), Nahéma (1979), Jardins de Bagatelle (1983), Samsara (1989), sowie Héritage und Coriolan. Nachdem das Unternehmen 1994 an den Luxuskonzern LVMH verkauft wurde arbeitete er noch als Berater für das Unternehmen. Mit Jean-Pauls Rückzug 2002 im Alter von 65 Jahren und dem Fehlen von Erben innerhalb der Familie endete die Periode eines familiengeführten Parfumhauses. Nach der Übernahme Guerlains durch den Luxuskonzern "LVMH" im Jahre 1994 wurden familienfremde Parfümeure, wie Mathilde Laurent, Maurice Roucel,Thierry Wasser mit der Herstellung von Düften beauftragt.
So entstand im Hause Guerlain insbesondere 1965 das Habit Rouge (EdT), dem im Jahr 2003 letztlich das Habit Rouge EdP folgen sollte. In dieser Reihe entstanden in den folgenden Jahren noch einige Abwandlungen. So im Jahre 2005 das "Habit Rouge Legère", 2009 gleich drei Facetten dieses Duftes mit "Habit Rouge Sport", "Habit Rouge Extrait" und dem "Habit Rouge Beau Cavalier". Letztlich wurden wir Parfüm-Freunde noch im Jahr 2011 mit dem "Habit Rouge L'Eau" beschenkt.
Doch Gegenstand unserer Betrachtung sollen heute nur das EdT aus dem Jahre 1965 und das 2003 erschienene EdP sein, wobei ich einräumen muss, dass mir jeweils nur eine aktuelle Ausgabe dieser Düfte vorliegt.
Das EdT startet sehr zitrisch. Sehr erfrischend. Auf den ersten Blick fast wie "Pour Monsieur" von Chanel. Meine Nase entdeckt eine Zitrone. Aber keine solche, die reif und träge über einen langen Zeitraum hinweg am Ast hängend die sommerlichen Sonnenstrahlen genossen hat. Nein, es ist eine früh gepflückte Zitrone. Ebenso wie bei (dem zehn Jahre älteren) "Pour Monsieur" erscheint mir dieser (zitrisch-erfrischende) Auftakt typisch für viele Männerdüfte dieser Zeit: Der Mann von damals wollte gleich zu Beginn des Duftverlaufes erst einmal erfrischt werden. Die süßen Duftnoten waren damals (erst recht in der Kopfnote) eher noch dem schönen Geschlecht vorbehalten. Und welche Frucht wäre besser geeignet für eine erfrischende Anfangsdusche als eine noch grüne Zitrone ? Doch schon sehr schnell zeigt Habit Rouge EdT im weiteren Duftverlauf, wo die Reise hingeht: Und diese geht gerade nicht "Hand-in-Hand" weiter mit Chanel's "Pour Monsieur", sondern in Richtung Orange. Aber auch diese bringt kaum -um es mal so auszudrücken- "Zucker bei die Fische". Denn auch sie ist offensichtlich dazu auserkoren, den erfrischenden Auftakt zu unterstützen. "Habit Rouge" wird ja stets damit beworben, es sei der erste orientalisch geprägte Duft für den Mann gewesen. Insoweit drängt sich mir bereits in diesem frühen Stadium der Duftentwicklung beim EdT ein gewisser orientalischer Touch durch das Zusammenspiel von Zitrone und Orange auf. Oder bin ich gar ein Opfer der Werbekampagne des Hauses Guerlain geworden ?
