Chizza
Gedankenspiele
vor 3 Jahren - 06.02.2021
21 25

Leder III

Nach einigen Monaten möchte ich euch wieder lederne Highlights vorstellen respektive die Düfte, welche zumindest interessant sind. Das müssen keine Highlights sein, das können auch Lowlights sein. Herzlich willkommen also zu meinem dritten Lederblog den ich wie gewohnt unterteilen werde in quasi lederne Kategorien, wobei ich hier etwas abweichen werde und zwei spezielle Kategorien einführe, die erste direkt zu Beginn und zwar Leder mit nicht dem besten Preis-Leistungsverhältnis.

Grundsätzlich habe ich kein Problem mit preislich heftigen Veröffentlichungen. So ist das nun einmal und wer kaufen möchte, soll das tun. Sicher kann man nicht erwarten, dass oben angesiedelte Düfte die olfaktorische Offenbarung darstellen. Völlig in Ordnung. Aber qualitativ sollten sie doch weiter oben anzutreffen sein sowie entweder sehr kreativ sein oder aber als Referenz dienend. In Sachen Leder ist das beispielsweise Tuscan Leather. Jeder kennt es, man liebt es oder nicht, aber jeder weiß: Himbeere, Safran, Leder, alles klar.

Nun existieren gleich zwei Düfte, deren Preisgestaltung mich gelinde gesagt überrascht und welche nur deshalb hier Erwähnung finden. Besonders herausragend sind beide nicht, subjektiv gesehen. London von Widian ist sehr harmlos. Manche vergleichen es mit einer runderen Alternative zu Tuscan Leather. Mich selber erinnert es an Ombre Leather und zwar aufgrund der klaren Süße im Duft. Kein rassiger Safran, eher Harmonie. Das wirkt auch nicht runder, gleich wohl aber beliebiger. Ein Lederduft, der nicht auffällt und harmlos ist. Hat man häufig riechen dürfen, es gibt genügend andere die genau so duften. Noch schamloser ist eigentlich nur Leather Up von Phuong Dang. Ein sehr generisches, langweiliges Leder, was nicht heraussticht, nicht mal die fruchtigen Akzente sitzen. Das ist schon haarsträubend (wenn ich denn welche hätte). Leather Forever fällt hier auch herein.


Jetzt sind wir schon einmal bei Ombre Leather und Konsorten, da ist der Weg zu Oakmoss von Morris Motley nicht weit. Zunächst ist auch das für mich kein Tuscan Leather denn Oakmoss geht die rassige Note ab. Oftmals scheinen nur die Kopfnoten verglichen zu werden. Ombre Leather passt besser, wobei ich persönlich ein „leider“ hinterher schieben würde. Ansichtssache aber die süßliche Ledernote wirkt etwas künstlich und stört dann. Günstige Alternative was ausschließlich den Beginn angeht: Classic Leather von Oudh al Anfar. Danach arbeitet Oakmoss mit dem Eichenmoos, mir selbst ist das zu schwach aber sicher einen Test wert.

Da fehlt dann nur noch Tuscan Leather Intense und dieser verfehlt seinen Namen. Intense scheint nicht für Wildheit der Noten und eine höhere Intensität zu stehen sondern für Betonung einzelner Noten durch Verknappung/Reduktion. Manchmal wird es nicht besser wenn man optimiert sondern glatt und damit relativ charakterlos.

Da ich nicht weiß, wo ich ihn sonst unterbekomme, Baladin von Parfums de Nicolai ist spannend, da das Leder sich hier mit der Birke, nicht dem Teer verbandelt. Unterlegt ist das mit einer Art zitrischen Würze, ganz interessant und nicht alltäglich.

Zwei ledrige Eau de Colognes, quasi braune Colognes sind mir untergekommen, zum einen Russische Eau de Cologne von Lehmann, zum anderen Russisch Leder von Farina. Die Lehmann-Kreation stellt eine Art Russisch Juchten-Light dar, besitzt leider eine sehr schwache Haltbarkeit und Intensität. Vielleicht ist das empfehlenswert für diejenigen, welche Russisch Juchten als zu stark empfanden.

