Taurus
Taurus’ Blog
vor 8 Jahren - 13.03.2016
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Roberto Geizini – von nix kommt nix

Nanu!? Ein weiterer Blogeintrag von mir innerhalb eines Quartals?

Hätte ich mir/uns auch erspart ... wenn halt nur diese seltsame Duft-Premiere von Roberto Geissini nicht gewesen wäre, zu der ich dank Parfumo zwei Einladungskarten bekommen hatte. Eine davon gab ich im guten Gewissen einem weiblichen Parfumo.

Falls jemand noch nicht eingeweiht ist: Roberto Geissini ist das pseudoitalienisierte Label von „Rooobääärt“ und Carmen Geiss aus der RTL-Trash-Doku Serie „Die Geissens – eine schrecklich glamouröse Familie“. Hier wird das Ehepaar samt Anhang beim peinlichen Protz-Exhibitionismus gezeigt. Carmen, die aufgedonnerte Gattin, glänzt dabei nicht immer mit Grips. Zumindest ihre Allgemeinbildung scheint irgendwie zwischen einigen Botox-Spritzen abhanden gekommen zu sein. Ist aber nicht schlimm, dass macht sie zumindest mit ihrem eigenartigen Charme wieder wett. Zu ihrem Glück hat sie ihren Göttergatten „Rooobääärt“, wie sie ihn immer mit rauer Reibeisenstimme ruft oder maßregelt. Jener ist Selfmade-Multimillionär und zeigt gern mit viel Selbstüberzeugung sowie nicht gerade seltenen selbstgefälligen Sprüchen, dass er zwar jede Menge Geld hat und dieses scheinbar gern ausgibt, dafür ist er allerdings nicht gerade mit Geschmack gesegnet. Gut, dass ist zwar immer im Auge des Betrachters, aber allein das Totenkopf-Logo des Labels mit Sonnenbrille spricht Bände. Ed Hardy und Heino 2.0 lassen grüßen!




Am Donnerstag, dem 10.03.2016 war es soweit: die Geissens präsentierten mit ordentlich Getöse ihre neuen Parfums Roberto Geissini Feminine und Masculine. Bisher drang weder das Aussehen der Flakons, noch deren Ingredienzien geschweige denn der Duft an sich in die Öffentlichkeit. Premiere-Ort war die Rheinterrasse in Köln – passenderweise direkt gegenüber von RTL, die das Ganze TV-gerecht dokumentierten. Draußen warten ein paar aufgemotzte Luxuskarossen aus dem Geissen-Fuhrpark (Ferrari, Hummer, Lamborghini) sowie ein roter Teppich – ein schmaler Hauch von Glamour liegt in der Luft. Drinnen warteten die Fans, bestehend aus scheinbar aufgepimpten Hausfrauen und Hauptschülerinnen, die Herren sind hier deutlich in der Unterzahl, auf ihre beiden Helden.

Statt wie angekündigt 19:30 Uhr waren Robert und Carmen sogar etwas früher auf der großen Bühne. Star-Allüren in punkto Pünktlichkeit haben sie zumindest nicht. Auf ihrem großen schwarzen Sofa der Roberto Geissini Home & Living Collection wurden sie von einer Moderatorin interviewt und erzählten über ihren letzten Karibik-Urlaub sowie der Inspiration daher zu den beiden Düfte, welche in einer großen Schatztruhe wenige Augenblicke später von einigen muskulösen Männern mit nacktem Sixpack-Oberkörper ins Rampenlicht getragen wurden. Zwar hätte ich lieber barbusige Top-Models beim Schleppen gesehen, aber ich bin ja anscheinend in der Minderheit und nicht die Zielgruppe.




Zudem wurde noch der Werbespot zu den Düften gezeigt, bei denen das Pärchen auf einer Luxusyacht zum Thema Erfolg schwadroniert, den man jetzt ja riechen kann. „So riecht Erfolg“ folgt dann als Statement zu den beiden Parfums. Hätte auch glatt eine Switch-Reloaded Parodie sein können. Überhaupt weiß man nie so recht, wie augenzwinkernd oder ernst gemeint der Auftritt der beiden interpretiert werden kann. Zumindest glaubt das Paar, das die Parfums megageil duften würden. Später konnte ich dann lesen, dass dafür zwei Top-Parfumeure der Weltklasse mitgeholfen haben. Dabei sind Adilson Rato und Thierry Bessard auf Parfumo mit sehr überschaubaren Arbeiten für O Boticário und Avon gelistet.



