Aolani
Aolanis Blog
vor 6 Jahren - 16.07.2018
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Montag und nix aufzusprühen

Montag, morgens vor dem Duftschränkchen. Ich hab nix aufzusprühen. Der Duft, der zu meinem Outfit passt, steht auf der Wunschliste und wartet in einem Duftkaufparadies darauf, dass ich endlich vorbeikomme und ihn kaufe. Ich hab auch gleich einen Schuldigen gefunden, weshalb der passende Duft noch nicht vorhanden ist. Ist ja immer wichtig, einen Schuldigen zu haben. Mein Geldbeutel hat mein Glück verhindert.

Ein Blick auf die Uhr. Schon so spät? Oh nein, zuerst hatte ich ewig Zeit und dann habe ich so lange rumgetrödelt, dass es nun pressiert.

Ratlos stehe ich vor dem Duftschränkchen. Der Guerlain wäre toll, aber irgendwie ist er fürs Büro zu schade und für die Fummelei mit dem Pompom hab ich ohnehin keine Zeit mehr. Wenn ich mich nicht bald entscheide, fährt der Bus ohne mich ab oder ich muss zu Fuß zum Bahnhof hetzen und dann in einer vollen S-Bahn fahren. Also schnell zu irgendwas gegriffen, vielleicht zu einer Probe? Nein, zu gefährlich. Womöglich ist der Duft scheußlich und ich lauf den ganzen Tag vor mir selber weg und kann mich nicht leiden. Oft halten ausgerechnet abscheuliche Düfte ewig an mir.

Noch ein Blick auf die Uhr, na gut, dann halt der nächste Bus. So hab ich noch Zeit für die Wahl. Es geht doch nichts über den passenden Duft. Nur welcher passt heute? Montags wäre ein Gute-Laune-Duft fein. Für Freitag hätte ich schon einen passenden Duft gefunden, nur montags…

Es ist Sommer und wenn ich so meine Sammlung anschaue, bin ich dufttechnisch eher ein Herbst-Wintertyp. Mit zitrischen Sommerdüften hab ich’s nicht so. Außerdem verfliegen die so leicht und ich liebe Düfte mit langer Haltbarkeit. Tagsüber schnuppere ich immer wieder am Handgelenk. Muss komisch aussehen für andere. Als würde ich mir die Nase am Ärmel abputzen. Das sind halt Banausen. Mir doch egal, was die von mir denken. Ich gestehe, ich bin süchtig. Nicht nach Alkohol, oder doch nach Alk…ist der nicht auch in Parfüms?

Philosophie am Morgen bringt mich nicht weiter. Was stehe ich hier rum und denke über Düfte nach und an die Arbeit, statt in die Arbeit zu gehen. Jetzt ist auch schon der nächste Bus ohne mich abgefahren.

Mir fällt ein Duft ins Auge. Aber dann muss ich ein anderes Oberteil anziehen und wie’s der Teufel will, ist genau das in der Wäsche.

Was machen eigentlich andere Parfumas und Parfumos, deren Duftsammlung wesentlich größer ist? Stehen die morgens auch unentschlossen rum?

Hm, ich könnte natürlich auch KEINEN Duft auftragen und nach der Arbeit in eine Parfümerie gehen und ein paar Parfüms testen.

Mein Geldbeutel jault auf.

Testen, ich sprach von testen, beruhige ich ihn.

Du weißt genau, dass es dabei nicht bleiben wird, rüffelt er mich.

Ich bin beleidigt. Schließlich ist es ja wohl meine Sache, wofür ich Geld ausgebe. Dauernd mischt sich der Geldbeutel ein und funkt dazwischen, wenn ich mir was Schönes gönne.

Nun ist der Geldbeutel eingeschnappt und so zugeschnappt, dass er heute kaum aufzukriegen sein wird. So anstrengend!

Und ich hab immer noch nix aufzusprühen.

Hey, wofür gibt es eigentlich den Signaturduft? Ja, genau, wofür ist der eigentlich da? Anfangs bei parfumo hab ich mich gewundert, warum man nur einen einzigen eintragen kann, ich wollte zwei eingeben, einen für den Sommer, einen für den Winter. Aber mein Lieblingssommerduft gefällt mir nicht mehr. Zu synthetisch. Mist, Mist, Mist, ich steh immer noch da und schau dumm auf meine Sammlung. Besser nichts mit Vanille, das ist zu süß und heftig. Hm, ohne Vanille hab ich ja fast nichts. Oder doch?

Oh, der hier, aber nein, der ist auch zu wertvoll für einfach so und montags.

Nimm den, den hast Du noch nie getragen, mault der Geldbeutel.

Hm, ich glaub, den mag ich nicht wirklich. Aber ich musste den ja unbedingt haben. Ungeduldig wische ich das Geldbeutelgequengel beiseite. Dass er mich auch daran erinnern muss. Ich brauch einen neuen Duft.

Brauchst Du nicht.

Brauch ich doch. Du siehst doch, dass ich nicht in die Arbeit komme, weil mir das passende Duftoutfit fehlt.

Sauber reicht doch. Außerdem hast Du genügend Flacons rumstehen.

Ein Saubär-Duft, genauso einer fehlt mir noch, danke.

Nein, Dir fehlt nichts, außer Entscheidungskraft.

Oh, eigentlich treffe ich Entscheidungen schnell, auch beim Duftkaufen bin schnell entschlossen.

Ja, leider, seufzt der Geldbeutel und wird still.

Und jetzt? Was mach ich jetzt? Wenn ich so spät anfange, komme ich später aus dem Büro und habe weniger Zeit, mich durch Duftparadiese zu schnüffeln. Ich hasse Montage. Bevor der nächste Bus ohne mich abfährt, eile ich duftlos aus dem Haus und verspreche dem Geldbeutel nur zu testen. Außer ich finde einen Duft wie eine zweite Haut.

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