Doch zum Überlegen bleibt nicht viel Zeit: Den jetzt wird es endgültig orientalisch: Feinstes Patchouli erreicht meine Nase. Es ist rein und nur leicht kratzig; fügt sich jedoch perfekt in das Duett der beiden Zitrusfrüchten ein. Diese bleiben uns noch erhalten, obgleich sie etwas in den Hintergrund treten. Doch da erschnuppere ich schon etwas Leder. Nein, nein, nein, das ist nicht das edle Leder eines antiken Barockstuhles und auch nicht das frische Wildleder eines Sommerblousons. Nein, verdammt nochmal, das ist ein richtig cooles Leder. Das Leder einer -Verzeihung- "abgefuckten Motorradjacke" oder auch das abgewetzte Leder einer jahrelang benutzten Reiteruniform. Doch an dieser Stelle rieche ich noch etwas anderes: Der Motorradfahrer musste also mal Tanken fahren: Benzoe ! Aber nur leicht und im Hintergrund. Kaum wahrnehmbar begleiten diese unsere immer noch sau-coole orientalische Motorradjacke. Unser Motorradfahrer (mit den vielen "Pferdestärken - um im Bild zu bleiben). Ist nun offensichtlich an der Kasse und nimmt sich an diesem heißen Sommertag zur Erfrischung noch ein Eis mit: Ein Vanille-Eis. Es ist aber nicht eins dieser ultra-süßen Exemplare. Nein, Mann, es ist doch ein heißer Sommertag ! Mit sanften und leichten Vanille-Noten klingt der Duft dann langsam aus. Einfach cool. Einfach wunderschön.
Das EdP startet bereits ganz anders: Zwar treffen wir in der Kopfnote -dem Grunde nach- unsere beiden Freunde von vorhin: Zitrone und Orange. Doch sie sind gereift. So sehr, dass sich fast der Eindruck aufdrängt, sie wären zwischen der Lancierung des Habit Rouge (EdT) im Jahr 1965 und der Veröffentlichung des gleichnamigen EdP (2003) noch am Baum verblieben und wären in diesen 38 Jahren gereift. Zudem wird ihnen als Weggefährte eine Bergamotte zur Seite gestellt. Auch diese hat ihre Jugendjahre bereits hinter sich; wenn auch nicht überreif. Auch Neroli gesellt sich dazu und -zu meiner Überraschung- etwas Blumiges (Jasmin). Hey, war den unser sau-cooler Motorradfahrer vom EdT nach dem Erledigen des zwingend notwendigen Tankvorgangs noch bei Fleurop ? Oder hat er gar seiner Liebsten am Wegesrand der Autobahn (oder gar der "Route 66" ?) noch ein paar Blümchen gepflückt ? Na, wenigstens hat er seine orientalische (Patchouli) Lederjacke noch an. Aber irgendwie ist diese Lederjacke auch eine andere. Oh, er hat sich offensichtlich eine neue gekauft. Natürlich ohne Patina. Zweifellos aus sehr hochwertigem Material. War sicherlich auch sehr sehr teuer. Aber eben nicht mehr diese alte. Diese coole. Diese Patina. Die neue Lederjacke hat -natürlich- auch nicht diese Beulen und diese kleinen Risse von diesem -Gott sei Dank- damals recht glimpflich ausgegangenen Sturz. Nein, die neue Lederjacke passt perfekt.
Und man kann sich ja auch mit dieser neuen Lederjacke ein Eis kaufen. Zur Abkühlung an einem solch' heißen Sommertag. Was, dieses Eis von damals gibt es nicht mehr ? Dafür ein neues ? Sorte "Vanille-Traubenzucker" ? Na gut, mal probieren: Ja, die verwendete Vanille schmeckt intensiver. Wird sicherlich eine qualitativ sehr sehr hochwertige Bourbon-Vanille sein. Im Gegensatz zu früher schmeckt sie aber pudrig-weich. Cremig und anschmiegsam.
Fazit:
Beide Düfte bewegen sich auf einem sehr sehr hohen Niveau. Man möge es mir verzeihen: Ich bevorzuge -wie man vielleicht schon aus obigen Zeilen heraus lesen konnte- das EdT. Ich liebe Düfte, die -scheinbar mühelos- Widersprüche in sich vereinen, mit ihnen spielen und dabei noch sau-cool sind. Das alles hat Habit Rouge EdT. Das gleichnamige EdP aus dem Jahr 2003 ist zweifellos ein großartiger Duft: Pudrig-weich, cremig und anschmiegsam. Mir jedoch etwas zu viel ...
Auf der Internet-Seite von Guerlain findet sich folgende (kurze) Beschreibung: "Als Hommage an den Pferdesport entwickelte Jean-Paul Guerlain 1965 den ersten orientalischen Herrenduft der Geschichte. Der Name Habit Rouge spielt auf die berühmte rote Jacke der Reiteruniform an. Der Duft verbindet Noten von Erde, warmem Leder und Wald ... Wie eine akrobatische Figur steht er für beherrschten, raffinierten und kraftvollen Instinkt."
