Wissenswertes über Guerlain - Die Extrait Zerstäuber oder Luxus vergangener Zeiten
Parfum wird getupft!
Diesen schon fast als Aufforderungen zu verstehenden Satz hat wohl jeder schon mal gelesen. Oder eine fachkundige Parfumverkäuferin hat ihn beim Kauf eines Extrait mit auf den Weg gegeben.
In hiesiger Zeit fühlen sich nur noch wenige Häuser berufen Parfums überhaupt herzustellen. Wenn sie die hohe Kunst beherrschen und den Aufwand nicht scheuen, werden Parfums zumeist in einem dekorativem Flakon angeboten. In der Regel gibt es auch nur noch eine Größe.
Dies war nicht immer so. Ab den ‚fünfziger Jahren‘ waren Düfte nicht mehr ausschließlich den Privilegierten zugänglich. Die Parfumindustrie lebte auf und hatte offensichtlich auch ein Gespür für den Wunsch der Kunden.
Ein Eau de Toilette bzw. ein Parfum konnte bis dato nur in einem (Schütt-)Flakon erworben werden. Wenn zerstäubt wurde, dann aus einem eigenen Flakon, den man selbst befüllte und der meist die heute noch bekannte Ballonpumpe hatte. Dies erklärt, warum zu damaliger Zeit auch große Flakons mit 500 oder 1000 ml Eau de Toilette ganz regulär im Handel angeboten wurden.
Auch die Art der Parfümierung änderte sich. Der Wunsch kam auf, seinen Duft ‚nachlegen‘ zu können. Den Flakon in der Handtasche mitzuführen war nicht praktikabel. Kleine Einheiten waren nun gefragt, ebenfalls der Wunsch nach Zerstäubung und die Parfumindustrie lieferte auch prompt die Antworten.
1965 produzierte Guerlain erstmalig für seine Düfte nachfüllbare Zerstäuber:
Neben den EdT’s mit 93 ml (in der Ära des Treibgases gefüllt mit 80 ml), wurden nun auch Zerstäuber für die Parfums mit 8 ml und 15 ml hergestellt. Das Dekor der Hüllen war weitestgehend standardisiert: Für Shalimar, Mitsouko, L’heure bleue, Ode, Jicky und Vol de Nuit und später auch für Chamade wurde das Motiv ‚Delft‘ gewählt. Das Material der Hüllen war zunächst Metall/Keramik (Boden), später den nur noch Metall.
Der damalige Neuling und stark beworbene Duft spielte jedoch eine Ausnahme: Chant d’Arômes erhielt das Dekor ‚Mariposa.
Parure steckte ab 1975 in einer türkisfarbenen, goldenen Hülle und 1979 wählte man für Nahema die außergewöhnliche Farbgebung in rosa/orange/gold.
Ab 1982 wurde nicht mehr differenziert, alle Nachfüllungen steckten in goldenen Kanistern. Einzig bei den Neuproduktionen Samsara (1989) und Champs-Élysées (1996) leistete man sich noch mal ‚exklusivere‘ Hüllen, den Parfumflakons nachempfunden.
1994/1995 wurden die Hüllen ‚verjüngt‘ und waren nun für alle Düfte einheitlich. L’Instant de Guerlain war das letzte Extrait, welches auch noch für Zerstäuber hergestellt wurde.
Schaut man heute in die aktuelle Verkaufsliste von Guerlain stellt man sehr schnell fest, dass nur noch für Shalimar die Referenzen ‚Vaporisateur rechargeable complet‘ und ‚Recharge vaporisateur’ erscheinen.
Der Trend, sein Extrait im Zerstäuber mit in die Oper zu nehmen, scheint also ‚perdu‘ zu sein. Ob hierfür die Preispolitik oder das generelle Desinteresse für Parfums verantwortlich ist, will ich an dieser Stelle nicht diskutieren.
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Gerne möchte ich noch auf einige Sonderproduktionen hinweisen:
- Ausschließlich im Duty free-Bereich wurde Mitsouko in diesem 8 ml Zerstäuber angeboten.
- 1992 wurde die ‚Météorites‘- Linie ausgebaut. Neben den nachfüllbaren Zerstäubern (Extrait für Shalimar, Samsara, Mitsouko und L’heure bleue mit 7,5 ml) passten auch 15 ml Eau de Parfum in die Hüllen.
- Ab1996 wurde in Paris eine Accessoire-Linie angeboten. Neben Seidentüchern, Handtaschen konnten unter anderem auch diese 10 ml - Zerstäuber (kostenintensiv) erworben werden.
- Diese Vaporisateure (10 ml) waren nicht für den kommerziellen Vertrieb gedacht. Sie waren eine freundliche Gabe des Hauses Guerlain und wurden der kaufkräftigen Klientel überreicht, so auch in Deutschland.
Aktuell werden in Paris (recht schmucklose) Zerstäuber als Zugabe beim Kauf eines Bienenflakons überreicht oder aber man erhält sie über ein Treu-Programm des Hauses.
- Auch sie gibt es nun nicht mehr: die Extrait -Tester an den Guerlain Countern.