Russisch Leder von Farina ist ebenfalls sehr schwach auf der Brust, besitzt dazu zitrisch-cremige Anleihen wie in Cuiron von Helmut Lang enthalten. Da geht das Leder eigentlich schon unter, was den Farina angeht.

Kommen wir mal zu den Grünen, verlebten Ledern: hier nenne ich zuerst Desperado von MGO welcher dem Gros der Tester hier zusagt. Mir selbst ist er zu wenig herausragend; verlebtes Sattelleder, Staub, geschärfte Zypresse. Klingt erst mal gut, überzeugt auch viele, typischer MGO-Kern.

Chetyre von Parfum Prissana (Prin folgt später erneut, seht es mir nach, ich habe mich hier bald durchgetestet) besitzt eine intensive grüne Schärfe, welche das Leder erst überdeckt und dann beißend wirken lässt. Woran liegt das? Zum einen an den zahlreichen Baumingredienzen, zum anderen am speziellen würzigen Geruch der Narde. Es geht bitter-grün zu, Ich denke an Efeu, Lorbeer, Petersilie.

Jetzt noch ein Klassiker: Yatagan von Caron. Für mich beginnt Yatagan mit würzigen und durch Kiefernnadeln animalisches Grün bevor er dann ganz im Stile der 70er/80er zu kernigem Leder wechselt. Das wird dann sogar gefällig, nur den Auftakt muss man aushalten können.

Apropos intensiv: Suede (2020) von Rook ist intensiv und zwar sehr tabaklastig. Dessen Herbheit vereint sich hier mit dunkelrauchigem Veloursleder. Für Fans toll, für alle anderen extrem monothematisch. Grundsätzlich aber eine exzellente Interpretation des Velours-Themas.

Wo wir da schon bei intensiven Düften sind, möchte ich ein absolutes Highlight vorstellen und zwar 8.5 von Matthew Camp. Leder, Holz, Alkohol. Saloon-Feeling für das hier und jetzt, toll umgesetzt, sehr intensiv duftend und das betrifft alle Noten. Abwechselnd drängen sich die drei Ingredienzen nach vorne, changieren in der Gewichtung, genial gemacht. Leider nur in den USA zu beziehen.

Was war sonst? Cuir Cavalier von MDCI fiel durch aber wenn man Rose und Zitrik auf sanftem Leder mag, welches etwas klassisch anmutet, dann nur zu. Dennoch, die Rose wirkt nicht gut konstruiert, die lederne Seifigkeit ebenso wenig.

Land of Warriors war noch; manchmal frage ich mich, ob Duchaufour Leder kann. Das hier ist sehr pudriges Leder, irgendwo noch holzig und durchaus bemerkenswert da nicht alltäglich. Also klar, kann er sicher, ist aber etwas feminin.

Jetzt sind wir am Ende und ich stelle zwei weitere, leider eingestellte Düfte von Prin vor: zunächst einmal Nimitr. Eine komplexe Komposition aus zahlreichen Noten mit einem facettenreichen Verlauf. Altehrwürdig duftet er, das Leder ist würzig und nimmt sich etwas zurück um wie eine Hommage an vergangene Zeitalter in Sachen Parfum zu wirken. Ganz toll.

Noch besser gefällt mir Le Cirque Bleu, den ich in meinem Kommentar als Leder-Fougere umschrieben habe. Er startet mit feinsinniger Zitrik, geht sinnvoll über in eine herbe Zypresse woran sich das Leder anschließt. Richtig stark austariert, wirkt auf mich wie Royal Vintage nur in deutlich besser. Und ich mag den Royal Vintage gerne.

Schon sind wir am Ende, ich hoffe, der ein oder andere hat Anregungen gefunden und weiter geht es mit dem nächsten Teil zum Thema Wald. Für Anregungen bin ich natürlich dankbar denn so langsam sind viele Lederdüfte bekannt. Die Boadicea-Lederkreationen fehlen übrigens deshalb komplett, weil ich noch keinen gefunden habe, der erwähnenswert ist. Viel extremes aber wenig herausragendes Material, wie ich persönlich meine.

Zum Schluss: hier geht es zu Leder Teil Eins, hier zu Teil Zwei.

21 Antworten

Weitere Artikel von Chizza