An anderer Stelle findet sich im Internet über diesen Duft: "Der Habit Rouge-Mann steht für höchste Eleganz. Er ist mit seinen Verführungskräften vertraut. Das Einzige, das sein perfektes Äußeres aus der Fassung bringen kann, ist der Hauch einer unkontrollierbaren Leidenschaft, die tief in seinen Augen glüht. Verwegen schreitet er voran, von einem Zauber seltener Raffinesse umgeben, die ein klein wenig an Unverschämtheit grenzt. Er mag es, sich vorzustellen, dass sein Parfum ihm ähnelt, sein zweites Gesicht, sein Alter Ego ist. Also muss es schlicht gehalten sein, zur selben Zeit aber auch den vollkommenen Ausnahmefall darstellen, eben ganz so wie er selbst ist."
Bin ich dieser "Habit-Rouge-Mann" aus der Werbung ? Bin ich mit meinen Verführungskräften vertraut ? Tatsache ist, dass ich -laut Aussage meiner Frau- anscheinend durchaus eine gewisse Überzeugungskraft an den Tag legen kann. So etwa beim Hausputz. Oder besser gesagt: Dessen Vermeidung. Oder noch genauer gesagt: Dessen Vermeidung für mich. Aber, wie sieht es da bei anderen Frauen aus ? Nun ja, immerhin ist es mir neulich gelungen, durch das Spielen meines unendlichen Charmes die Verkäuferin einer Parfümerie-Kette dazu zu bewegen, mir drei Pröbchen mit in die Tüte zu legen. "Also klappt das mit dem Verführen !" dachte ich insgeheim glücklich. Bis ich dann kurze Zeit später bemerkte, dass jeder ihrer Kunden mit den gleichen Pröbchen in der selben Anzahl bedacht wurde. Zugegeben: Das gab meinem Selbstvertrauen kurzfristig einen kleinen Dämpfer.
Stehe ich aber vielleicht "für höchste Eleganz" ? Das mögen andere beurteilen. Zweifellos steht jedoch "für höchste Eleganz" das Haus Guerlain. Hierbei handelt es sich um eines der ältesten Parfümhäuser der Welt. Von 1828 bis 1994 wurde das Unternehmen von der Familie Guerlain geführt, bis es an den Luxuskonzern "LVMH" verkauft wurde. Das erste "Maison Guerlain" wurde 1828 von Pierre-François Pascal Guerlain in der Rue de Rivoli 42 in Paris eröffnet. Dort schuf Pierre-Francois Guerlain mit seinen beiden Söhnen Aimé und Gabriel Düfte. Mit steigender Anerkennung in vornehmen Gesellschaftskreisen expandierte das Haus 1840 in die Rue de la Paix. Der Erfolg dieses Unternehmens gipfelte 1853 mit der Kreation des Parfums "Eau de Cologne Impériale". Diese Kreation brachte Pierre-François Guerlain den Titel des "königlichen französischen Hofparfumeurs" ein. Auch Königin Victoria und Königin Isabella II. von Spanien zählten zu seinen Kunden. 1864 starb Pierre-François Guerlain und seine beiden Söhne übernahmen das Unternehmen; sein Sohn Gabriel die Geschäftsführung, Aimé wurde Chefparfümeur. Aimé schuf in dieser Zeit verschiedene Düfte: Fleur d'Italie (1884), Rococo (1887) und Eau de cologne du coq (1894). Sein vermutlich bekanntestes Parfum wurde Jicky (1889). In dritter Generation übernahmen Gabriels Söhne Jacques Guerlain and Pierre Guerlain die Leitung. Jacques wurde Chefparfumeur und Pierre übernahm die Geschäftsleitung. Einige von Jacques Parfums sind bis heute beliebt: Eau du Coq (1894), Mouchoir de Monsieur (1904), Après L'Ondée (1906), L'Heure Bleue (1912), Mitsouko (1919), und Guerlains bis heute hergestelltes Flaggschiff Shalimar (1925). Weitere Kreationen sind: Vol de Nuit (1933) als Hommage an Antoine de Saint-Exupéry und Air France. Ode (1955), Joy von Jean Patou, war die letzte Kreation von Jacques Guerlain. Der Duft Ode entstand unter Mithilfe seines damals 18-jährigen Enkelsohnes Jean-Paul Guerlain, der letztlich, der letzte Eigentümer und Chefparfumeur der Familie werden sollte. Sein Spitzname in der Branche ist "Le Nez", die Nase. Jean-Paul schuf Düfte wie Vétiver (1959), Habit Rouge (1965), Nahéma (1979), Jardins de Bagatelle (1983), Samsara (1989), sowie Héritage und Coriolan. Nachdem das Unternehmen 1994 an den Luxuskonzern LVMH verkauft wurde arbeitete er noch als Berater für das Unternehmen. Mit Jean-Pauls Rückzug 2002 im Alter von 65 Jahren und dem Fehlen von Erben innerhalb der Familie endete die Periode eines familiengeführten Parfumhauses. Nach der Übernahme Guerlains durch den Luxuskonzern "LVMH" im Jahre 1994 wurden familienfremde Parfümeure, wie Mathilde Laurent, Maurice Roucel,Thierry Wasser mit der Herstellung von Düften beauftragt.
