Name ist Schall und Rauch, umnebelnd Himmelsglut
Kürzlich habe ich mich gefragt, ob ich „Under my skin“ oder „Fucking fabulous“ genauso erotisch finden würde, wenn sie, hm, sagen wir mal, „Zahnprothesenbehälter“ oder „Einstweilige Verfügung“ hiessen.
Klar, cleveres Marketing. Im besten Fall ergeben Duft, Verpackung, Name und Werbekampagne ein stimmiges Ganzes, welches eine bestimmte Zielgruppe anspricht.
Wenn jemand behauptet, durch das Marketing völlig unbeeinflusst ausschliesslich den Duft zu beurteilen, werde ich misstrauisch. In einem Blindtest würde ich mich bis auf die Unterhose blamieren. Marketing beeinflusst mich ganz eindeutig – wahrscheinlich weit mehr, als mir bewusst ist. Wobei es natürlich Ausnahmen gibt. So drücke ich für die pompöse Verpackung von Amouage ein Auge zu (und platziere „Figment“ weit unten im Regal).
Grundsätzlich haben französische, italienische oder englische Namen einen Bonus, weil sie raffinierter, eleganter, sinnlicher oder cooler klingen als Deutsch, Holländisch oder Hebräisch. Selbst absurde Namen wie „Dent de Lait“ klingen geheimnisvoll, zumindest wenn man nicht weiss, dass das Milchzahn bedeutet. Oder „Des clous pour une pelure“ - klingt einen Tick besser als „mit Gewürznelken gespickte Orangenpelle“. (Bis ich da drauf kam, habe ich bei „clous“ an Metallnägel oder Furunkel gedacht.)
Bei den poetischen Namen, oft mit literarischen Anspielungen, sind automatische Übersetzungen heillos überfordert, im besten Fall mit erheiternden Ergebnissen. „Frederic Trunk Musk Pest” klingt witziger als Frédéric Malle „Musc ravageur“.
Manche Namen locken uns auf eine falsche Spur. Bei „What We Do In Paris Is Secret“ denke ich an Satinbettwäsche im Hôtel du Petit Moulin, schwarze Seidendessous, Champagner bei Kerzenlicht und zerkratzte Rücken. Oh là là... Der Duft? Wie in einer französischen Konditorei. Ich schlage hiermit einen alternativen Namen vor: „Ups, wir verschweigen beim Weight Watchers Treffen besser, dass wir uns in Paris ad nauseam mit Éclairs, Madeleines und Millefeuilles vollgestopft haben“.
Düfte lassen träumen, und selbst wenn man weit davon entfernt ist, „L'Homme Idéal“ oder eine „Temptress“ zu sein, kann man sich wenigstens so beduften...
Schöner Beitrag, das geht mir tatsächlich auch so, dass irgendwelche arabischen oder französischen Namen gleich besser und hochwertiger klingen, Shaghaf Oud Abyad fällt mir da sofort ein, keine Ahnung, was das heißt.
Wie vSpee glaub auch ich, dass Parfum-Wahrnehmungen (und Kaufentscheidungen noch mehr) multisensoriell, gesamtkunstwerkhaft vonstatten gehen: das Auge (Flakon), das Ohr (Namen), das Hirn (Sinn, Geschichten, Ideologien, Assoziationen -vernetzt in vielen Bereichen) alle essen mit, alle urteilen mit...
Und über all das, sprechen wir hier auch bei Parfumo.
Die Nase allein, kann wohl gar nich sprechen?!
BeatriceA, Delightful, NoXter, Schalkerin: Vielen Dank!
Amadea70, Edda32: Ella K und ELDO haben besonders originelle Namen. Danke für Eure Kommentare
Manchmal passiert es, dass ein Name für mich nicht zum Duft passt. Black Orchid ist so ein Fall. Bei einem Blindtest hätte ich den fast sportlich oder grün gefunden.
Kennst Du Francesca Bianchi? Die finde ich äusserst attraktiv, und sie scheint sehr freundlich zu sein.
Danke für die amüsanten Gedanken!
Bowlder: Ja, ich denke auch, dass man subtil beeinflusst wird, mehr als man denkt.
Marketing ist schon ein fieses Werkzeug, vor allem weil es funktioniert. Das fällt mir derzeit ganz besonders bei den vielen Kommentaren auf. Es wird munter drauf los geschrieben und allein wegen des Namens ist die Duftbeschreibung schon vorbestimmt. Klar, die Wahrnehmung ist immer individuell, dennoch glaube ich, dass manch ein Kommentar sehr anders ausfiele. Man lässt sich da ja doch beeinflussen ...mich selbst eingeschlossen
Viele Grüße
ChaiTee: zum Glück kaufst Du nicht jeden im hübschen Flacon, das wäre ziemlich teuer...
Friesin: LOL.
Genauso ist es mit den Flakons - ich kann einen Duft im abgrundhässlichen Flakon stehen lassen, während mich nicht jeder hübsche Flakon zum Kauf verführt.
Schönes Wochenende, liebe Kollegin.