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Verbale Interaktion chnokfir mit Parfum
vor 2 Jahren - 16.09.2022
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Zusammenleben mit einem Parfummuffel - Teil 17

Zusammenleben mit einem Parfummuffel - Teil 17

Weg!

Ich habe einen guten Schulfreund. Mäuserl. So nannte ihn immer seine Frau Mama. Das haben wir garstigen Mitschüler irgendwann spitz bekommen und ihn auch so genannt. Was soll man auch machen, wenn damals in den 1980ern jeder zweite Mitschüler ebenfalls Michael, Christian oder Thomas hiess? Der Spitzname blieb. Bis heute. Passt zwar nicht, ist aber egal. Man versteht Mäuserl nicht allzu gut. Das hängt nicht nur mit seinen zahllosen Operationen am Kehlkopf und den Stimmbändern zusammen. Er hat theoretische Physik studiert. Ausserdem ist er ein Computer-Nerd. Keiner weiss, was er der Menschheit mitteilen möchte. Ab einer halben Flasche Rotwein bessert sich das dann aber schlagartig. Oder es ist uns egal. Jedenfalls meint er, dass es zwei Kräfte in diesem Universum gibt, die alle physikalischen Gesetzmässigkeiten komplett ausser Kraft setzen: Liebe und die chaotischen Treiben aller Frauen. Somit sind meine Worte aus dem Blog "Zusammenleben mit einem Parfummuffel - Teil 16" obsolet und kompletter Humbug.

Es begab sich aber auch vor ein paar Wochen, dass sich nach zig Wochen - oder waren es nicht eher viele Monate? - jemand auf mein Souk-Angebot zu GlücksoaseGlücksoase gemeldet hat.

Vor einigen Jahren stürzte mich meine schwebende Pfirsichblüte in eine tiefe Sinnkrise, als Sie mich in eine Drogerie schleppte, wo Sie dann vor meinen Augen begann, alle möglichen Cheapies zu testen. Sie brauche einen kleine, billigen(!), unkomplizierten Duft, den Sie immer in der Handtasche dabei haben könne. Auch für die Arbeit.

Alle meine Worte zum Thema Travel-Grössen oder Abfüllungen verhallten wie die Worte biblischer Propheten in der Einöde. Jede am Strand austrocknende Qualle würde mir mehr zuhören und auf meine Worte eingehen. Ich war den Tränen nahe und sah mich schon wieder in endlosen Sitzungen bei meinem Therapeuten, wollte mich im DM vor versammelter Mannschaft weinend auf den Boden werfen, Embryonalhaltung einnehmen und am Daumen lutschend einnässen. Einer spontanen Eingebung nachgebend tat ich das dann aber doch nicht.

Und dann kauft meine Frau nach maximal zweiminütigem Schnüffeln an zahllosen, mir komplett unbekannten Testern - Nein, es wurde nichts vor Ort gesprüht!!! - einen Bio-Duft mit dem Namen GlücksoaseGlücksoase für EURO 9,95. Fassungslosigkeit machte sich in mir breit. Macht die Frau das nur, um mich zu ärgern und/oder zu demütigen? Würde ich Sie fragen, sie würde mich nur diabolisch angrienen. *Angst*

Kleine Korrektur: Nicht meine Frau kaufte den Duft, sondern ich, nachdem Ihr Portemonnaie daheim den Küchentisch zierte.

Jedenfalls währte das Glück zur GlücksoaseGlücksoase nicht sonderlich lange. Der Duft wurde zwar hin und wieder mal von Ihr getragen, jedoch nie in der Handtasche zur Arbeit. So staubte der Flakon schnell vor sich hin. Doch da meine Frau eine leidenschaftliche Anhängerin der wahnwitzigen Theorie ist, dass alles, was ein Mensch nicht mindestens einmal im Jahr in Händen hält und nutzt, für immer weg und über die Wupper kann, fand sich der Flakon irgendwann zuoberst einer Halde Ihrer Entrümplungsopfer wieder.

Ich rettete den Flakon und erklärte Ihr, dass ich den bei Parfumo noch für ein paar EURO verkaufen könne und damit jemanden eine kleine Freude bereiten könne. Ausserdem Nachhaltigkeit und so. Skeptische Blicke. Monate gingen ins Land. Kein Kauf. Keine Nachfragen. Neue Sedimentschichten an Staub.

Irgendwann vergass ich dann auch diesen Duft, bis sich vor einigen Wochen jemand auf Grund des Souk meldete. Hurrah! Aber wo war noch gleich der verflixte Flakon?

Irritierte Nachfrage bei unserer Chaos-Managerin. Der ist weg! Wie weg? Weg! Weg weg? Weg weg! Du hasst ihn nicht verkauft, wie du es gesagt hast, dann hab ich ihn eben weg getan! Weg!

Sie hat sich an meinem geheiligten Parfum-Regal vergriffen und versündigt. Etwas entsorgt. Gut, der Duft hat ihr gehört. Ich hatte ihn zwar gekauft, aber ihr geschenkt. Ausserdem gehört per definitionem alles, was mir gehört, uns und alles, was uns gehört, ihr. Ausser den Flakons in meinem Parfum-Regal, die gehören wirklich mir. Nur mir. Ich hinterfrage das aber sicherheitshalber nochmal, bei Gelegenheit.

Seitdem habe ich aber ein klein wenig Bammel. Dass Sie mal wieder was entsorgen könnte. Weil ein Flakon ja eh schon so gut wie leer sei. Oder weil ich einen Duft nicht so häufig tragen würde. Oder weil er ihr nicht gefällt. Oder weil sie Platz braucht. Oder ... 1000 Gründe ...

To be continued ...

PS:
Bevor ich bittere Tränen trocknen muss: Ich gehe alle ein bis zwei Wochen sorgfältig mit einem Swiffer (keine bezahlte Werbung) durch mein Parfumregal. Ehrenwort!

PPS:
Lach nicht so hämisch da hinten ...

Aktualisiert am 16.09.2022 - 14:21 Uhr
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