So entstand im Hause Guerlain insbesondere 1965 das Habit Rouge (EdT), dem im Jahr 2003 letztlich das Habit Rouge EdP folgen sollte. In dieser Reihe entstanden in den folgenden Jahren noch einige Abwandlungen. So im Jahre 2005 das "Habit Rouge Legère", 2009 gleich drei Facetten dieses Duftes mit "Habit Rouge Sport", "Habit Rouge Extrait" und dem "Habit Rouge Beau Cavalier". Letztlich wurden wir Parfüm-Freunde noch im Jahr 2011 mit dem "Habit Rouge L'Eau" beschenkt.
Doch Gegenstand unserer Betrachtung sollen heute nur das EdT aus dem Jahre 1965 und das 2003 erschienene EdP sein, wobei ich einräumen muss, dass mir jeweils nur eine aktuelle Ausgabe dieser Düfte vorliegt.
Das EdT startet sehr zitrisch. Sehr erfrischend. Auf den ersten Blick fast wie "Pour Monsieur" von Chanel. Meine Nase entdeckt eine Zitrone. Aber keine solche, die reif und träge über einen langen Zeitraum hinweg am Ast hängend die sommerlichen Sonnenstrahlen genossen hat. Nein, es ist eine früh gepflückte Zitrone. Ebenso wie bei (dem zehn Jahre älteren) "Pour Monsieur" erscheint mir dieser (zitrisch-erfrischende) Auftakt typisch für viele Männerdüfte dieser Zeit: Der Mann von damals wollte gleich zu Beginn des Duftverlaufes erst einmal erfrischt werden. Die süßen Duftnoten waren damals (erst recht in der Kopfnote) eher noch dem schönen Geschlecht vorbehalten. Und welche Frucht wäre besser geeignet für eine erfrischende Anfangsdusche als eine noch grüne Zitrone ? Doch schon sehr schnell zeigt Habit Rouge EdT im weiteren Duftverlauf, wo die Reise hingeht: Und diese geht gerade nicht "Hand-in-Hand" weiter mit Chanel's "Pour Monsieur", sondern in Richtung Orange. Aber auch diese bringt kaum -um es mal so auszudrücken- "Zucker bei die Fische". Denn auch sie ist offensichtlich dazu auserkoren, den erfrischenden Auftakt zu unterstützen. "Habit Rouge" wird ja stets damit beworben, es sei der erste orientalisch geprägte Duft für den Mann gewesen. Insoweit drängt sich mir bereits in diesem frühen Stadium der Duftentwicklung beim EdT ein gewisser orientalischer Touch durch das Zusammenspiel von Zitrone und Orange auf. Oder bin ich gar ein Opfer der Werbekampagne des Hauses Guerlain geworden ?
