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vor 4 Jahren - 30.05.2020
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Von der Enttäuschung, in einer Nischenparfümerie mehr zu wissen als die Verkäuferin

Mir geht es heute um eine sehr, sehr elegante, wunderschöne, gehobene Nischenparfümerie, eine der ältesten in Deutschland und Mitglied in diesem Nischenparfumerieverband mit der Zeitschrift (der Name fällt mir gerade nicht ein). Ich liebe diesen Laden - trotzdem kann ich mir das Einkaufen dort natürlich nicht immer leisten; ein Gutschein von Parfumdreams oder Flaconi macht es doch einfacher, sich hin und wieder einen Wunsch zu erfüllen.

Andererseits ist der Besuch einer Nischenparfümerie auch eine fantastische Gelegenheit, um alle möglichen Düfte der Merkliste kennenzulernen, die Duftkärtchen mitzunehmen und die Wunschliste auf diese Weise auch einmal merklich zu verkleinern. Wie schnell stelle ich oft fest, dass ich für diesen oder jenen Duft noch preiswerter davon komme, wenn ich ihn gar nicht kaufe - anstatt stets nach einem Gutschein-Code zu schielen.

Außerdem ist der Besuch einer Nischenparfümerie ein kleines Stück Luxus im Alltag, ein Mini-Retreat, ein Raus-aus-dem-Grau und Abtauchen in eine glitzernde, schillernde, duftende Welt. Wie oft denke ich: Musste ich unbedingt studieren? Konnte ich nicht einfach Maître des Parfums werden?

Die Nischenparfümerie in meiner Stadt führt nur exquisiteste Marken. Manche allerdings auch nicht. Das macht nichts. Muss nicht sein. Die Stadt, in der ich arbeite, ist nicht riesig - man braucht für all diese teuren Parfums auch ein Publikum. Beispielsweise hat diese Parfümerie einen ganzen Raum nur für Joe Malone - und man bekommt einen Gutschein für eine Joe-Malone-Handmassage, wenn man ein Malone-Produkt erwirbt. Es gibt das gesamte Sorcinelli-Sortiment. Lubin. Kurkdijan. Guerlain. Profumum Roma. Frédéric Malle. Den ganzen Tom Ford. Goutal. Olfactory Studios. Keiko Mecheri. Chanel. Prada. A Lab on fire. Und noch Dutzende anderer Marken, im Grunde einfach alles.

Vor einiger Zeit wollte ich einen Duft von Stéphane Humbert Lucas testen. Ich wollte "Panthéa" und "Panthéa Iris" vergleichen. Diese Marke hat die Parfümerie nicht. Nicht schlimm, wie gesagt. Dass aber die Angestellten die Marke nicht KENNEN und noch dazu davon ausgehen, dass sie dann auch nicht bedeutend sein kann - das fand ich schon ziemlich erschütternd. Von einem Angestellten in einer so luxuriösen Parfümerie erwarte ich einfach, dass er seine Arbeit, seinen Beruf mit mindestens soviel Interesse macht, wie ich mich als Laie mit Parfum beschäftige, und im Laufe seiner Berufsjahre wenigstens annähernd so viel Fachwissen angesammelt hat wie ich nach einem halben Jahr Parfumo.

Erwarte ich da zuviel? Vielleicht...

Heute war ich nach sehr langer Zeit wieder einmal in der Stadt. Es ging um "Loukhoum", das ich nirgends mehr im Internet finden kann. "Loukhoum" gehört neben "Dolce Acqua" und "Lost Cherry" und "Khaltat Night (Eau de Parfum)" und "Rahät loukoum" zu den Marzipan-Schuhcreme-Möbelpolitur-Düften, die ich wirklich sehr, sehr liebe. "Dolce Acqua" geht ja eher in Richtung Buttervanille als Mandel, während "Lost Cherry" und "Khaltat Night (Eau de Parfum)" natürlich die Kirsche in den Fokus rücken. Aber alle diese Düfte vereint diese interessante Note nach schuhcremeartigem Marzipan. Ich würde mich übrigens freuen, wenn der ein oder andere Kenner mir in einer Antwort verrät, welcher Duftstoff das eigentlich ist, wie er heißt.

"Loukhoum" liegt mir sehr am Herzen, im Grunde mag ich es so sehr, dass ich sehr traurig war, es außer auf der amerikanischen Originalseite von Mecheri nirgends mehr zu bekommen. Ich wusste aber: Meine Nischenparfümerie hat das. Also auf in die City.

Doch nach einigem Stöbern in den ersten Räumen hinter dem Eingang stellte ich dann fest: Da steht im Mecheri-Regal nur noch der Tester. Da ist keine einzige Packung mehr. Ein Gespräch mit einer Verkäuferin ergab schnell völlige Unklarheit ihrerseits, wie ihre Fragen an mich widerspiegelten: Gibt es das nicht mehr? Sind Sie sicher? Woher wissen Sie das denn?

Sie rief ihre Chefin, die mir die gleichen Fragen stellte. Die Chefin setzte dann zu einem Schritt an, der mich irgendwie schockierte und enttäuschte: Sie bot mir einen Alternativduft an, den sie sehr ähnlich finde: "Teint de Neige (Eau de Parfum)". "Teint de Neige (Eau de Parfum)"! Ähnlich zu "Loukhoum"! Zu "Loukhoum"! Mein Einwand, "Teint de Neige" sei VIELLEICHT ein wenig pudriger als "Loukhoum", führte dann dazu, dass sie im Internet recherchierte, was nun eigentlich mit "Loukhoum" sei.

Ich weiß nicht, ob Ihr mich versteht. Ich war irgendwie sehr enttäuscht. Inhaber oder Angestellter in einer Nischenparfümerie zu sein, bedeutet für mich, voll Freude und Engagement in ein Metier abzutauchen, das wir alle hier stundenlang pro Woche als Hobby betreiben. Es bedeutet auch, wirklich teure Luxusartikel an den Mann oder die Frau bringen zu wollen. Muss ich mich da nicht ein kleines Bisschen besser auskennen? Muss ich nicht mehr Wissen präsentieren können, um auch Parfumo-Mitglieder glücklich machen zu können? Wird es wirklich der Bedeutung der Parfums gerecht, wenn man nicht so viel als möglich über sie weiß?

Ich liebe meine Nischenparfümerie natürlich immer noch und werde immer wieder dort kaufen. Aber ein bisschen Lack ist eben ab. Ich stelle mir vor, ich würde selbst dort arbeiten: Welch ein Vergnügen wäre das! Tue ich aber nicht und werde ich auch nie. Ich mache meinen Job so gerne. Aber umso schöner fände ich es, wenn ich, was mein Hobby betrifft, in einer Parfümerie solchen Niveaus ein echtes Gegenüber für all meine Fragen fände. Und meinen Horizont ständig erweitern könnte - durch Wissen, nicht allein nur durch Schnuppern. Das hat mir heute wirklich gefehlt.

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