Laut dem stolzen Rooobääärt soll der Masculine das Thema Frische und Meeresbrise aufgreifen. Da denke ich zwar mehr an Lufterfrischer für das Stille Örtchen, aber anhand der gezeigten Flakonbilder auf riesigen Transparenten war ich ohnehin bedient. Genau das verstehe ich unter „Netzhautpeitsche“! Skulls mit Sonnenbrillen und Flügeln auf rot-blauem Verlauf sowie Frakturschrift sind weder chic noch originell, sondern einfach nur hochnotpeinlich.

Flügel hatten auch die Jungs und Mädels, die die Düfte innerhalb des Publikums versprühten. Schon nach wenigen Sekunden auf meinem Arm wurde mir klar, dass dies der elfundneunzigste Aufguss zum Thema „süß und synthetisch mit Drogeriecharakter“* ist. Allerdings zum Preis von Designerdüften, zu denen sich Rooobääärt Geiss ebenfalls mit seinen Philipp Plein + Ed Hardy + weiß der Kuckuck Imitaten zu zählen glaubt. 70 € sollen für 100 ml angeblich in Inhabergeführten Parfümerien aufgerufen werden – exklusiv an diesem Abend hier für 60 €. Na, wenn das kein Schnapper ist?!? Und dabei stand noch auf der Eintrittskarte, dass maximal nur vier Flakons pro Person abgegeben werden. In einem kurzen leichtsinnigen Moment der Vorfreude glaubte ich noch vor der Premiere, dass man jene als Geschenk erhalten würde und man deshalb eine Limitierung vorsah. Doch geschenkt gab es an diesem Abend ohnehin nichts!!! Weder waren die Getränke frei, noch gab es Gratis-Häppchen oder gar Goodie-Bags. Man wird es kaum glauben: nicht einmal Pröbchen zum Mitnehmen gab es.

Okay, dafür war das Highlight eine große Verlosung, bei der handsignierte Flakons + einige Roberto Geissini Devotionalien aus der Home & Living Collection unter die Fans gebracht wurden. Die Nummern der Eintrittskarten zogen Rooobääärt und Carmen persönlich und die Gewinner wurden auf die Bühne gebeten.

Glaubt mir: ich war heilfroh, dass meine Ziffern nicht aufgerufen wurde und dieser Krug vollends an mir vorüber ging.

Eigentlich wollte ich für ein Parfumo-Mitglied noch eine Autogramm-Karte mit persönlicher Widmung organisieren. Hätte vielleicht fast auch geklappt, doch Carmen und Rooobääärt wechselten nach einem kurzem Intermezzo im Roberto Geissini Bett wieder die Bühnenseite und schwupp machte sich ein Pulk von Fans für die Autogrammstunde hinterher. Schließlich gab es zumindest hier etwas gratis.

Resigniert machte ich mich mit meiner Begleitung wieder davon. Die Verkaufsstände sahen noch von der Bestandsmenge genauso voll aus, wie zum Beginn der Veranstaltung. Überhastete Notkäufe oder Prügeleien um die letzten Kartons musste niemand fürchten.

Dennoch gingen mir zwei Gedanken durch den Kopf: zum einen habe ich mich gefragt, ob die Geissens nun clever und geschäftstüchtig oder einfach nur abgezockt und geizig sind. Bei dem, was die angeblich auf dem Konto haben, hätten die ganz generös mit Dior- oder Guerlain-Premieren mithalten und einen springen lassen können – auch wenn ihr Masculine und Feminine zwar nicht olfaktorisch, aber fast preislich deren Niveau anpeilen. Rooobääärt macht wohl gern einen auf dicke aber nicht auf Spendierhose.

Zum anderen war mir unwohl, dass ich eventuell beim Gewinnspiel einem anderen Parfumo die Chance genommen hatte, diesem speziellen Event zu beizuwohnen. Ein beinharter Geissens-Fan wäre hier tatsächlich exzellent aufgehoben gewesen. Dass ich meiner Begleitung damit kostbare Lebenszeit geraubt hatte, tut mir ebenfalls leid.

Vielleicht können zumindest die geschilderten Wahrnehmungen als Warnung gesehen werden. Und eventuell dienen die einen oder anderen Bilder von mir als kleiner Trost. Dafür habe ich mich geopfert – denn von nix kommt nix ;-)



* einen ausführlichen Kommentar von mir zum Duft findet man entsprechend unter Roberto Geissini Masculine.



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Aktueller Nachtrag vom 17.03.2016:

Die Preise fallen jetzt schon. Heute bei der Parfümerie-Kette Becker im Schaufenster für 49,95 € pro 100 ml gesehen :D

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