Doch zum Überlegen bleibt nicht viel Zeit: Den jetzt wird es endgültig orientalisch: Feinstes Patchouli erreicht meine Nase. Es ist rein und nur leicht kratzig; fügt sich jedoch perfekt in das Duett der beiden Zitrusfrüchten ein. Diese bleiben uns noch erhalten, obgleich sie etwas in den Hintergrund treten. Doch da erschnuppere ich schon etwas Leder. Nein, nein, nein, das ist nicht das edle Leder eines antiken Barockstuhles und auch nicht das frische Wildleder eines Sommerblousons. Nein, verdammt nochmal, das ist ein richtig cooles Leder. Das Leder einer -Verzeihung- "abgefuckten Motorradjacke" oder auch das abgewetzte Leder einer jahrelang benutzten Reiteruniform. Doch an dieser Stelle rieche ich noch etwas anderes: Der Motorradfahrer musste also mal Tanken fahren: Benzoe ! Aber nur leicht und im Hintergrund. Kaum wahrnehmbar begleiten diese unsere immer noch sau-coole orientalische Motorradjacke. Unser Motorradfahrer (mit den vielen "Pferdestärken - um im Bild zu bleiben). Ist nun offensichtlich an der Kasse und nimmt sich an diesem heißen Sommertag zur Erfrischung noch ein Eis mit: Ein Vanille-Eis. Es ist aber nicht eins dieser ultra-süßen Exemplare. Nein, Mann, es ist doch ein heißer Sommertag ! Mit sanften und leichten Vanille-Noten klingt der Duft dann langsam aus. Einfach cool. Einfach wunderschön.
Das EdP startet bereits ganz anders: Zwar treffen wir in der Kopfnote -dem Grunde nach- unsere beiden Freunde von vorhin: Zitrone und Orange. Doch sie sind gereift. So sehr, dass sich fast der Eindruck aufdrängt, sie wären zwischen der Lancierung des Habit Rouge (EdT) im Jahr 1965 und der Veröffentlichung des gleichnamigen EdP (2003) noch am Baum verblieben und wären in diesen 38 Jahren gereift. Zudem wird ihnen als Weggefährte eine Bergamotte zur Seite gestellt. Auch diese hat ihre Jugendjahre bereits hinter sich; wenn auch nicht überreif. Auch Neroli gesellt sich dazu und -zu meiner Überraschung- etwas Blumiges (Jasmin). Hey, war den unser sau-cooler Motorradfahrer vom EdT nach dem Erledigen des zwingend notwendigen Tankvorgangs noch bei Fleurop ? Oder hat er gar seiner Liebsten am Wegesrand der Autobahn (oder gar der "Route 66" ?) noch ein paar Blümchen gepflückt ? Na, wenigstens hat er seine orientalische (Patchouli) Lederjacke noch an. Aber irgendwie ist diese Lederjacke auch eine andere. Oh, er hat sich offensichtlich eine neue gekauft. Natürlich ohne Patina. Zweifellos aus sehr hochwertigem Material. War sicherlich auch sehr sehr teuer. Aber eben nicht mehr diese alte. Diese coole. Diese Patina. Die neue Lederjacke hat -natürlich- auch nicht diese Beulen und diese kleinen Risse von diesem -Gott sei Dank- damals recht glimpflich ausgegangenen Sturz. Nein, die neue Lederjacke passt perfekt.
Und man kann sich ja auch mit dieser neuen Lederjacke ein Eis kaufen. Zur Abkühlung an einem solch' heißen Sommertag. Was, dieses Eis von damals gibt es nicht mehr ? Dafür ein neues ? Sorte "Vanille-Traubenzucker" ? Na gut, mal probieren: Ja, die verwendete Vanille schmeckt intensiver. Wird sicherlich eine qualitativ sehr sehr hochwertige Bourbon-Vanille sein. Im Gegensatz zu früher schmeckt sie aber pudrig-weich. Cremig und anschmiegsam.
Fazit:
Beide Düfte bewegen sich auf einem sehr sehr hohen Niveau. Man möge es mir verzeihen: Ich bevorzuge -wie man vielleicht schon aus obigen Zeilen heraus lesen konnte- das EdT. Ich liebe Düfte, die -scheinbar mühelos- Widersprüche in sich vereinen, mit ihnen spielen und dabei noch sau-cool sind. Das alles hat Habit Rouge EdT. Das gleichnamige EdP aus dem Jahr 2003 ist zweifellos ein großartiger Duft: Pudrig-weich, cremig und anschmiegsam. Mir jedoch etwas zu viel ...
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