Leder Teil II
Nachdem ich vor einiger Zeit meinen ersten Blog über die Duftrichtung Leder schrieb und dabei beispielhaft Düfte nannte, welche einen verschiedenen Typus an Ledergeschmäckern verkörpern, möchte ich dies geringfügig abwandeln und schlicht spannende Lederdüfte, die nicht jeder kennt, vorstellen und das einigermaßen nach Artverwandtschaft sortieren. Daher führe ich auch Düfte von damals auf, die ich persönlich sehr gelungen finde. Dabei lasse ich allerdings die Tom Fords, Acqua di Parmas dieser Welt aus, denn die Lederdüfte dieser Häuser sind dem Gros wohl bekannt. Dass hier Creed oder Dior auftauchen, liegt daran, dass ich in solchen Fällen Lederdüfte nehme, die nicht im Fokus stehen. Beispielsweise hat mein Dior-Exempel 69 Bewertungen auf Parfumo, Stand 29.11.2020. Es ist damit nicht Leather Oud, soviel sei vorab verraten. Die meisten habe ich ausführlich besprochen und gebe daher - um keine Längen zu erzeugen - hier komprimierte Beschreibungen ab.
Fangen wir mit einem absolut kostengünstigen Einsteiger an, den ich ab und an auflege und zwar Leather Oudh von Orientica. 30ml für 10 Euro, geht in die Richtung von Tuscan Leather und Konsorten, ist dabei aber gefällig, unkompliziert und eine Alternative für den, der obigen Duft mag aber dem das Geld dafür zu schade ist.
Bevor ich nun zu noch erhältlichen Düften komme, möchte ich auch fünf erwähnen, die nicht mehr produziert werden, dabei von Cheapie über Designer bis hin zu Nische gehen. Nicht linear allerdings.
Eröffnen möchte ich mit besagtem Dior-Duft, nämlich dem Flanker Eau Sauvage Fraicheur Cuir, welcher sehr gekonnt hesperidische Noten mit Leder verwoben hat, was oft genug scheitert. Mich erinnert er hier an Eau de Memo, dem dasselbe gelingt, allerdings mit längerer Haltbarkeit. Dafür empfinde ich die Dior-Kreation als olfaktorisch besser.
Ebenfalls nicht mehr produziert werden die Düfte des Modedesigners Pal Zileri, welcher 2012 Cuoio veröffentlichte. Rein von den Ingredienzen nahe an bekannten Releases, führt der Wilde Geruch des Hirschleders zu einem ganz anderen Ergebnis, nämlich zu intensiv-derberen Noten.
Charriol ist ein weiterer Designer, hier von Uhren und Schmuck, und veröffentlichte - ebenfalls 2012 - Royal Leather, welcher durch sein ungewöhnliches gutes Safran-Arrangement besticht. Vielen ist diese Note bei vergleichbaren Düfte zu intensiv, hier wurde diese verträglicher in Szene gesetzt.
Ein damals preiswerter Tipp war Black Label Leather von Monotheme, etwas grob im Handwerk gefertigt, dennoch sehr schön und eher in Richtung Godolphin von Parfums de Marly gehend als eine Kopie anderer Düfte.
Weiter: Der in meinen Augen beste Vertreter der alten Lederduftgarde erinnert mich an Knize Ten, aber deutlich filigraner komponiert. Ich spreche von Royal English Leather, längst eingestellt von Creed. Edel, dank den vollmundig-harzigen Noten wirklich wunderbar konstruiert.
Die noch erhältlichen Düfte sortiere ich nach ihren Olfaktorischen Eindrücken neben dem Leder. Zwei Werkstattdüfte sind für mich Midnight Stag von Chiseled Face und Cuir Andalou von Rania J. Beide wirken wie in Öl getränktes Leder, der Cuir Andalou wird geschmeidiger, bleibt sehr intensiv und dicht. Midnight Stag wirkt nach einiger Zeit so wie der Geruch einer Werkstatt wo gerade wenig los ist, entsprechend riecht es trockener, dadurch für viele wohl auch weniger gefällig, da das Leder Tendenzen hin zu Teernoten aufzeigt.
In eine oberflächlich ähnliche Richtung geht The Cobra & the Canary von Imaginary Authors, ist dabei frei von Öl und Feuchtigkeit sondern stattdessen staubtrocken. Dieses Parfum erinnert mitnichten an Leder mit Teer sondern dank der Immortelle viel mehr an eine Wüsten-Einöde, einen verlassenen Highway und den Tramper in staubiger Lederjacke.
Für fellige Lederdüfte ist Frau Bianchi sicher eine gute Adresse, mein Favorit ist aber Doraphilia von Miguel Matos. Der Name ist Programm, wobei Doraphilia nicht nur etwas für Fellfetischisten ist. Vielmehr riecht es nach intensivem, noch warmem Leder, mit der Zeit wird es behaglich (in Relation betrachtet) und für meine Begriffe umschmeichelnd. Da ich solches Leder selten schätze, Bin ich begeistert.
