Das Unterbewusstsein und unschöne Duftbilder
Manchmal tut es mir richtig leid, wenn ich so einen großen Duft vor mir habe und meine persönlichen Assoziationen dazu sind einfach nur unschön. Kennt ihr das auch? Ich meine jetzt weniger solche, die mit einem Träger zusammenhängen, der einem nicht unbedingt immer sympathisch war. Nein, ich rede von ähnlichen Gerüchen, Geruchsmixturen aus der Vergangenheit, denen man im Laufe des Lebens vollkommen automatisch einen angenehmen oder unangenehmen Stempel aufgedrückt hat. Unbewusst meistens, ohne, dass man das wirklich will.
Beim Schnuppern von Arpège (1993) Eau de Parfum , einem echten Klassiker, schlug diese Prägung mal wieder voll zu. Ich hätte diesem Blütenwummser der alten Schule so gerne eine Chance gegeben, da das mal einer ist, der mir nicht gleich die Eichenmooskeule entgegenstreckt und beabsichtigt, mich unmittelbar damit niederzuknüppeln. Das ist ein Duft, der eigentlich sehr schön beginnt. Erst seifig, etwas zitrisch und dann in ein Blütenmeer übergeht. Sehr wuchtig, dabei aber auch elegant, fein, stilsicher. So weit, so gut. Doch mit dem Einsetzen der Basisnote setzen die Bilder ein, die den Duft für mich unmittelbar in eine unschöne Ecke bugsieren. Patchouli, sehr erdiges Patchouli und Sandelholz vermischen sich mit dem seifigen Blütenpotpourri. Polly steht unmittelbar in der Schultoilette. In der Toilette? Oh ja!
Ich ging auf eines der ältesten Gymnasien unseres Landkreises. Damals vielleicht die renommierteste Schule in unserer Region. Das Gebäude ist bis heute nicht renoviert und immer wieder sind die Tageszeitungen voll von Spekulationen, ob das ehemals ehrwürdige Gymnasium denn nun abgerissen werden soll oder ob doch noch eine größere Renovierung kommt. Dieses Gebäude roch schon zu meiner Schulzeit entsprechend. Die Wände hatten ihr ganz einzigartiges Aroma. Nicht unbedingt immer schön zu riechen, aber das war nunmal unsere Schule. Überall Backsteine an den Wänden, darunter anscheinend so viel Asbest, dass es damals schon sämtliche Grenzwerte überschritten haben müsste. Auf jeder Etage gab es rechts und links am Ende der Gänge Waschräume. Designt in einem Stil, wie man ihn auch von Kasernen kennt. Oder von manchen Werkhallen in alten Firmengebäuden.
In regelmäßigen Abständen kamen die Reinigungskräfte. Bei uns Mädchen putzte eine etwas korpulentere Dame, die auf Körperhygiene nicht allzu viel Wert legte. Und das Reinigungsmittel, das vermutlich von der Gebäudereinigungsfirma gestellt wurde, war ähnlich parfümiert wie die blumige Herznote von Arpège. Vermischt mit dem Geruch des Gebäudes als solches und ihrem starken Körpergeruch wurde mir manchmal sogar etwas übel. Meinen Klassenkameradinnen ging es nicht so viel anders.
Und jetzt stehe ich 2022 im Badezimmer, schnuppere Arpège und alle diese Erinnerungen sind mit Wucht wieder da. Und diese sind schuld, weshalb ich immerzu an die füllige Reinigungskraft und ihren Putzeimer denken muss. Für Arpège tut mir das echt leid. Aber machen kann man da wohl leider nichts.
Eure Polly
Die sollen das Gebäude mal schön sanieren und schick machen, nachhaltig und so... dann kannst du deine Dufterinnerung umändern. 😄
So ist das mit dem Duftgedächtnis…
Sehr schön geschrieben und auf den Punkt gebracht.
Ich mag den ja, unsere Schule muss also anders gerochen haben. Ich erinnere mich da an Bohnerwachs .
Mein Lieblings Duft war bis vor 10 Jahren Hugo Boss Bottled. Der Zeitpunkt um diesen Zustand zu ändern, war als meine Frau mit unserem Sohn schwanger wurde und ihre Geruchswahrnehmung änderte und dieser Duft bei ihr Brechreiz und Kopfschmerzen auslöste. Einige Jahre später versuchte ich den von mir so stark vermissten Duft wieder zurück ins Haus zu bringen. Leider ein Fehlversuch da diese Symptome nicht nur meine Frau sondern auch unser Sohn davon bekommen und so musste dieser wunderbare Duft abermals weichen. Adieu meine große Duftliebe.
Verzichte aber liebend gern auf diesen Duft , da ich dafür was besseres dafür bekommen habe. (eine Kopfschmerzenfreie Frau und ein nicht erbrechendes Kind)
Aber dank euch durfte ich andere Düfte kennenlernen die mich genauso befriedigen oder glücklich machen.
ich kenne das so gut, oft positiv - z.B. der staubige modrige Geruch von Cuba, der räucherstäbchengeschwängerte Duft von Vietnam etc.
Allerdings auch negativ, z.B. Kombinationen aus Knoblauch, Bier, Zigaretten (so roch meine Wohnheimnachbarin, die ich sehr mochte, aber die Kombi war übel).
Wenn du möchtest höre dir mal Podcasts von Verena König an, sie hat etwas zu Geruch und Trauma dort erzählt.
LG, Larissa
Mir geht es mit Insolence von Guerlain so. Da steckt so eine Putzmittelnote drin, wie ich sie früher in den Dixiklos auf OpenAir Festivals gelegentlich antraf.
Ein Körper-Parfum könnte ich mir gerade noch so leisten.
Heute wollte ich die alte Liebe wieder erwecken, doch es war ein Desaster!
Mittlerweile weiß ich, dass alle "alten" Düfte auf meiner Haut zu Koboldpipi mutieren. Das gilt für Arpege, Schanell Nr.5, sogar mein geliebtes Ur-Opium von 1979 geht gar nicht mehr.
Irgendwas war früher in den Duftstoffen, was es heute nicht mehr gibt.....evtl. der echte Moschus oder echtes Ambra!
Also lass ich die Erinnerungen im Schatzkästchen und wende mich der Gegenwart zu.
Ich kann Roja nich ab, erinnert mich an den Park & Hausmeister meiner Super-Uni...;-).
Spass beiseite: Mein Beileid zur Spassverderbernote !
Und ich möchte so gern einen in meine Sammlung aufnehmen. Bisher hat es leider nicht gepasst.
Positiv Tabac Original
Negativ secretion Manifique
Aber leider gibt es Menschen, die ich nur deshalb nicht mag, weil sie Menschen ähnlich sind, mit denen ich negative Erfahrungen gemacht habe. Völlig bescheuert, aber ich kann nichts dagegen tun, selbst wenn ich mir Mühe gebe.
Aber zum Glück gibt's ja genug Düfte, die nicht negativ belastet sind 😁