Kommen wir zu einem weiteren Exoten in Sachen Lederparfum, da ich sehr selten Inhaltsstoffe wie Zitrone - ich erwähnte es oben - in Kombination mag. Cuiron von Helmut Lang arbeitet mit der Mandarine, dank der Kassie wird es zitrisch-cremig. Irgendwie sehr speziell da diese Note das Leder dominiert ohne es zu eliminieren.
Kommen wir zu würzigen Lederdüften, hier ist für mich Anubis von Papillon Artisan Perfumes unangefochten. Wobei, es ist eher eine trockene Würze, Immortelle ist auch hier enthalten, die dem Duft wohl zu seinem Namen verhalf. Insgesamt ein sehr starkes Erzeugnis. Für mich geht auch Library Visit von MGO in diese Richtung wenngleich ohne Würze und dadurch wirklich eine Aura gleich eines alten, brüchigen Necronomicons im Ledereinband erzeugend. Sehr famos, mir selbst fehlt allerdings etwas.
In diese Richtung tendiert auch Cuir von Maison Mona di Orio, für mich das beste Wacholder-Leder auf dem Markt. Ungewöhnlich scharf-würzig, weitaus authentischer und direkter als beispielsweise Irish Leather, der ähnlich arbeitet.
Iron Duke von Beaufort ist für mich eine Art Chimäre, da er weich-ledrig wirkt, dabei aber auch ausreichend Würze besitzt um für mich als facettenreicher und unkonventioneller Lederduft durchzugehen. Dennoch: für einen Beaufort außerordentlich tragbar. Mir gefällt die Marke ja aufgrund ihrer historischen Bezüge. Vielleicht roch man als Ritter einst so; nach Leder (Pferd), nach Stahl und eben in gewisser Weise gegerbt und mit staubiger Patina überzogen.
Weitaus derber und extremer da deutlich krautig-animalischer ist Quality of Flesh von Homoelegans, ebenfalls durch den Wacholder scharf-aromatisch aber weitaus ungestümer und roher als Cuir von Maison Mona di Orio.
Fast sind wir am Ende angelangt, ich warte noch mit zwei ganz grob verwandten Düften aufgrund ihrer Verlebtheit auf, denn Cuir de Russie nimmt mich geistig mit auf eine Reise, auf einen Trail den so mancher Zeitzeuge mit wettergegerbten Lederhosen und mit dem Duft der Wildnis ging; hieran muss ich denken. Derbe, verwegen und machtvoll.
Tauers Lonestar mag mit denselben Impressionen spielen, ist auf seine Weise auch nicht zwingend filigran zu nennen, baut aber doch eine feinere Geschichte auf als Cuir de Russie. Klar, es riecht nach nicht nagelneuem Leder dennoch sehr hochwertig und fein holzig-würzig untermalt. Für mich seine beste Kreation.
Nun möchte ich euch nur noch zwei Parfums vorstellen; einer, weil er auf seine Weise speziell ist, ein anderer, weil es mein liebster Lederduft ist, bei dem nicht nur ich an italienische Gassen denken muss.
Rhinoceros in der 14er-Fassung ist für mich ein sehr gelungener Lederduft, denn er ist außergewöhnlich. Es riecht nach Kamille, nach Jod, nach derbem Leder, wirklich klasse! Er ist staubig, er ist herb und einer meiner Zoologist-Favoriten! Leider findet meine Frau ihn an mir feminin. So kann das gehen!
Kommen wir zu meinem Liebsten Lederduft, der zunächst viele an Tuscan Leather erinnern mag und zunächst in diese Richtung geht, es ist die klassische Safran-Himbeer-Melange. Doch der Oro 1920 kann mehr und das beweist er im weiteren Verlauf. Da wird es drückend harzig, das Harz rinnt quasi noch die Rinde hinab und wird dabei rauchig unterlegt. Weihrauch, kein sakraler, ist dafür verantwortlich. Übrigens: Safran ist gar nicht enthalten. Dass das Leder diese Balance zwischen harzig, ledrig und einer austarierten herben Intensität bewahrt, da hilft sicher auch beispielsweise die Vanille welche hier gut verbaut worden ist.
Das soll es gewesen sein; ich hoffe, ich konnte dem ein oder anderen Lederdüfte etwas näher bringen und einmal Düfte abseits der olfaktorisch ausgetretenen, ledernen Pfade aufzeigen. Es gibt eben unzählige Variationen und die hier sind lediglich meine Favoriten. Leder wie Cuir Garamante o.ä. Sind auch toll aber nicht meins, daher fehlen diese hier.
Also: ledrige Grüße und bis zum nächsten Mal! Hier geht es übrigens zum ersten Teil.